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Heidenmauer

Heidenmauer

Titel: Heidenmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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für meine Mutter eine sehr schlimme Botschaft sein, denn ich muss Ihnen sagen, sie hat ihn sehr gemocht. Es waren ausgiebige Treffen hier, verstehen Sie … es war mehr eine Freundschaft zum Schluss …«
    Schielin nickte. »Mit dem, was Bamm über Ihr Gemälde schreiben wollte, waren Sie also einverstanden.«
    Thomas Borgghes lehnte sich wieder zurück. Er verschränkte die Arme. Distanz. »Ich gehe davon aus, Sie haben den Text gelesen.«
    Schielin nickte.
    »Sicher. Es ist nicht schön, dass mein Großonkel seine Schwester über den Tisch gezogen hat, noch dazu auf so schofelige Weise. Ein kleines, mieses Betrugsmanöver innerhalb der Familie und die daraus folgenden Streitigkeiten … Erbschaft, der ganze Kram. Das liest man vielleicht nicht gerne, aber es gibt der Geschichte doch so richtig Drall. Ich sage Ihnen – dieser Bamm hatte eine Begabung zu fragen, und meine Mutter hat ihm alles erzählt. Zudem ist es so, dass Publikationen grundsätzlich von unseren Anwälten gegengelesen werden, und Bamms Artikel war von unserer Seite bereits autorisiert worden. Wissen Sie, meine Mutter wartet schon sehnsüchtig auf dieses Buch. Sie ist fasziniert davon, einen Teil unserer Familiengeschichte in einem Buch wiederzufinden. Das hat große Bedeutung für sie.«
    Er atmete etwas gequält aus, in dem Gedanken daran, dass er eine schlechte Nachricht zu überbringen hatte.
    »Ist sie hier, Ihre Mutter?«, fragte Schielin.
    »Nein. Sie kommt am Wochenende erst wieder zurück. Sie ist seit gestern in Winterthur. Wir sind am letzten Samstag gemeinsam nach München zurück – aus geschäftlichen Gründen. Erst gestern sind wir wieder hierhergekommen, und sie ist noch für ein paar Tage in die Schweiz.«
    »Mhm.«
    Schielin gab mit einer Bewegung seiner Hände zu erkennen, dass er keine weiteren Fragen hatte. Zudem stand der nächste Termin an.

    Den hatte er in Hoyren und somit gar nicht weit von der Zweit- oder Drittvilla der Familie Borgghes entfernt. Telefonisch hatte Schielin bisher niemanden erreichen können, und so versuchte er sein Glück, indem er einfach einmal vorbeischaute. Der Name Heinrich Rubacher tauchte in Bamms Unterlagen in Zusammenhang mit einer Picasso-Lithografie auf. Über diese Lithografie hatte Bamm noch keine Zeile geschrieben, es existierte aber eine Fülle an Unterlagen und Notizen. Anhand einer Grafik, bestehend aus Vierecken, Kreisen und Dreiecken, jeweils versehen mit Namen, sowohl von Personen als auch Firmen, und durch Pfeile verbunden, hatte Bamm versucht, den Weg des Kunstwerks deutlich zu machen. Rechts am Blattrand hatte er sogar eine Zeitachse skizziert.
    Langsam fuhr Schielin den Heidenweg entlang und hielt schließlich vor einer mannshohen, sehr gepflegten Ligusterhecke. Dahinter war der nach Westen weisende Giebel eines stattlichen Hauses zu erkennen. Der Eingang befand sich auf der von der Straße abgewandten Seite. Wohnlage und Gebäude waren zwar großzügig gestaltet, aber in einer Weise schlicht und nüchtern, dabei so ganz ohne eine Aura, wie sie Häuser hatten, in denen man Kunst vermuten würde, sodass Schielin sich über die Verbindung zu einer Picasso-Lithografie wunderte. Er war gespannt auf die Menschen, die er treffen würde.
    Das Metalltor stand offen, und so ging er zur Tür und klingelte. Hundegebell antwortete sofort. Es klang tief, unfreundlich und nach einem recht großen Maul. Das Gebell kam näher, und auf einmal öffnete sich die Tür. Ein Mann stand Schielin gegenüber, Mitte fünfzig, schlanke Gestalt, graue Flanellhosen, braun kariertes Hemd, Krawatte und dunkelbraunes Jackett. Die dunklen Haare sehr korrekt kurz gehalten, und das einzig aufmunternde, das dem Gesicht des Gegenübers entsprang, waren die kleinen Lichtreflexe, die der dünne Goldrand der Brille reflektierte. Schielin zwang sich nicht allzu lange auf die markante Narbe zu starren, die sich über die rechte Wange, vom Jochbein bis zum Kinn hin in unregelmäßigem Zickzacklinien erstreckte.
    Schielin kam gar nicht dazu, sich vorzustellen. Der Mann legte den Kopf ein wenig zur Seite und fragte mit unangenehm aufgeworfenen Lippen. »Was ist?« Der Hund, ein schwarzes, großes Vieh, hatte aufgehört zu bellen, knurrte aber bedrohlich und suchte, zwischen den Beinen seines Herrchens hindurch, einen Blick auf den Störenfried zu bekommen.
    Schielin antwortete nicht sofort. Das unfreundliche Was ist war so voll unverhohlener Aggressivität wie das Knurren der schwarzen Bestie. Schielin fixierte sein

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