Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
die für einen bestimmten Zweck eingestellt wurden, zum Beispiel Heidis Visagistin. In ihrer Stellenbeschreibung würde stehen, dass sie nicht nur dafür verantwortlich ist, Heidi vor Auftritten zu schminken, sondern für vieles andere. Aber diese Stellenbeschreibung gibt es nicht, denn das Geheimnis der Heidi Klum GmbH ist, dass es dort familiär zugeht. Man ist eine Familie, wird herzlich in die Familie aufgenommen, gilt etwas als Mensch und ist einfach nur ein Mensch. So wie auch Heidi vor allem Mensch ist, und erst in zweiter Linie ein Star.
Wegen Terminen muss man also Heidis Vater anrufen, und in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle endet der Weg auch dort. Günther Klum ist der Firewall seiner Tochter. Wenn die beiden Software wären, würde Heidi dann den funktionellen Teil dieser Software darstellen, wegen der man den Computer gekauft hat, und ihr Vater wäre dann das Betriebssystem. Es gibt hier keine Hierarchie wie beispielsweise beim Bild von Ross und Reiter, wo Heidi oben sitzen würde und angeben würde, wie die Sache laufen soll, und ihr Vater trägt sie dorthin, wo sie hin will. Andererseits: Wer sie in den letzten Jahren bei den öffentlichen Auftritten verfolgt hat, sieht immer die strahlende Heidi, die wie aus dem Ei gepellt vor die Menschen tritt, und etwas verkauft. Man kann sie selten in der Öffentlichkeit einfach nur so sehen. Privat ist sie blass, ungeschminkt und wirkt in Kleidern unansehnlich. Wenn ein Paparazzi glaubt, er kann dann Heidi fotografieren, täuscht sich. Sie ist nicht Heidi, wenn sie privat ist, sondern immer nur, wenn es darum geht, etwas zu verkaufen. Also auf dem Laufsteg, oder im Fernsehen oder bei Produktveranstaltungen. Dann ist sie schön und fröhlich und strahlt Dynamik aus, die drei Eigenschaften, die Sponsoren oder Produkthersteller dazu bewegt, sich an die Heidi Klum GmbH zu wenden, um sie als Galionsfigur zu gewinnen. Und ihr Vater steht dann im Schatten, jenseits der Kameras, eine Art Bodyguard oder Agent oder eben ein besorgter Vater, der sich bereit hält, seinem Kind aus der Patsche zu helfen, wenn es sich einmal verstolpert. Der Beobachter weiß aber nicht, ob nun Heidi der Kopf dieses Paars ist oder ihr Vater. Er kann nicht abschätzen, wer in diesem Gespann Ross und wer Reiter ist. Es ist eine familiäre Struktur, in der Günther Klum zwar nie über seine Gefühle zu seiner Tochter spricht, ihr aber mit Haut und Haaren zur Verfügung steht. Und in dieser familiären Struktur sagt Heidi, sie sei „verliebt“ in ihre Eltern. Es ist diese Art einer Beziehung, in der jemand bedingungslos liebt. Das ist Günther Klum. Und in der einer von Geburt an bedingungslos geliebt wird, sich dadurch entfalten kann, doch dabei immer etwas ratlos bleibt, warum das Licht, das auf ihn gefallen ist, nie verlöscht, sich nie abschwächt. Es wärmt und hilft Heidi, sich Tag für Tag und Jahr für Jahr in einer feindlichen Umgebung zu behaupten, die andere oft binnen weniger Wochen verschlungen, verdaut und wieder ausgespuckt hat. Das ist Heidi nicht passiert. Seit vielen Jahren telefoniert sie mehrmals am Tag mit ihrem Vater. Sie erzählt ihm alles, sie hört auf seinen Rat, und all das ist über Jahre so glücklich verlaufen, dass heute noch Verliebtheit in Heidi steckt, eine süße Empfindung, die sich immer wieder aus der bedingungslosen Liebe ihres Gegenübers nährt.
Von außen wird diese Beziehung mal so mal so beschrieben, immer aber mit einem spöttischen oder abwehrenden Unterton. Das hat damit zu tun, dass Günther Klum seine Tochter so stark abschirmt. Wenn sie einmal mit einem Journalisten spricht, dann vorzugsweise in seiner Gegenwart. Oder eben gar nicht. So geht zum Beispiel den Journalisten des Stern im Jahr 2009, als sie eine Titelgeschichte mit Heidi planen. Der Stern ist eines der wichtigsten Publikationen in Deutschland, ein Nachrichtenmagazin, das viel zitiert wird. Wer die Gelegenheit hat, eine große Fotostrecke im Stern zu bekommen und weiß, dass ein langer Artikel diesen begleiten wird, in dem ein biographischer Abriss erfolgen wird, und eine Wertung, eine Einschätzung des Phänomens Heidi Klum, die deshalb, weil der Stern von anderen Medien viel zitiert wird, auf Jahre hinaus über das Prestige und dadurch auch den Marktwert der Marke Heidi Klum prägen wird, würde normalerweise freundlich mit den Journalisten des Stern sprechen. Er würde versuchen, diskret auf die Tendenz des zu erwartenden Artikel einzuwirken. Vielleicht würde er sogar daran
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