Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
denken, seine Beziehungen zu einflussreichen Personen zu mobilisieren, um dieses Ziel zu erreichen. Denn eine Titelgeschichte im Stern ist ganz was anderes als ein Titelblatt auf den 1000 Zeitschriften, auf denen Heidi schon zu sehen war. Denn dort ist sie nichts als ein Farbfleck, und wenn Informationen dazu angeführt werden, dann ist für die Leser schnell erkennbar, dass es lancierte Informationen sind, die meist einen Marketingzweck erfüllen. Wäre die Heidi Klum GmbH ein professionelles Unternehmen, dann wäre die Geschichte mit dem Stern etwas anders verlaufen. Nachdem es das nicht ist, schlittert Heidi mit diesem Artikel in die Katastrophe. „Die schönste Hexe der Welt“ lautet die Unterschrift unter der Karikatur einer Heidi, die im Lederkostüm einen Besen reitet und dabei maliziös grinst. Schlechte Nachrichten sind auch Nachrichten, sagen dazu hoffnungsvoll die Amerikaner. Doch dass der Stern 2009 eine Titelgeschichte schreibt, in der gezielt Heidis Prestige beschädigt wird, ist vor allem eines: Selbstverschuldet. Eine PR-Katastrophe. Und verantwortlich dafür ist vor allem einer. Der berühmteste Vater Deutschlands, der jeden Kontakt zu Heidi unterbunden hat und stattdessen gnädig die Journalisten in Bergisch-Gladbach vorsprechen lässt. Diese lassen sich dann auch nicht lumpen, bei der Beschreibung von Heidis Vater ein Feuerwerk der Ironie abzufackeln: „Klum ist eine mächtige Erscheinung“, heißt es in dem Artikel, „eine Mischung aus Weihnachtsmann und Schießbudenbesitzer. Er vermittelt rasch: mein Revier. Vollbart, Gel im Haar und Brille mit Goldbügeln und Goldsteg, die Gläser verdunkeln sich bei Sonnenschein. Er trägt Birkenstock-Latschen aus Heidis Kollektion, bedruckt mit dem Text von „Kiss from a Rose“, dem größten Erfolg seines singenden Schwiegersohns. Die Firma [Heidi Klum GmbH] leitet er, als wär's ein Klempnerladen oder eine Autowerkstatt. Ruppig, robust, patriarchalisch.“ Was lernen wir daraus? Der Leiter der Heidi Klum GmbH, die für Mode und Stil stehen soll, ist so ungefähr der ungeeignetste Kandidat für seinen Job. Jedenfalls kann er nichts dazu beitragen, Heidis Prestige in Deutschland zu heben. Was er aber schon kann, ist, eine PR-Katastrophe nach der anderen anzuzetteln.
Einige Wochen, nachdem der Artikel erschienen ist, meldet sich Heidi aus Amerika bei den Journalisten und drückt ihre Enttäuschung über den Stern aus. Die Fotostrecke sei zwar ganz schön, aber der Artikel nicht gut geschrieben. Vor allem, dass man alte Geschichte über ihren Vater aufwärmt, findet Heidi nicht so gut. Alte Geschichten? Im gleichen Artikel kommt auch ein alter Freund Günther Klums, der Bestatter Fritz Roth aus Bergisch-Gladbach, zu Wort. Er schildert Klum etwas differenzierter. Jener habe „einen weichen Kern“, könne aber auch „kantig sein und kompromisslos. Eigentlich will er nur anerkannt werden. Er hat die Heidi ja geschmiedet. Er glaubt an sie. Und an sich.“ So die Wortmeldung eines Freundes. Dafür, dass sie freundlich gemeint ist, ist sie eigentlich ziemlich unfreundlich.
Wer ist Günther Klum wirklich? Wenn man die zahlreichen Bilder von ihrem Vater in Heidis Buch betrachtet, sieht man in den 1970er Jahren einen gelösten Mann, der mit seinem Töchterchen spielt. Sein Gesicht ist offen, er wirkt zugänglich und lebensbejahend. Der Günther Klum der späteren Jahre dagegen strahlt etwas Grimmiges, Ruppiges aus. Man fragt sich, was mit diesem Mann in all den Jahren passiert ist, die er im Dienste seiner Tochter verbracht hat. Gewiss hat ihn seine Rolle als Schirmherr und Manager seiner Tochter in den Jahren nicht glücklicher oder weltoffener gemacht. Wer sich fragt, warum Heidi soviel geschafft kriegt und dabei auch immer gut und entspannt aussieht, findet seine Antwort in der Tatsache, dass ihr Vater sich so bedingungslos, mit allen Kräften hinter ihre Karriere geklemmt und dabei sein eigenes Leben zurückgestellt hat. Wer dieses Geschäft nicht kennt, kann eigentlich nicht mitreden. Sicherlich wird Günther Klum in dieser Zeit auch viel mitgemacht haben. Die Modewelt ist ein Haifischbecken, in dem nur der Gewitzte, auch Harte und manchmal Kompromisslose überleben kann. Er überlebt aber auch nur dann, wenn er nicht allzu gewitzt, hart und kompromisslos rüberkommt. Denn es ist die Welt des schönen Scheins. Und hier hat man den Eindruck, dass ein gerader, ehrlicher Kerl wie Günther Klum in dieser Welt nicht besonders gut aufgehoben ist.
Seine
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