Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
dabei immer wie aus dem Ei gepellt und wunderschön. Mit ihrem bekannten strahlenden Lächeln ausgestattet, besteht ihre Rolle in der Sendung vor allem darin, den Selektionsprozess zu bestreiten, mit dem jede Woche ein Kandidat verabschiedet wird. Sie tut das, indem sie die Kandidaten immer wieder darauf aufmerksam macht, dass man in diesem Business entweder „in“ oder „out“ sei, und nach der Entscheidung ausgeschiedene Kandidaten mit einem Luftkuss auf beide Wangen und dem auf Deutsch gesprochenen „Auf Wiedersehen“ zu verabschieden. Sie macht das so eindrucksvoll, dass sich mittlerweile sowohl die mit deutschem Akzent vorgetragene Phrase „You're out!“ wie auch „Auf Wiedersehen“ als Abschiedsgruß für einen Verlierer längst in den amerikanischen Wortschatz eingegraben haben. Wenn jemand von nun an in einer Reality-Show ausgeschlossen wird, bürgert sich in Amerika dafür das Wortspiel „being auf'd“ ein, was so klingt wie „offed“, also erledigt oder ermordet.
Man weiß spätestens seit 2003, als Tyra Banks ihre Sendung America's Next Top Model betreibt, dass Supermodels auch moderieren können. Diese Ausweitung ihrer Tätigkeit kann eine Versicherung in einer Zeit sein, in der kein Mangel an jungen, hübschen Models herrscht. Heidis Sendung ist ambitionierter und intelligenter als America's Next Top Model . Um mit den Worten von Tim Gunn zu sprechen: „ Project Runway ist eine Castingshow für Denker“. Ihre Teilnehmer sind vielschichtige Persönlichkeiten. Die meisten von ihnen sind Universitätsabsolventen oder etablierte Designer, denen eines gemeinsam ist: Leidenschaft dafür, schöne Kleider zu machen. Dass man sich darunter die unterschiedlichsten Dinge vorstellen kann, macht die Sendung für jeden spannend, der auch nur das geringste Interesse für Mode hat.
Anfangs sind es zwölf, später sechzehn Kandidaten, die quasi in der Designerschule Parsons ein Gastsemester machen. Tim Gunn beaufsichtigt die Durchführung der Aufgaben oder Prüfungen, für die man das Wort „Challenge“ verwendet, das als neudeutscher Begriff auch in Heidis nächster Sendung Germany's Next Topmodel häufig eingesetzt werden wird. An den Aufgaben nehmen indirekt auch die Models teil, die die Kleider präsentieren, denn auch sie scheiden aus, bis zuletzt eines übrig bleibt und mit einer speziellen Präsentation in der Modezeitschrift Elle belohnt wird. In der Sendung geht es prinzipiell eher um Kontakte zu Modefirmen oder Modezeitschriften, und weniger um Geld. Die Aufgaben bieten den Kandidaten Gelegenheit, einmal für eine Berühmtheit ein Kleid zu entwerfen, oder einen Klatschreporter kennen zu lernen, der einen zur Belohnung in seiner Kolumne erwähnt. Mit diesem Kniff gelingt es den Produzenten der Show, auch immer wieder, Größen der Modewelt oder bekannte Schauspieler als Gastjuroren für die Sendung zu gewinnen, was ihre Popularität nur steigern kann. Nach fünf Staffeln Project Runway halten die Produzenten dann den Zeitpunkt für gekommen, dass die Sendung Gewinn abwirft und verkaufen sie für viele Millionen Dollar an den Lifetime Kanal . Es ist das der Zeitpunkt, an dem sich auch für Heidi ihre Investition in harter Währung auszahlt. Profitiert hat sie von der Sendung aber schon lange vorher. Ihr Prestige ist durch mehrere Emmy-Nominierungen und den Peabody-Award gestiegen, mit dem Project Runway ausgezeichnet wurde. Und man sieht in ihr schon 2006 nicht mehr allein ein Supermodel, sondern auch eine erfolgreiche Fernsehmacherin. Es ist fraglich, ob man Heidi die Moderation von Germany's Next Topmodel anvertraut hätte, wenn sie sich nicht bei Project Runway bewährt hätte. Durch diese beiden Sendungen ist ihr Bekanntheitsgrad sowohl in den USA wie auch im deutschen Sprachraum auf beinahe 100% gestiegen.
Die Wurzel von Heidis Erfolg bei Project Runway liegt darin, sich nicht zu viel auf einmal zugemutet zu haben. Die Sendung steckt voller Talente, sowohl bei den Machern als auch bei den Kandidaten. Eine Kandidatin merkt einmal belustigt an, dass Kameramänner, Regieassistenten und Produzenten besser aussehend, witziger und intelligenter seien als sie selbst, die gefilmt werden. Die Show wird zum Stelldichein einer New Yorker Subkultur, die man bald mit dem Begriff „Fashionista“ beschreiben wird. Es sind Menschen, denen gutes Aussehen und Mode über alles geht. Der Andrang dieser Menschen in der Show ist so groß, dass Project Runway auch dadurch bekannt werden wird, mehr
Weitere Kostenlose Bücher