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Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt

Titel: Heike Eva Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Purpurmond
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Cats Warnung – und sie zweifelte keine Sekunde daran, dass das Mädchen aus der Zukunft recht hatte. Sie war in Gefahr. Wenn Förg erfuhr, wo Dorothea sich aufhielt, würde er nicht eher ruhen, bis er sie in seiner Gewalt hatte. Inzwischen ging es ihm sicher längst nicht mehr darum, sie zur Frau zu nehmen, zu oft hatte sie sich ihm entzogen. Nein, wenn er sie jetzt fand, würde er sie vernichten.
    Also verschanzte sie sich in der dumpfen Stille ihres Häuschens und tat alles, um den Anschein zu erwecken, es wäre unbewohnt. Dabei brach es ihr fast das Herz, wenn sie an ihren Garten mit den liebevoll ausgesäten Kräutern dachte. Sie alle würden nun braun und verdorrt in der gleißenden Mittagssonne sterben.
    Nicht einmal des Nachts traute sie sich hinaus, um ein paar Gartenfrüchte zu ernten. Hätte Schwester Barbara nicht Mitleid mit ihr gehabt, als Dorothea zitternd vom Klosterfriedhof gekommen war, um ihre wenigen Habseligkeiten zu packen, sie hätte nicht einmal das Notwendigste zu essen gehabt. So aber hatte die alte Nonne dem verstörten Mädchen heimlich ein kleines tuchernes Bündel in die Hand gedrückt, in dem sich etwas Brot, eine Scheibe Trockenfleisch und ein Laiblein Käse befunden hatten. Wortlos hatte sie Dorothea die Wange getätschelt, ehe sie davongeeilt war, damit die Mutter Oberin sie nicht entdeckte.
    Jetzt aber, nach etlichen Tagen und Nächten, gingen die Vorräte zu Ende, auch wenn Dorothea immer nur ein paar Bissen zu sich genommen hatte.
    In der Stadt durfte sie sich nicht blicken lassen, denn wahrscheinlich hatte Förg seine Spitzel bereits auf sie angesetzt.
    Blieb nur die Möglichkeit, ihre alte Nachbarin Grete um Hilfe zu bitten. Bei Dunkelheit wäre der Weg zu deren Häuschen gefahrlos, hohe Hecken und Schlehenbüsche würden Dorothea vor wachsamen Blicken verbergen. Aber Dorothea hatte ein zu schlechtes Gewissen, schließlich war Gretes Katze durch ihre Schuld umgekommen.
    Nachdem sie jedoch zwei weitere Tage und Nächte gehungert hatte und ihr Körper anfing, vor Schwäche zu zittern, rang sie sich dazu durch, nach Einbruch der Nacht bei Grete zu klopfen und um etwas zu essen zu bitten.
     
    Als Dorothea sich im Schutz der wild wuchernden Büsche Gretes Haus näherte, sah sie kein Licht hinter den kleinen Fenstern brennen. Ob Grete schon schlief? Fast wäre Dorothea umgekehrt, doch ihr knurrender Magen duldete keinen Aufschub. Rasch lief sie zu Gretes Tür. Sie hatte schon die Hand gehoben, um anzuklopfen, als sie sah, dass die Haustür nur angelehnt war. Ihr Herz begann, wild zu schlagen. Sie hielt den Atem an und lauschte. Doch nur das eintönige Zirpen der Grillen klang durch die laue Nachtluft.
    Behutsam stieß Dorothea die Tür auf. Die hölzernen Scharniere gaben ein leises Knarzen von sich. Vorsichtig tat sie einen Schritt ins Innere der Stube. Als sich ihre Augen an die Finsternis gewöhnt hatten und sie die ersten Schemen ausmachen konnte, zuckte sie erschrocken zurück. Sie sah zwei Schatten vor sich auf dem Boden kauern, wie sprungbereite Hunde. Dorothea blieb stocksteif stehen. Gleich würden Förgs Schergen sich aufrichten, sie ergreifen und dann …
    Doch nichts passierte. Dorothea kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Jetzt erkannte sie, dass sie einer Sinnestäuschung aufgesessen war, denn es waren keine Lebewesen, die da vor ihr lagen, sondern zwei umgekippte Hocker. Auch Gretes Tisch war umgefallen. Er lag mit der Platte auf der Seite, seine vier Beine ragten wie bei einem erlegten Wildtier seitlich steif in den Raum.
    »Grete? Seid Ihr hier?«, rief Dorothea zögernd in die undurchdringliche Schwärze. Doch die Antwort war nur erstickende Stille.
    »Grete, seid Ihr wohlauf? Ich bin’s, Dorothea«, rief sie erneut, doch tief im Inneren wusste sie bereits, dass sie keine Antwort erhalten würde. Das Haus atmete Leere, und eine staubige Verlassenheit lag über allem. Vorsichtshalber tastete Dorothea dennoch nach einem Schlageisen, einem Zunderstein oder einem Markasitstein, die sie neben der Feuerstelle vermutete. Es war üblich, die Werkzeuge dort in einer Spandose aufzubewahren, und Gretes Haushalt bildete da keine Ausnahme. Es dauerte eine Weile, bis es Dorothea gelungen war, einen Funken zu schlagen und mit Hilfe von etwas trockener Birkenrinde, die sie neben dem Herd fand, einen Kienspan zu entzünden.
    Das Holz begann zu glimmen und loderte schließlich zu einer kleinen Flamme auf, hell genug, um Dorothea das ganze Ausmaß der Verwüstung zu

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