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Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt

Titel: Heike Eva Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Purpurmond
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Studium aufgeben. Eine Frau könnte niemals Einblick in die Wissenschaften des Geistes haben«, sagte er streng.
    Dieser Mönch macht mich noch kirre, dachte ich gereizt. Nie wusste ich, woran ich bei ihm war. Mal schien er richtig Humor zu haben, und gleich darauf war er wieder ganz der ernsthafte Klosternovize. Jede Hollywood-Diva war leichter zu durchschauen.
    »Bist du eigentlich wirklich gläubig? Vorhin meintest du doch, du seist nur wegen der Bibliothek ins Kloster gegangen«, konnte ich mich nicht zurückhalten, ihn zu fragen.
    Jakob, der gerade die Bilsenkrautblätter-Essenz durch das Tuch in die Mohnmilch presste, legte den Kopf schief und schien zu überlegen. Derweil füllte er den milchigen Trank in ein kleines Fläschchen, das er sorgfältig mit einem Korken verschloss.
    »Nicht alle Mönche im Kloster sind mit den Dingen einverstanden, die in Bamberg vor sich gehen«, sagte er auf einmal. »Unser alter Abt hat bereits versucht, Gnade für einige der Verurteilten zu erwirken, doch vergebens.« Er schüttelte den Kopf und seufzte.
    Ehrlich gesagt wäre es mir lieber gewesen, wenn er spontan kundgetan hätte, dass er das Keuschheitsgelübde nur wegen seiner Wissbegierde auf sich genommen hatte. Sein Zögern reizte mich, und ich setzte nach: »Dir ist aber schon klar, dass die Hexenverfolgung auch durch den Klerus befeuert wird, oder? Die Predigten von einigen eurer Bischöfe haben es ja ganz schön in sich. Kein Wunder, dass die Bevölkerung Angst bekommt und an Hexen und Zauberer glaubt …«
    Mit einem harten Klirren stellte Jakob das Fläschchen ab und starrte mich entsetzt an. Mist, jetzt war ich zu weit gegangen. Es stand mir nicht zu, zu urteilen. Ich hatte nie politische Unruhen und Hungersnot erlebt. Jakob dagegen war mitten in den Dreißigjährigen Krieg hineingeboren worden. Die Lebensmittel waren knapp, Hunger und Seuchen bedrohten jedes Haus. War es da ein Wunder, dass Menschen ohne Bildung irgendeine Teufelsmacht für das ganze Elend verantwortlich machten? Noch dazu, wenn es ihnen von den hohen Herren eingeredet wurde? Als Kind des dritten Jahrtausends hatte ich es leicht, die Aufgeklärte zu spielen.
    »Entschuldige, Jakob, ich wollte dich nicht kränken … ich meine …«, stammelte ich hilflos.
    Doch er packte mich an den Schultern und sah mich eindringlich an. Ich versank in seinen grauen Augen wie in einem stillen, sommerwarmen See.
    »Du darfst so etwas nie und nimmer laut aussprechen, hörst du?«, sagte er mit gepresster Stimme. »Es ist viel zu gefährlich. Hört nur ein falsches Ohr deine Worte, landest du auf dem Scheiterhaufen. Und das wäre für mich beinahe ebenso unerträglich wie die Vorstellung, was meine Schwester erwartet, wenn unser Plan misslingt.«
    Jakobs Hände strahlten auf meinen Oberarmen eine Hitze aus, die mir durch und durch ging. Mein Hals war wie zugeschnürt, aber ich war mir sicher, dass ausnahmsweise nicht der verfluchte Halsschmuck daran schuld war. Mein Herz klopfte, als würde ein Drummer auf sein Schlagzeug eindreschen.
    »Lieb von dir, dass du dich um mich sorgst«, murmelte ich, und in diesem Moment war es mir völlig egal, dass 300 Jahre Altersunterschied zwischen uns lagen und er ein Mönch war.
    Seine grauen Augen blickten ernst und prüfend in die meinen, und mir war, als gäbe es auf der Welt nur noch uns beide.
    »Verzeih, dass ich so harsch zu dir war. Es ist nur … ich weiß einfach nicht, was in deiner Gegenwart mit mir geschieht. Es ist, als wäre ich nicht mehr Herr über meine Ratio«, murmelte er.
    Ich musste lächeln. »Ich hab dich auch sehr gerne, Jakob«, flüsterte ich. Meine Arme legten sich wie von alleine um seinen Hals.
    Sein Blick wurde weich. Dann neigte er sich zu mir herunter, und unsere Lippen trafen sich. Eine zeitlose Zeit standen wir einfach nur so da. Ich vergaß, woher ich kam und dass ich eine Gefangene zwischen alter und neuer Welt war. All das wurde unwichtig. Eng an ihn gedrückt, spürte ich unsere Herzen pochen, und ich wusste nicht mehr, welcher sein Herzschlag war und welcher meiner. Am liebsten wäre ich für immer hiergeblieben, mit Jakob in einem ewigen Kuss versunken. Mochten die Gezeiten kommen und gehen, der Mond und die Sonne ihre Umlaufbahnen ziehen und die Jahrhunderte verstreichen …
    Plötzlich hörten wir, wie sich polternde Schritte näherten. Hastig fuhren wir auseinander. Meine Frage, ob er wirklich aus Überzeugung Mönch war, hatte Jakob nicht mehr beantwortet. Ich fand aber, dass der Song

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