Heile Welt
ganzen Tag aufhalten.
Als Matthias da so schön gemütlich saß, gab es plötzlich ein Geschrei, es wurde nach ihm gerufen:«Herrgott noch mal, wo sind denn die Kinder aus Klein-Wense?»- Wo sollten sie schon sein, sie lagerten noch immer bei ihren Rädern am Klo, sie hatten gedacht, lieber nicht von der Stelle rühren, lieber das Maul halten. Hatte man es ihnen denn nicht anempfohlen?
Als auch das in Ordnung gebracht war, konnte Matthias sich wieder setzen – nicht ohne seine Kinder gefragt zu haben, ob sie noch ganz bei Groschen sind – und weiterhin das Harken und Messen beaufsichtigen, zwei liebedienerische Schüler halfen ihm dabei aus freien Stücken.
«Um Gottes willen, nehmt die Harke zur Seite!»
Zwischen«Ein Meter achtundsiebenzig!»und«Drei Meter und füneff!»wurde Matthias von seinen Kolleginnen gefragt, wie denn der Schulrat gewesen sei? Matthias geriet ins Schwärmen, wie gut er das hingekriegt hat, plauderte über die Sache mit seinen drei Mustervorbereitungen, und wie schlau er ist! Einfach aus der Schublade ziehen eines von den Dingern, fertig ist die Laube! Das sei doch furchtbar einfach, und er empfahl es den Kolleginnen, das sollten sie man auch so machen. Aber das, glaubten sie, trauten sie sich denn doch nicht.
Schon längst war der letzte Läufer«durch», und auch das Werfen war beendet – Springen dauerte seine Zeit, weil ja jeder drei Sprünge hatte, und dann immer das Harken zwischendurch. Matthias saß noch immer an der Grube. – Als bereits Volkstänze zu Schifferklavier geboten, nach den neusten Regeln Völkerball gespielt wurde, Sassenholz gegen Poggendorf, und Kaspertheater geguckt, kam Lehrer Klein zu Matthias geschnauft und fragte ihn, wieso das denn hier so lange dauert, und dann schlug er sich mit der Hand vor den Kopf:«Um Gottes willen, was machen Sie denn, Herr Kollege! Sie halten das Bandmaß ja verkehrt rum! Die Null muß doch an den Absprungbalken gelegt werden, nicht andersrum!… Nun müssen alle Sprünge wiederholt werden!»
Das wurden sie nun nicht, und als endlich alle durch waren, ließ Matthias das Bandmaß fallen und schlurfte, den Stuhl hinter sich herziehend, am Volkstanz vorüber und am Völkerball, hinein in die Schule, wo die Punkte ausgerechnet wurden. Und hier sah er dann, daß seine Kinder mit ihren Leistungen so ungefähr auf null Komma null standen, und korrigierte sie sacht ein wenig nach oben, ob nun 2.80 gesprungen oder 3.10, das war schließlich nicht so wichtig, und ob das Mädchen Anneliese 20 Meter oder 25 Meter weit geworfen hat – bei so was irrt der Mensch auch leicht einmal. Beim Laufen war nichts zu machen, da hatte die Seglerkameradschaft die Daten mit Kugelschreiber eingetragen. Guckten sie nicht gar durchs Fenster, ob alles seine Richtigkeit hat? Zugute kam ihm bei dieser Manipulation, daß ein heftiger Streit ausbrach wegen der Getränke, dort fehlten fünfundzwanzig Mark in der Kasse! Hier hatte der Kollege Frohriep Aufsicht gehabt und wohl nicht richtig aufgepaßt, war fortgegangen ein ums andere Mal.
Nun traten die Lehrer an zum gemeinsamen Schnurball. So alt ist man noch nicht, daß man der Jugend kein Beispiel geben könnte… Matthias drückte sich davor, der hatte kein Interesse, sich hier den Daumen zu verknacksen, außerdem mußte er auf seine weiße Hose Rücksicht nehmen. Einen Trainingsanzug besaß er nicht. Er bedauerte es ein wenig, daß er die Posaune nicht mitgebracht hatte und ein schönes Lied gespielt, aber das wär wohl nicht gegangen, plötzlich hier mit Blasen anzufangen? Außerdem konnte er ja nur Abendlieder spielen.
Die Schüler standen dichtgedrängt um das Spielfeld herum, die wollten mal sehen, wie ihre Lehrer sich schlagen, mit Bauch und ohne und mit nur einem Arm. Hämisches Gelächter wallte auf, als Stichnoth bei einer kraftvollen Volte ausrutschte! Das Lachen fiel aber rasch in sich zusammen, weil Stichnoth noch im Hinfallen die Leute musterte, die da lachten, und ob er jemand aus Meckersen dabei erwischen kann, daß der über seinen Lehrer lacht, der es doch immer so gut mit ihnen meint? Der hätte sich dann jeden Nachmittag um fünfzehn Uhr bei ihm melden können und jahrelang vor ihm hermarschieren, mit einem Meter Abstand, damit wäre zu rechnen gewesen.
Zum Schluß wurden alle Schüler zusammengeschrien, ordentlich aufstellen und:«Ruhe dahinten!»Ein Gong wurde geschlagen: Nun mal die Sieger verkünden. Alle herhören und mit Hochachtung behandeln die Schüler, die hier ihr
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