Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
mitgeteilt.«
»Dann darf ich Sie bitten, uns zum Wagen zu begleiten.«
Sie dirigierten sie in den Fond von Utsumis Pajero, und Kusanagi nahm wieder seinen Platz auf dem Beifahrersitz ein.
»Wo waren Sie gestern Abend, als die Nachricht Sie erreichte?«, fragte er, sich zu Ayane umwendend.
»Sapporo ist doch bekannt für seine heißen Quellen. Also war ich mit einer alten Freundin in einem Onsen. Ich hatte mein Handy ausgeschaltet und überhaupt nicht mehr daran gedacht. Vor dem Schlafengehen habe ich dann meine Mailbox abgehört.« Ayane stieß einen langen Seufzer aus. »Zuerst dachte ich, es handle sich um einen schlechten Scherz. Wer denkt denn an einen Anruf von der Polizei.«
»Ja, so ist es manchmal«, sagte Kusanagi.
»Was ist manchmal so? Ich verstehe das nicht.«
Ayanes versagende Stimme tat Kusanagi in der Seele weh. Wahrscheinlich war die Frage, die sie am dringendsten stellen wollte, zugleich auch die, vor der sie sich am meisten fürchtete.
»Was hat man Ihnen am Telefon denn gesagt?«
»Dass mein Mann tot sei und die Polizei den Fall untersucht, da die Todesursache ungeklärt sei. Genaueres hat man mir nicht gesagt.«
Der Beamte, der sie angerufen hatte, hatte keine weiteren Informationen preisgeben dürfen. Vermutlich hatte Ayane die vergangene Nacht wie einen Alptraum durchlebt.
»Ihr Mann ist zu Hause gestorben«, sagte er. »Die Ursache ist noch unklar. Er hat keine sichtbaren äußeren Verletzungen. Offenbar ist er auf dem Boden im Wohnzimmer liegend von Hiromi Wakayama gefunden worden.«
»Sie hat …«, stieß Ayane atemlos hervor.
Kusanagi sah zu Utsumi am Steuer hinüber. Sie erwiderte seinen Blick, und ihre Augen trafen sich.
Sie denkt das Gleiche wie ich, dachte Kusanagi. Es waren kaum zwölf Stunden vergangen, seit sie über die Beziehung zwischen Hiromi Wakayama und Yoshitaka Mashiba gesprochen hatten.
Hiromi war Ayanes Lieblingsschülerin. Sie war zu der Party bei den Mashibas eingeladen gewesen, also gehörte sie zu ihrem engeren Kreis.
Die Frage war, ob Ayane von dem Verhältnis der beiden gewusst hatte. Auch wenn die beiden Frauen sich nahestanden, musste sie nicht unbedingt etwas davon gemerkt haben. Allzu große Nähe trübte häufig den Blick, das hatte Kusanagi schon häufig beobachten können.
»Hatte Ihr Mann eine Krankheit?«
Ayane schüttelte den Kopf. »Soweit ich weiß, nein. Er ließ sich regelmäßig untersuchen, aber es ist nie etwas festgestellt worden. Er trank auch kaum Alkohol.«
»Und er hatte auch nie einen plötzlichen Zusammenbruch?«
»Nein, nie. Deshalb kann ich mir gar nicht vorstellen, wie es dazu kommen konnte.« Ayane legte sich die Hand auf die Stirn. Wahrscheinlich hatte sie Kopfschmerzen.
Kusanagi hielt es für besser, bis auf weiteres nicht zu erwähnen, dass Yoshitaka Mashiba wahrscheinlich Gift zu sich genommen hatte. Bis zum Ergebnis der Obduktion war sowieso nicht klar, ob es sich um Mord oder Selbstmord gehandelt hatte.
»Augenblicklich ist noch vieles ungeklärt«, sagte Kusanagi. »Deshalb muss die Polizei den mutmaßlichen Tatort genaustens untersuchen. Frau Wakayama hat bereits ihre Zeugenaussage gemacht und uns eine erste Begehung ermöglicht. Wir konnten Sie zu dem Zeitpunkt ja nicht erreichen.«
»Das hat man mir bereits gestern Abend am Telefon mitgeteilt.«
»Besuchen Sie Ihre Eltern häufiger?«
Ayane schüttelte den Kopf. »Es war das erste Mal seit meiner Hochzeit.«
»Gab es einen besonderen Anlass?«
»Mein Vater ist nicht gesund, deshalb bin ich heimgeflogen. Aber es ging ihm besser, als ich erwartet hatte, also bin ich mit meiner Freundin zu den heißen Quellen gefahren.«
»Ich verstehe. Warum haben Sie Frau Wakayama einen Schlüssel gegeben?«
»Nur für alle Fälle. Sie ist mir eine große Hilfe bei meiner Arbeit. Es hätte auch sein können, dass sie etwas von den Materialien, die ich bei mir zu Hause aufbewahre, für ihren Unterricht braucht.«
»Frau Wakayama sagt, sie habe befürchtet, dass Ihrem Mann etwas passiert sein könnte, weil er nicht ans Telefon ging. Deshalb sei sie zu Ihrem Haus gefahren, um nachzuschauen. Hatten Sie Frau Wakayama denn ausdrücklich darum gebeten, sich um Ihren Mann zu kümmern?«
Ayane runzelte die Stirn und sah ihn forschend an. »Ich weiß nicht. Vielleicht habe ich das. Und selbst wenn nicht, wissen Sie, sie ist sehr zuverlässig und hat sich vielleicht Sorgen gemacht, weil mein Mann allein war … Ist daran etwas falsch? Hätte ich ihr den Schlüssel nicht geben
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