Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
ich hätte Mashiba aus dem Weg geräumt, um die Firma an mich zu reißen.«
Als Kusanagi ihn erstaunt ansah, lachte er. »Verzeihen Sie, das war ein Scherz, wenn auch ein schlechter. Bei dem ganzen Durcheinander hatte ich noch gar keine Zeit zu begreifen, dass mein Freund gestorben ist.«
»Tut mir leid, dass ich Sie auch noch in Anspruch nehmen muss.«
»Nein, nein, ich möchte ja etwas über den Stand der Ermittlungen erfahren. Gibt es etwas Neues?«
»Einiges scheint sich zu klären. Möglicherweise wissen wir jetzt, wie das Gift in den Kaffee kam.«
»Das ist ja hochinteressant.«
»Wussten Sie, dass Herr Mashiba kein Leitungswasser trank? Er achtete sehr auf seine Gesundheit.«
Ikai zuckte die Achseln. »Ich trinke auch schon seit Jahren kein Leitungswasser.«
Die Beiläufigkeit, mit der er das sagte, verdross Kusanagi. Typisch für reiche Knaben wie euch, dachte er. »Ach, tatsächlich?«
»In letzter Zeit frage ich mich allmählich, wieso ich das eigentlich mache. Ich finde nicht mal, dass Leitungswasser schlechter schmeckt. Wahrscheinlich werden wir von den Herstellern an der Nase herumgeführt. Alles nur Gewohnheit.« Ikai sah ruckartig auf, als wäre ihm etwas eingefallen. »Sagen Sie bloß, das Wasser war vergiftet?«
»Es steht noch nicht fest, aber die Möglichkeit besteht. Haben Sie auf der Party Mineralwasser getrunken?«
»Natürlich, sogar eine ganze Menge. Also das Wasser?«
»Wir haben Informationen, dass Herr Mashiba auch für seinen Kaffee Mineralwasser verwendete. Wussten Sie davon?«
»Ich habe davon gehört«, sagte Ikai nickend. »Es wurde also Gift in seinem Kaffee gefunden?«
»Die Frage ist, wann und wie das Gift hineingelangt ist. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen eine Frage stellen. Fällt Ihnen jemand ein, der Herrn Mashiba am Wochenende heimlich besucht haben könnte?«
Ikai musterte Kusanagi. »Heimlich?«
»Ja. Bisher haben wir niemanden im Visier. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass jemand ins Haus gekommen ist. Unbemerkt, aber mit Herrn Mashibas Zustimmung.«
»Sie meinen eine Frau? Weil Ayane verreist war.«
»Auch diese Möglichkeit schließen wir nicht aus.«
Ikai streckte die übereinandergeschlagenen Beine aus und beugte sich vor. »Wollen Sie nicht offen und ehrlich sprechen? Ich bin kein Laie und weiß, dass Ihre Ermittlungen vertraulich sind. Im Gegenzug werde ich nichts vor Ihnen verbergen.«
Kommissar Kusanagi schwieg, und Ikai lehnte sich wieder im Sofa zurück.
»Die Polizei hat also herausgefunden, dass Mashiba eine Geliebte hatte, stimmt’s?«
Kusanagi war erstaunt. »Was wissen Sie darüber?«
»Mashiba hat es mir vor ungefähr einem Monat anvertraut. Er fand, dass es allmählich Zeit für ihn wurde, die Partnerin zu wechseln. Ich dachte mir, dass er schon jemanden hatte.« Er warf Kusanagi einen misstrauischen Blick zu. »Klar, dass die Polizei so etwas herausfindet. Deshalb sind Sie hier, stimmt’s?«
Kusanagi kratzte sich an der Stirn und lächelte ironisch. »Sie sagen es. Herr Mashiba hatte tatsächlich jemanden.«
»Würden Sie mir sagen, wer es ist? Ich habe da so eine Ahnung.«
»Auf wen tippen Sie denn?«
»Man braucht nur nach dem Ausschlussverfahren vorzugehen. Mashiba ließ grundsätzlich die Finger von Hostessen. Auch Kolleginnen und Klientinnen kamen nicht in Frage. Also blieb in seiner Umgebung nur noch eine übrig.« Ikai seufzte ein wenig bekümmert. »Meiner Frau sage ich lieber nichts davon.«
»Die fragliche Dame hat uns bestätigt, dass sie an jenem Wochenende bei Herrn Mashiba zu Gast war. Ich würde gern wissen, ob es außer dieser Dame noch jemanden gab, zu dem Herr Mashiba eine ähnliche Beziehung hatte.«
»Das wäre ja ein Ding.« Ikai schlug sich auf die Knie. »Ich halte das allerdings für ziemlich ausgeschlossen. Mashiba war zwar Kettenraucher, aber er steckte sich nie zwei Zigaretten auf einmal in den Mund.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Er wechselte vielleicht die Partnerin, aber er traf sich nicht mit zwei Frauen gleichzeitig. Wahrscheinlich vernachlässigte er seine Frau, seit er die Geliebte hatte. Ich meine, seine ehelichen Pflichten. Sex zum Vergnügen kann man auf später verschieben, hat er mal gesagt.«
»Also hat er seine Frau vor allem geheiratet, um ein Kind zu bekommen?«
Ikai streckte sich. »Nicht vor allem, es war sein einziges Sinnen und Trachten. Als er noch ledig war, hat er ständig davon geredet, dass er möglichst schnell ein Kind wollte, und wie wild nach einer
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