Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
mit dem er beruflich zu tun hatte. Es muss jemand gewesen sein, mit dem er persönlich bekannt war und den er in Ihrer Abwesenheit heimlich zu sich gebeten hat.«
»Eine Geliebte oder eine frühere Freundin also?« Ayane strich sich die Haare aus der Stirn. »Tut mir leid, da kann ich Ihnen nicht helfen. Mein Mann hat nie über solche Dinge mit mir gesprochen.«
»Jede Kleinigkeit kann wichtig sein. Hat er nie etwas erwähnt? Auch nicht beiläufig?«
Ayane zuckte die Achseln. »Er war kein Mensch, der über seine Vergangenheit sprach. Zum Beispiel ging er nie in ein Restaurant oder eine Bar, in der er einmal mit einer Verflossenen war.«
»Ich verstehe.« Kusanagi war enttäuscht. Eigentlich hatte er vorgehabt, die Lokale abzuklappern, in denen Mashiba und Hiromi sich getroffen hatten.
Der Mann war wirklich umsichtig vorgegangen. Sie hatten weder in seinem Haus noch in seinem Büro auch nur den Hauch einer Spur von einer anderen Frau als Hiromi Wakayama gefunden. Alle Nummern im Speicher seines Handys waren entweder beruflicher Natur oder gehörten Männern. Nicht einmal Hiromi Wakayamas Nummer war gespeichert.
»Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann.«
»Dafür brauchen Sie sich wirklich nicht zu entschuldigen.«
»Aber –«, wollte Ayane gerade fortfahren, als in ihrer Handtasche ihr Handy klingelte. Sie nahm es heraus. »Darf ich?«, fragte sie.
»Ja, selbstverständlich«, antwortete Kusanagi.
»Ja, Mashiba?«
Ayane wirkte gelassen, als sie abnahm, doch im nächsten Moment zwinkerte sie nervös und blickte unruhig in Kusanagis Richtung.
»Nein, das macht nichts. Ist noch etwas … Wirklich? Ja, ich verstehe. Vielen Dank.« Kaum hatte sie aufgelegt, fuhr sie sich wie schuldbewusst mit der Hand an ihre Lippen. »Oh«, sagte sie. »Hätte ich sagen sollen, dass Sie hier sind?«
»Wer war es denn?«
»Frau Utsumi.«
»Ach? Was hat sie gesagt?«
»Sie möchte sich die Küche noch einmal genau ansehen und wollte fragen, ob es mir recht sei. Sie meint, es würde nicht lange dauern.«
»Die Küche? Noch einmal? Was hat sie denn vor?« Kusanagi sah zu Boden.
»Bestimmt will sie herausfinden, wie das Gift dorthin gelangt ist, nicht wahr?«
»Vermutlich.« Kusanagi sah auf die Uhr und griff nach der Rechnung, die auf dem Tisch lag.
»Sie gestatten doch, dass ich auch noch einmal in Ihr Haus fahre?«
»Selbstverständlich. Ah, ja, und ich hätte noch eine Bitte.« Anscheinend war Ayane plötzlich etwas eingefallen.
»Ja?«
»Allerdings ist es ziemlich viel verlangt.«
»Sagen Sie es mir einfach.«
»Ja, also …«, Sie sah zu ihm auf. »Die Pflanzen müssten gegossen werden. Zuerst wollte ich ja nur ein oder zwei Tage im Hotel bleiben, aber jetzt …«
»Tut mir leid, dass wir Ihnen solche Ungelegenheiten bereiten. Ich lasse es Sie wissen, sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind.«
»Nein, nein, das macht gar nichts. Von mir aus bleibe ich gerne noch eine Weile hier. Schon der Gedanke, allein in dem großen Haus zu sein, macht mir Angst.«
»Das kann ich gut verstehen.«
»Natürlich kann ich nicht ewig vor der Realität fliehen, aber im Augenblick habe ich vor, hier zu bleiben, bis der Termin für die Bestattung meines Mannes feststeht.«
»Ich vermute, seine Leiche wird bald freigegeben.«
»Oh, dann muss ich wohl allmählich Vorbereitungen treffen …« Ayane blinzelte. »Die Blumen wollte ich eigentlich morgen gießen, wenn ich nach Hause gehe, um ein paar Sachen zu holen. Aber je schneller sie Wasser bekommen, desto besser. Es liegt mir die ganze Zeit auf der Seele.«
Kusanagis Herz klopfte. »Ich verstehe. Keine Sorge, ichübernehme das gern für Sie. Es geht um die Blumen im Garten und auf dem Balkon, nicht wahr?«
»Macht es Ihnen auch wirklich nichts aus? Es ist mir außerordentlich peinlich, Sie um so etwas zu bitten.«
»Das ist doch selbstverständlich. Sie unterstützen uns ja auch bei unseren Ermittlungen. Ich kann jemanden dazu abstellen. Überlassen Sie nur ruhig alles mir.«
Als Kusanagi aufstand, erhob sie sich ebenfalls und sah ihm geradewegs ins Gesicht. »Ich will nicht, dass die Pflanzen verwelken«, sagte sie mit unvermittelter Ernsthaftigkeit.
»Sie liegen Ihnen sehr am Herzen, nicht wahr?« Kusanagi dachte daran, wie sie am Tag ihrer Rückkehr aus Sapporo als Erstes die Blumen gegossen hatte.
»Die Pflanzen auf dem Balkon hatte ich schon, als ich noch ledig war. Mit jeder einzelnen verbinden mich Erinnerungen. Deshalb möchte ich sie
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