Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
Ayane auch, dass es vor ihr eine andere Frau gab, der es ähnlich ergangen war. Also beschloss sie, ihn zu töten.«
»Meinen Sie, dass sie diesen Entschluss am Abend der Party gefasst hat?«, fragte Yukawa, während er Kaffee einschenkte.
»Die endgültige Entscheidung hat sie wahrscheinlich an dem Abend getroffen, auch wenn sie möglicherweise schon vorher Mordgedanken hegte. Sie wusste von dem Verhältnis zwischen ihrem Mann und Hiromi Wakayama und ahnte auch, dass Hiromi schwanger war. Yoshitakas Ankündigung, sich von ihr trennen zu wollen, gab sozusagen den Ausschlag.«
Yukawa kam mit einem Becher Kaffee in jeder Hand zum Tisch und stellte einen davon vor Utsumi ab.
»Und was ist mit Junko Tsukui? Wo kommt sie ins Spiel? Hat sie nichts mit dem Fall zu tun? Kusanagi befragt doch heute Ikai dazu.«
Bei ihrer Ankunft im Labor hatte Utsumi dem Professor erzählt, dass Junko Tsukui und Ayane Mashiba sich wahrscheinlich gekannt hatten.
»Natürlich gibt es da eine Verbindung. Die Arsensäure, mit der Mashiba vergiftet wurde, ist vermutlich die gleiche, die Junko Tsukui für ihren Selbstmord benutzt hat. Ayane hatte durch ihre Freundschaft mit Junko sicher Gelegenheit, etwas davon an sich zu bringen.«
Yukawa nahm seine Kaffeetasse und sah Utsumi fragend an. »Und weiter?«
»Ja, ich weiß nicht …«
»Mehr hat Junko Tsukui nicht damit zu tun? Es gibt keine weitere Verbindung zum Mordmotiv?«
»Tja, also …«
Yukawa lachte leise und nahm einen Schluck Kaffee. »Wenn das so ist, kann ich Ihnen den Trick nicht verraten.«
»Warum nicht?«
»Sie haben das Wesentliche an diesem Fall nicht verstanden. Es wäre äußerst gefährlich, jemandem wie Ihnen den Trick zu verraten.«
»Aber Sie wissen, worum es geht?«
»Im Gegensatz zu Ihnen.«
Utsumi ballte die Fäuste und sah Yukawa grimmig an, als es an der Tür klopfte.
»Gutes Timing. Vielleicht hat er das Wesentliche begriffen«, sagte Yukawa und ging zur Tür.
Kapitel 28
Als Kusanagi das Labor betrat, fragte Yukawa ihn sofort, was die Befragung ergeben habe. Nach kurzem Zögern berichtete der Kommissar, was Ikai gesagt hatte.
»Mashiba hat Ayane angesprochen. Das entkräftet Utsumis Vermutung, dass Ayane die Party benutzt hat, um sich an ihn heranzumachen.« Kusanagi warf seiner jungen Kollegin einen Seitenblick zu.
»Diese Möglichkeit bestand aber durchaus.«
»Na gut, aber diese Möglichkeit scheidet nun aus. Und jetzt? Was meinen Sie?« Kusanagi sah Utsumi an.
Yukawa schenkte ihm Kaffee ein. Der Kommissar bedankte sich und nahm die Tasse entgegen.
»Was denkst du denn?«, fragte Yukawa. »Angenommen, es stimmt, was dieser Ikai sagt. Dann wären Ayane und Yoshitaka sich auf dieser Party zum ersten Mal begegnet. Das heißt, es wäre bloß ein Zufall gewesen, dass Ayane eine Freundin von Mashibas früherer Freundin war. Kannst du dir das wirklich vorstellen?«
Kusanagi antwortete nicht, sondern nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Er musste seine Gedanken ordnen.
Yukawa grinste. »Wie sieht es aus? Glaubst du diesem Ikai nicht?«
»Ich denke nicht, dass er lügt«, sagte Kusanagi. »Allerdings haben wir auch keinen Beweis dafür, dass seine Aussage den Tatsachen entspricht.«
»Will heißen?«
Kusanagi holte Luft. »Vielleicht haben die beiden geschauspielert«, sagte er.
»Geschauspielert?«
»Vielleicht haben sie nur so getan, als begegneten sie sich zum ersten Mal. Sie kannten sich von früher, wollten aber nicht, dass jemand davon erfährt. Und Ikai diente sozusagen als Zeuge. Das würde doch passen. Dass jemand durch ein auf der Bar liegendes Handy-Etui die Richtige findet, ist mir ein bisschen zu rosarot.«
»Wunderbar!« Yukawa Augen glänzten. »Ich bin ganz deiner Meinung. Fragen wir mal die Dame«, sagte er und wandte sich Utsumi zu.
Diese nickte. »Das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Aber aus welchem Grund hätten sie das tun sollen?«
»Das ist genau der Punkt. Warum mussten die beiden so tun, als würden sie sich nicht kennen?« Yukawa sah Kusanagi an. »Was denkst du?«
»Ganz einfach, sie wollten nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt.«
»Welche Wahrheit?«
»Die Wahrheit darüber, wie sie sich in Wirklichkeit kennengelernt hatten. Nämlich durch Junko Tsukui. Sie hatten Skrupel. Immerhin war diese Frau Yoshitaka Mashibas frühere Geliebte. Also suchten sie nach einer anderen Gelegenheit, um sich kennenzulernen. Und das war diese Single-Party.«
Yukawa schnippte geräuschvoll mit den Fingern. »Eine
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