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Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Titel: Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan;Weiss Bonner
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    E gal welchen Gott man sich als oberste Instanz vorstellt, es gibt kein Update, das genügend an moderne Zeiten angepasst wäre, um Street Credibility zu besitzen.
    Könnten Sie sich allen Ernstes vorstellen, sich einem himmlischen Diktator zu unterwerfen und Ihr Leben ganz nach seinem Willen auszurichten? Wir sind ein selbstbestimmtes Leben gewohnt – ein »imaginäres Alphamännchen«, wie der Philosoph und Kirchenkritiker Michael Schmidt-Salomon Gott nennt, braucht daher heute niemand mehr. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen wollen ein »eigenständiges, selbstbestimmtes Leben frei von Religion und dem Glauben an einen Gott, das auf ethischen und moralischen Grundüberzeugungen beruht«, ergab eine Umfrage von Forsa. Ein Problem, das Weihbischof Bernhard Haßlberger nicht fremd ist. »Es ist generell in unserer Gesellschaft so, dass Menschen eine Skepsis gegenüber großen Organisationen haben«, sagt der Vorsitzende der Jugendkommission der deutschen Bischofskonferenz. »Das hat wohl auch etwas mit der Geschichte hierzulande zu tun.«
    Selbst wenn man grundsätzlich nicht an Gott zweifelt, gibt es heute nur wenige Gründe, ihn in der stramm verplanten Freizeit aufzusuchen. Unsere Eltern haben uns schon in frühester Jugend daran gewöhnt, aus einem überbordenden Entertainmentprogramm auszuwählen, und die Nachmittage mit Stabhochsprung, Bratschenunterricht und Mandarin-Chinesisch vollgestopft. Heute konkurrieren traditionelle kirchliche Angebote wie die »Männergruppe Adam’s Ecke«, die »Handarbeitsgruppe Nadelöhr« oder »Frauen lesen Bibel anders«, die »Fidelen Kegelfreunde« und die »Jungen-Jungschar« mit wesentlich zeitgemäßeren Vergnügungen wie 3D-Kino, Wii-Abenden und Public Viewing. Fidel sind wir lieber unter Mitwirkung von Jagertee beim Après-Ski, wo wir mit Micki Krause »Danke für diesen guten Morgen« zum fetten Beat singen können.
    »Deutschland ist eines der am wenigsten christlichen Länder Europas, und in Berlin fühle ich mich wie in einer heidnischen Stadt.«
    Konrad Adenauer
    Alles, was keinen Spaß macht, fliegt bei uns gnadenlos von der To-do-Liste. Staubtrockene Predigten in unterkühlten Bauwerken vergangener Jahrhunderte laufen deshalb meistens unter unserem Radar. »Dass die Kirche nicht mehr attraktiv ist, hat wohl auch etwas damit zu tun, dass gerade junge Menschen unsere Gottesdienste oftmals als langweilig empfinden«, muss auch Weihbischof Haßlberger zugeben. »Da wünschte ich mir auch manchmal, dass die Lieder etwas flotter gesungen werden.«
    Aber würde ein flotteres Gemeindeleben mit seinen regelmäßigen Terminen und Pflichten wirklich noch zu unserem Lebensstil passen? Wer von uns noch getauft und in einem kirchlichen Umfeld aufgewachsen ist und nicht zufällig in einer Stadt mit boomender Wirtschaft wohnt, muss spätestens mit dem ersten Job die Heimatgemeinde verlassen. Das Einzige, was am neuen Wohnort in der meist größeren Stadt dann noch an die christliche Gemeinschaft erinnert, ist der schriftliche Monatsgruß der örtlichen Gottesvertreter. Viele könnten auf Anhieb nicht mal sagen, in welcher Himmelsrichtung die Kirche liegt, von der die Postille stammt. Für Besinnliches bleibt uns nämlich nicht viel Zeit, denn diverse Meetings, Geschäftsreisen und ständige Flexibilität zerren an Terminplan und Nervenkostüm. Wer hat abends noch Bock, sich ins Pfarrheim zu schleppen, nachdem man wieder mal die Firma gerettet und als Letzter das Licht im Büro ausgeknipst hat, eine Stunde um den Block fahren musste, um einen Parkplatz zu finden, zu Hause schnell die Fertignudelpackung aufgerissen und mit den Kindern Hausaufgaben gemacht hat?

    STEFAN ERZÄHLT
    Es ist Weiberfastnacht. Während die Jecken 11 Uhr 11 entgegenfiebern, besuche ich das Amtsgericht, um aus der Kirche auszutreten. Hinter einem aufgeräumten Schreibtisch in Zimmer 1205 erwartet mich ein Engel. Kein echter, sondern die zuständige Sachbearbeiterin, die heute als amtliche Putte geht. Sie hat sich sogar fluffige kleine Pappflügel auf den Rücken geklebt und einen Heiligenschein mit einem Stück Draht an ihrem Kopf befestigt.
    Dies scheint mir ein würdiger Rahmen, um meinen Austritt aus der Kirche zu vollziehen. Nachdem ich die vergangenen zwanzig Jahre als Passivchrist unterwegs war, habe ich meinen Glauben einer Inventur unterzogen und danach beschlossen, unter meine Kirchenmitgliedschaft einen Schlussstrich zu ziehen. Für den Engel ist das nicht viel mehr als ein formaler

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