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Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Titel: Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan;Weiss Bonner
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Messdiener, zu einer geheimen Übergabe treffen, da können wir keine Standpauke des Pastors gebrauchen.
    »Der hat andere Sorgen«, beruhigt mich Patty leise. Da hat er recht. Das ist seit langer Zeit Röttes erste Messe. Er hat vor zwei Monaten mit seinem Porsche einen Jungen von unserer Schule angefahren. Nach der Messe wird er sicher mit den Müttern rumstehen und auf die Tränendrüse drücken, also haben wir unsere Ruhe.
    Wenn wir gewusst hätten, was für ein Seniorenkränzchen uns da erwartet, hätten Patty und ich uns erst gar nicht auf die Sache mit der Konfirmation eingelassen. Oder vielleicht doch. Seitdem wir Die Ärzte auf der neuen Pioneer-Anlage von Pattys großem Bruder gehört haben, sind wir in akuter Geldnot. Patty besitzt einen alten Ghettoblaster von Sony und ich eine Kompaktanlage von Schneider, die alle Kassetten frisst und auf der »Claudia hat ’nen Schäferhund« wie ein nasser Pudel klingt. Wir brauchen beide dringend Kohle für neue Beschallungstechnik, und wir wissen, dass bei vollzogener Konfirmation ein kleines Vermögen winkt.
    Nach dem Gottesdienst radeln wir zum alten Schrottplatz am Fluss. Wir wollen uns dort um zwölf Uhr mit Norman treffen. Sein Vater ist ein hohes Tier im Kirchengemeinderat, also war es beschlossene Sache, dass sein Sohn Messdiener werden muss. Norman findet den Job als Glöckchenschüttler zum Kotzen, hat dabei aber eine ganz einträgliche Nebenverdienstquelle entdeckt: Er zockt die Konfirmanden ab. Zehn Mark im Monat sind die Schutzgebühr, sonst wird es unangenehm. Fast jeder im Ort kennt die Geschichte von Michael, dem Norman derart zugesetzt hat, dass er danach ein halbes Jahr lang nachts ins Bett gepinkelt hat.
    Die Sonne steht im Zenit. Auf dem Schrottplatz gibt es nicht viel Schatten, und wir schwitzen. Auf dem anderen Ufer bellt Paco, der Schäferhund des katholischen Pastors. Die Katholikenbude ist für uns verbotenes Terrain. Wir waren vor einiger Zeit mit »Möppi« Schulze aus der Parallelklasse zu einer Jugendveranstaltung dort. Anschließend hat uns Pattys Mutter zusammengefaltet. »Ihr seid doch evangelisch«, hat sie geschimpft, »da geht man nicht zu den Katholiken.«
    »Da kommt er«, Patty reißt mich aus meinen Gedanken. Norman rast in schwarzer Lederjacke mit dem Mountainbike heran und bremst kurz vor unseren Füßen ab.
    »Und, habt ihr das Zeug?«, sagt er.
    Patty kramt in seinem Rucksack, holt eine Videokassette hervor und reicht sie Norman.
    »Ist dieses Mal auch eine dabei, die schluckt?«
    »Ja, klar«, sagt Patty. »Hast du doch so bestellt.« Da wir beide kein horrendes Taschengeld bekommen, mussten wir lange überlegen, welchen Deal wir Norman anbieten. Die Rettung war schließlich Pattys Bruder, der in einer Videothek arbeitet. Gegen ein paar mal Autowaschen war er bereit, uns einmal im Monat einige Raubkopien zu ziehen. Seitdem bestechen wir den Messdiener mit Pornofilmen.
    Norman ist schon voller Vorfreude. »Geil«, sagt er und grinst blöd. »Schade, dass ihr nächsten Monat schon Konfirmation habt. Könnte noch mehr von dem Kram brauchen.«
    »Kein Problem«, meint Patty. »Machen wir dir für zehn Euro klar.«
    Norman steigt auf sein Rad und dreht uns noch einen wütenden Spruch rein, bevor er Leine zieht.
    Einen Monat später haben wir die Konfirmation hinter uns, und auf der Feier gab’s richtig Geld. Patty hat sich gleich die neue Anlage gekauft und treibt per Lautstärkeregler seine Eltern in den Wahnsinn. Ich habe mir keine gekauft. Meine Mutter hat die Kohle abgefangen und davon den nächsten Sommerurlaub bezahlt. Jetzt muss ich sparen. Gut, dass sich Norman noch mal überlegt hat, dass zehn Mark für ein paar heiße Streifen doch nicht zu viel sind. Damit finanziert er mir jetzt meinen Musikgenuss auf Raten.

    D ie Zweifel des Kirchenvolkes richten sich vor allem auf die Chefetage. Ist Benedikt xvi . eine Fehlbesetzung für den Stuhl Petri? In seiner ehemaligen Heimat ist der »(Un-)Fehlbare«, wie der Spiegel ihn nannte, inzwischen auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Nach einem Ärger erregenden Zitat zum Islam im Jahr 2006, dem Grundsatzpapier von 2007, das den Protestanten absprach, eine Kirche zu sein, und der Aufhebung der Exkommunikation für die ultrakonservativen Pius-Bischöfe im Jahr 2009, von denen mindestens einer den Holocaust leugnet und abstruse Theorien über Gottes Richtersprüche in die Welt setzt, hat Papst Benedikt Gläubige, Ungläubige und Andersgläubige gleichermaßen vor den Kopf

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