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Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Scheißspaghettifresser, was? He, Sie«, sagte er an Geoffrey gewandt. »Schon mal von dem gehört – Vilfriiedo Pariieto?«
    Der dicke Mann blickte Geoffrey flehentlich an. Verräterisch und verlogen schüttelte Geoffrey den Kopf. Unter keinen Umständen hätte er zugegeben, den Soziologen zu kennen.
    Der Eindringling nickte triumphierend und wandte sich an Fielding. »Und Sie?« sagte er, den Band schwenkend. »Schon mal von dem gehört?« Ebenso verräterisch, aber mehr der Wahrheit entsprechend, verneinte Fielding. Der dicke Mann erbleichte. Das Ganze lief mit so feierlichem Ernst ab, als erwartetet er das Urteil der Inquisition, nachdem die beiden Zeugen der Verteidigung zum Meineid gegen ihn angestiftet worden waren.
    Der Eindringling schnaufte schwer vor Genugtuung. Unheilvoll blätterte er in dem Buch. »Nu’ hört euch das an«, befahl er. »›Der zentrale Nu-kle-us in einem De-ri-vat (eine nicht-lo-gi-sche, ex-pe-ri-men-telle The-orie) ist ein Re-si-du-um oder eine Anzahl von Re-si-du-en, und drumherum häufen sich andere zweit-rangi-ge Re-si-du-en.‹ Was soll’n das heißen, frag ich euch? Was soll’n das heißen?« Er starrte Geoffrey wütend an, der schwach den Kopf schüttelte. »Zweit-rangi-ge Re-si-du-en«, wiederholte der Eindringling höhnisch. »Reinster Schwachsinn, wenn Se mich fragen. He, Sie« – er wandte sich erneut an den dicken Mann und schleuderte ihm das Buch auf den Schoß – »Sie sollten mit Ihrer Zeit was Besseres angefangen, als hochgestochene Bücher von Spaghettifressern zu lesen. Und wenn Sie’s nich’ sein lassen können, ja, dann kümmern Se sich gefälligst um Ihren eigenen Dreck, ja, und stecken Se Ihre Nase nich’ in anderer Leute Angelegenheit, ja?«
    Er wandte sich wieder aggressiv den anderen im Abteil zu. »Hat einer was dagegen, daß ich hier sitze, Erste Klasse, hin oder her?«
    Die Einschüchterung war so erfolgreich gewesen, daß niemand einen Laut von sich gab.
    Im selben Augenblick fuhr der Zug los.
    Den ganzen Nachmittag lang ratterte und holperte der Zug durch die englische Landschaft, in Richtung der roten Erde von Devon und der langsamen, kraftvollen Brandung des Atlantiks gegen die Küste von Cornwall. Geoffrey döste, starrte blicklos zum Fenster hinaus, dachte an seine Fuge oder grübelte mit wachsender Besorgnis über die Ereignisse des Tages nach. Die Möglichkeit – ja, so befand er, fast die Gewißheit –, daß er in unmittelbarer Nähe einen Feind hatte, machte Fieldings Gesellschaft sehr angenehm. Über das Warum und Wieso der ganzen Geschichte dachte er nur kurz nach; genaugenommen gab es da nämlich nichts zum Nachdenken. Die Geschehnisse, seit er heute morgen wie immer ganz friedlich zum Frühstück nach unten gegangen war, kamen ihm wie alptraumhafte Wahnvorstellungen bar jeder Vernunft vor. Er fragte sich schon fast, ob sie überhaupt stattgefunden hatten. Der menschliche Verstand nimmt nur solche Dinge wirklich auf, an die er sich gewöhnt hat; alles Ausgefallene berührt ihn nur auf rein oberflächliche und objektive Weise. Und so dachte Geoffrey über den Angriff auf sich nach, ohne richtig daran glauben zu können.
    Fielding und die Frau mit der Reisedecke schliefen, bebten und ruckelten wie leblose Wesen, wenn der Zug über Weichen ratterte. Der junge Geistliche starrte mit leerem Blick auf den Gang, und die Mutter wiegte ihr Kind, das in einen unruhigen Schlummer gefallen war, vermutlich von Alpträumen geplagt. Auch der Eindringling war eingeschlafen und schnarchte, das Kinn unbequem auf der Krawattennadel ruhend. Der dicke Mann beäugte Geoffrey argwöhnisch und legte den Daily Mirror beiseite, den der Eindringling ihm mit spöttischer Herablassung aufgezwungen hatte und in dem er seit der Abfahrt in Paddington unglücklich gelesen hatte. Er grinste verschwörerisch.
    »Unangenehme Reise«, sagte er.
    Geoffrey grinste zurück. »Ich fürchte, Sie sind schlimmer dran als ich. Aber es ist auf jeden Fall schlimm genug.«
    Der dicke Mann schien irgend etwas gründlich abzuwägen. Und als er wieder sprach, tat er das mit einigem Zögern. »Sir, Sie sind doch offenbar ein gebildeter Mann – ich frage mich, ob Sie mir bei einem Problem helfen können?«
    Geoffrey blickte ihn überrascht an. »Wenn es mir möglich ist, gern.«
    »Bloß ein intellektuelles Problem«, sagte der dicke Mann eilig. Anscheinend dachte er, Geoffrey könnte meinen, er wollte sich Geld borgen. »Doch ich sollte mich zunächst einmal vorstellen. Mein Name ist

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