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Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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der an ein chirurgisches Instrument erinnerte, aber von Friseuren benutzt wird, Puder aufs Kinn. Dann warf er seine Sachen wahllos in den Kulturbeutel.
    »Möchten Sie denn nicht wissen, was ich für einen Gedanken hatte?«
    »Nein«, sagte Fen im Gehen, »möchte ich nicht. Und wenn Sie noch länger in der Wanne bleiben, kriegen Sie kein Frühstück ab, das versichere ich Ihnen. Mit dem Gedanken sollten Sie sich mal beschäftigen.« Er lachte enervierend und ging hinaus.
    Für Geoffrey hatte sich die Auswahl einer Krawatte zu einer komplizierten Zeremonie entwickelt, denn es galt, seinen Anzug und sein Hemd, das Wetter und die unvollkommene Erinnerung zu berücksichtigen, was er an den vorangegangenen zehn oder vierzehn Tagen getragen hatte. Nachdem er an diesem Morgen mit einiger Ernüchterung auf die Krawatte zurückgegriffen hatte, die seine anfängliche Wahl gewesen war, betrachtete er sich länger als sonst im Kommodenspiegel. Die Wirkung, die eine Frau auf das Leben eines Mannes hat, so überlegte er, ist die, daß der Mann seinen Unvollkommenheiten größere Beachtung schenkt als normalerweise. Dennoch, er sah wirklich zehn Jahre jünger aus, als er war; das schelmisch Faunhafte seines Gesichts war, so dachte er, nicht unattraktiv; hellblaue Augen und kurzgeschnittenes braunes Haar hatten ohne Zweifel ihren Reiz … Aus seinen selbstzufriedenen Gedanken riß ihn ein von unten heraufdröhnender Gong, der, wie er vermutete, Frühstück bedeutete. Mühsam zwang er seine Aufmerksamkeit wieder Richtung Außenwelt und eilte nach unten.
    Frances, das wußte er, würde nicht da sein; sie hatte bei ihrer Mutter übernachtet, und eine nicht unfähige alte Person von schlichtem Äußeren hielt derweil die Stellung. Fen war bereits im Frühstückszimmer, als Geoffrey eintraf, und las allem Anschein nach mit Interesse eine Morgenzeitung. Dutton tauchte kurz danach auf und arrangierte mit seltsam femininem Geschick und Geschmack frische Blumen in einer Schale. Sie nahmen Platz und aßen ihr Porridge, wobei Dutton sich offenbar verpflichtet fühlte, die Unterhaltung zu führen. Nach mehreren mißlungenen Anläufen gelang ihm die Bemerkung, daß das, was geschehen war, eine schreckliche Sache sei. Das war nun gerade ein Mißgriff, da Gemeinplätze bei Fen selten gut ankamen. Er betrachtete Dutton mit Interesse.
    »Ach ja? Ach ja?« sagte er, wobei er seinen Löffel schwenkte und das Tischtuch mit Milch bekleckerte. »Ich habe Dr. Butler nicht sehr gut gekannt. Kein mitteilsamer Mann, würde ich sagen, kein einfacher Mensch.«
    Dutton blickte vorsichtig auf seinen Teller; offenbar überlegte er, ob es klug und schicklich war, über den Toten zu sprechen. »Wenig mitteilsam, ja«, gab er schließlich zu. »Und aus diesem Grund in Gefahr – verleumdet zu werden.« Diese linguistische Glanztat erfüllte ihn mit bescheidendem Stolz. Fens Interesse wuchs. Er sagte:
    »Dann war er also nicht beliebt?«
    Dutton machte rasch einen Rückzieher. »So drastisch würde ich es nicht ausdrücken. Ein Mann in seiner Position hat stets mit Mißverständnissen zu kämpfen.« Röte stieg ihm ins Gesicht und wurde von seinem gelblich braunen Haar verschluckt. Er war äußerst verlegen. Fen, selbst in seinen besten Momenten nicht gerade langmütig, gab jedes Feingefühl auf und sagte:
    »Herrgott noch mal, nun weichen Sie nicht aus. Ich möchte« – er richtete seinen Löffel auf den verschreckten zweiten Organisten – »von Ihnen hören, was Sie über das Verhältnis der Leute hier zu dem Toten wissen.« Er wurde beißend. »Die Polizei wird Sie auch danach fragen, also können Sie es mir genauso gut erzählen. Nun spielen Sie hier nicht den Taktvollen«, fügte er fast bedrohlich hinzu; und dann, auf eine zutraulichere Ebene zurückkehrend: »Herrgott, Mann; tratschen Sie denn nicht mal gern über andere Leute?«
    In Duttons Seele schien ein mächtiger Konflikt zu toben, zwischen Diskretion und Schüchternheit auf der einen Seite und dem Wunsch, freundlich zu sein und im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, auf der anderen. Unvermittelt gewann sein Wunsch die Oberhand, und er fing an zu sprechen, zunächst zögernd und dann, je mehr Freude es ihm machte, mit wachsender Begeisterung und Schwung. Fen und Geoffrey mußten eigentlich nur dasitzen und zuhören.
    »Dr. Butler«, sagte Dutton, »sah sich selbst in erster Linie als Wissenschaftler. Womit er sich befaßte, weiß ich nicht genau, aber ich denke, es hatte etwas mit Theologie zu tun.

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