Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Zusatz ein; als er sah, daß seine Anspielung nicht ankam, verfinsterte sich seine Miene.
»Ich hatte den Eindruck, daß das Verhältnis zwischen July und dem Praecentor angespannter wurde«, fuhr Dutton fort. »July entsprach nicht ganz Dr. Butlers Erwartungen. Außerdem« – er zauderte – »ist July in Frances verliebt und wollte sie heiraten. Aus irgendeinem Grund war Dr. Butler vehement dagegen – wahrscheinlich hatte er den Verdacht, daß July es auf das Geld abgesehen hatte oder so.« Ihm kam ein Gedanke. »Jetzt werden sie dann wohl doch heiraten können.«
Geoffrey dachte freudlos über diesen neuen Aspekt nach. Daß er ernsthafte Konkurrenz haben könnte, war ihm bislang nicht in den Sinn gekommen. Es war ausgesprochen beunruhigend. Dutton sagte:
»Über Peace kann ich gar nichts sagen; soviel ich weiß, ist er ein erfolgreicher Psychoanalytiker.« Er sprach das Wort vorsichtig aus, als fürchtete er, es könnte zuviel für seine Zuhörer sein. »Spitshuker und Garbin … die beiden streiten sich ohne Unterlaß, aber im Grunde verstehen sie sich sehr gut. Spitshuker kommt aus einer reichen Familie, die schon immer eng mit der Kirche verbunden war; er führt ein leichtes, vergnügliches Leben – hat nie geheiratet, er sagt, aus Überzeugung, aber ich vermute, weil niemand ihn haben will.« Er errötete vor Vergnügen über diesen ungenierten Beweis seiner weltlichen Klugheit. »Garbin ist das genaue Gegenteil – Stipendiat aus ärmlichen Verhältnissen, und seine Familie hat eher einen persönlichen denn einen traditionellen Hang zur Kirche. Ich habe ja schon geschildert, wie er zum Praecentor stand. Mrs. Garbin ist ein richtiger Drache – will alles und jeden bevormunden, ihren Mann nicht ausgeschlossen. Seltsamerweise gelingt ihr das so gut wie nicht: Sie mischt sich in alles ein, aber ohne Erfolg. Er hat immer standhaft passiven Widerstand geleistet, und mittlerweile läßt sie ihn mehr oder weniger in Frieden. Sie mochte Dr. Butler nicht, aber eigentlich« – Dutton runzelte verwirrt die Stirn – »kann man sich nicht vorstellen, daß sie überhaupt jemanden besonders mag.«
»Verbittert durch eine kinderlose Ehe?« fragte Fen.
»Oh, nein: Die beiden haben drei Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen. Garbin hätte gern gehabt, daß die Jungen in seine kirchlichen Fußstapfen treten, aber sie wollten nicht. Sie wissen ja, wie das ist.« Dutton wurde philosophisch. »Hat nicht Anatole France gesagt, daß Söhne sich die exakt umgekehrten Ansichten ihrer Väter aneignen, wie der Becher, den der Künstler nach der Brust seiner Geliebten formt?« Als ihm plötzlich aufging, was er da Ungeheuerliches gesagt hatte, wurde Dutton erneut rot und verstaute seinen Analogieschatz wieder verschämt in einem heimlichen Winkel seines Geistes. »Jedenfalls, die Söhne sind beim Militär – was die Tochter macht, weiß ich nicht; ich habe keins der Kinder je zu Gesicht bekommen.« Er zögerte. »Gibt es noch jemanden, über den Sie etwas wissen möchten?«
»Sir John Dallow«, erwiderte Geoffrey.
»Der Kanzler – ach ja. Der ist auch reich, aber so geizig wie Shylock.« Duttons Ausführungen wurden zunehmend mit literarischen Anspielungen gewürzt. »Er hat natürlich nicht schrecklich viel zu tun, aber als es hier noch eine Chorschule gab, war er dafür verantwortlich. Er ist zwar ordiniert, aber er braucht nicht mehr turnusmäßig Gottesdienste zu halten. Seit einigen Jahren entledigt er sich praktisch nach und nach selbst seines geistlichen Gewandes.« Dutton deutete mit entsprechenden Handbewegungen den Vorgang des Entkleidens an. »Er ist ein Experte für Hexerei, Dämonenverehrung – den ganzen Kram. Ebenfalls Junggeselle.« Seinem Ton nach zu urteilen, betrachtete er das Junggesellendasein ipso facto als einen Zustand des Bösen. Geoffrey konnte sich des Gedankens nicht erwehren, daß in der Brust des jungen Mannes vermutlich die Flamme des reinen ehelichen Idealismus loderte.
Fen nickte weise über seinen Toast mit Orangenmarmelade hinweg. »Das sind dann wohl alle, denke ich, zumal der Bischof und der Dechant nicht da sind. Und jetzt noch ein oder zwei Fragen zu gestern, wenn Sie nichts dagegen haben. Brooks wurde gegen sechs Uhr ermordet. Wo waren Sie da?«
»Unterwegs – auf einem Spaziergang.«
»Allein?«
Dutton nickte. »Leider ja. Ich weiß oft nichts mit mir anzufangen, jetzt, da mir die Musik untersagt ist. Ich war auf den Klippen – in Richtung Tolnmouth.«
»Und gestern abend –
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