Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
dort rauszukommen.«
    »Welche Sprache hast du benutzt?«
    »Äh… Amenglisch.«
    »Klar. Für Maschinen ist diese Sprache nicht besonders komplex. Sie ist geradezu infantil in ihrer Einfachheit. Du hast das Gefängnis bekommen, das deinem Komplexitätsniveau entspricht.«
    »Hast du wirklich erwartet, dass ich drinbleibe?«
    »Nicht ich, Micky. Die Software. Dieses Zeug arbeitet automatisch.«
    »Also gut, hat die automatische Software erwartet, dass ich drinbleibe?«
    »Wenn du ein neunjähriges Mädchen mit einem jugendlichen Bruder wärst«, sagte sie mit hörbarer Verbitterung, »wärst du dringeblieben, glaub mir. Die Systeme sind nicht darauf ausgelegt, menschliches Verhalten zu verstehen. Sie beschränken sich darauf, Sprache zu erkennen und zu evaluieren. Alles andere ist Maschinenlogik. Sie bedienen sich aus meinem Unterbewusstsein, für einen Teil der Strukturen, für den Tonfall, und sie alarmieren mich sofort, wenn es zu einem extrem gewalttätigen Ausbruch kommt, aber nichts davon hat einen realen menschlichen Kontext. DeCom geht nicht mit Menschen um.«
    »Wenn das also Nadia ist oder wer immer sie sein mag – wenn sie hereingekommen wäre und, sagen wir, altertümliches Japanisch gesprochen hätte, hätte das System sie dann in eine Zelle ähnlich wie meine gesteckt?«
    »Ja. Japanisch ist schon etwas komplexer als Amenglisch, aber für Maschinen ist der Unterschied nahezu bedeutungslos.«
    »Und sie wäre genauso wie ich sehr leicht rausgekommen. Ohne dich zu alarmieren, wenn sie subtil vorgegangen wäre.«
    »Subtiler als du, ja. Zumindest aus dem Arrestsystem. Sich durch die sensorischen Interfaces und Abschirmungen in meinen Kopf vorzukämpfen, wäre wesentlich schwieriger gewesen. Aber mit genügend Zeit und Entschlossenheit…«
    »An Entschlossenheit mangelt es ihr nicht. Du weißt, wer sie zu sein behauptet, nicht wahr?«
    Ein knappes Nicken. »Sie hat es mir gesagt. Als wir beide uns da unten dem Verhör durch die Harlans entzogen haben. Aber ich glaube, ich wusste es schon vorher. Ich hatte bereits von ihr geträumt.«
    »Glaubst du, dass sie Nadia Makita ist? Wirklich?«
    Sylvie hob ihr Glas auf und nippte daran. »Es ist schwer zu glauben, dass sie es wirklich ist.«
    »Aber du lässt sie trotzdem bis auf Weiteres die Kommandobrücke übernehmen? Ohne zu wissen, wer oder was sie ist?«
    Ein neuerliches Achselzucken. »Ich neige dazu, nach dem Verhalten zu urteilen. Sie scheint zurechtzukommen.«
    »Um Himmels willen, Sylvie, sie könnte genauso gut ein Virus sein!«
    »Nun, nach dem, was ich in der Schule gelesen habe, galt das auch für die originale Quellcrist Falconer. Hat man den Quellismus während der Siedlerkriege nicht exakt so genannt? Eine virale Vergiftung des Körpers der Gesellschaft?«
    »Ich rede hier nicht in politischen Metaphern, Sylvie.«
    »Ich auch nicht.« Sie hob ihr Glas, leerte es erneut und stellte es wieder ab. »Hör mal, Micky, ich bin weder Aktivistin noch Soldatin. Ich bin eigentlich nur eine Datenratte. Mimints und Codes, das bin ich. Bring mich mit einem Team nach New Hok, und niemand wird mich anrühren. Aber da sind wir jetzt nicht, und du weißt genauso wie ich, dass ich in absehbarer Zeit nicht nach Drava zurückkehren werde. In Anbetracht des gegenwärtigen Klimas denke ich also, dass ich mich dieser Nadia beugen werde. Weil sie, ganz egal, wer oder was sie wirklich ist, eine wesentlich bessere Chance als ich hat, in diesen Gewässern zu navigieren.«
    Sie starrte auf ihr Glas, während es sich wieder füllte. Ich schüttelte den Kopf.
    »Das bist du nicht, Sylvie.«
    »Völlig richtig.« Plötzlich wurde ihr Tonfall drastischer. »Verdammt, meine Freunde sind entweder tot oder noch schlimmer dran, Micky. Sämtliche Polizisten eines ganzen Planeten plus die Millsport-Yakuza suchen nach mir, um mit mir dasselbe zu machen. Also erzähl mir nicht, dass ich es nicht bin. Du weißt nicht, was in dieser Situation mit mir geschieht, weil du es noch nie zuvor erlebt hast, verdammt! Nicht einmal ich weiß, verdammt noch mal, was in dieser Situation mit mir passiert!«
    »Ja, und statt es herauszufinden, wirst du hier drinnen bleiben wie ein beschissener Entsagungs-Traum von einem guten kleinen Mädchen, das deine Eltern einmal hatten. Hier drinnen herumsitzen und mit deiner Einklink-Welt spielen und hoffen, dass sich draußen jemand um die täglichen Geschäfte kümmert.«
    Sie sagte nichts, sondern hob nur das nachgefüllte Glas in meine Richtung. Ich

Weitere Kostenlose Bücher