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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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für die Frau, die Sylvie Oshimas Körper trug, bevor ich wieder aufs Meer hinausschaute. Der Kater war wieder da, schlimmer als zuvor, wie es schien. »Sie kommt nicht heraus. Sie ist in kindliche Entsagungs-Scheiße zurückgefallen, um mit der Trauer klarzukommen, und sie will drinbleiben.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache.« Ich wandte mich vom Fenster ab und Tres und Vidaura zu. »Wir sind hier fertig.«
    Niemand sprach, während wir zum Skimmer zurückgingen. Wir kämpften uns schweigend gegen den Strom durch die grellbunt gekleidete Menge. Meistens genügten bereits unsere Gesichter, um uns einen Weg zu bahnen – man konnte es in den Mienen der Menschen erkennen, die hastig zur Seite auswichen. Aber in der sonnigen Wärme und der Vorfreude auf das Wasser wahrten viele nicht einmal eine oberflächliche Aufmerksamkeit. Sierra Tres verzog das Gesicht, als ihr Bein Schläge von unterschiedlichsten Strandrequisiten einstecken musste, aber entweder sorgten ihre Medikamente oder ihre Konzentration dafür, dass sie keinen Schmerzensschrei ausstieß. Niemand war an einer Szene interessiert, die Eindruck hinterlassen würde. Nur einmal schaute sie sich zu einem besonders tollpatschigen Mann um, der daraufhin praktisch die Flucht vor ihr ergriff.
    He, Leute, dachte ich mürrisch. Erkennt ihr eure politischen Helden nicht einmal, wenn sie direkt vor euch stehen? Wir sind gekommen, um euch alle zu befreien’.
    Am Hafen von Sonne & Spaß lag der Pilot auf der geneigten Flanke des Skimmers und saugte wie jeder andere die Sonne auf. Er richtete sich blinzelnd auf, als wir an Bord kamen.
    »Das ging ja schnell. Wollt ihr schon zurückfahren?«
    Sierra Tres blickte demonstrativ über die Szenerie aus buntem Plastik.
    »Siehst du hier irgendeinen Grund, warum wir bleiben sollten?«
    »He, hier ist es gar nicht so übel. Ich komme manchmal mit den Kindern rüber, und sie haben jedes Mal einen Riesenspaß. Die Leute hier sind eine gute Mischung, nicht so verdammt hochnäsig wie am Südende. Ach so, du da, Rads Kumpel.«
    Ich blickte überrascht auf. »Ja?«
    »Jemand hat nach dir gefragt.«
    Ich blieb auf der Flanke des Skimmers stehen. Die kühle Dusche der Envoy-Bereitschaft, getönt mit einem winzigen Hauch der Vorfreude. Der Kater zog sich in den Hintergrund meines Bewusstseins zurück.
    »Was hat er gewollt?«
    »Hat er nicht gesagt. Wusste nicht mal deinen Namen. Hat dich aber ziemlich gut beschrieben. Es war ein Priester, einer von diesen Verrückten aus dem Norden. Du weißt schon, mit Bart und dem ganzen Scheiß.«
    Ich nickte, und die Vorfreude loderte zu warmen, zitternden kleinen Flammen auf.
    »Was hast du zu ihm gesagt?«
    »Dass er sich verpissen soll. Meine Frau stammt aus Safran, und sie hat mir etwas von dem Mist erzählt, den sie da oben verzapfen. Ich würde diese Scheißer lieber mit Aktivdraht an ein Tang-Trockengestell fesseln, als sie auch nur anzusehen.«
    »War dieser Typ jung oder alt?«
    »Eher jung. Ziemlich würdige Haltung, falls du weißt, was ich meine.«
    Virginia Vidauras Worte gingen mir wieder durch den Kopf. Geheiligte Solo-Assassinen, die gegen Ungläubige eingesetzt werden.
    Nun ja, nicht dass du ihnen aus dem Weggegangen bist.
    Vidaura kam zu mir und legte mir die Hand auf den Arm.
    »Tak…«
    »Du fährst jetzt mit den anderen zurück«, sagte ich ruhig. »Ich kümmere mich darum.«
    »Tak, wir brauchen dich, damit du…«
    Ich lächelte sie an. »Netter Versuch. Aber ihr braucht mich jetzt für nichts mehr. Und ich habe soeben meine letzte noch verbliebene Verpflichtung in der Virtualität erfüllt. Mehr kann ich für euch nicht tun.«
    Sie sah mich unbeirrt an.
    »Ich komme schon klar«, sagte ich. »Ich reiße ihm die Kehle auf, und dann fahre ich euch sofort nach.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ist das wirklich alles, was du willst?«
    Die Worte hallten wie ein Echtzeitecho meiner eigenen Frage an Sylvie in den Tiefen der Virtualität. Ich gestikulierte ungeduldig.
    »Was gibt es denn noch? Soll ich für die glorreiche Sache der Quellisten kämpfen? Ja, richtig. Soll ich für die Stabilität und den Wohlstand des Protektorats kämpfen? Ich habe schon beides getan, Virginia, du hast schon beides getan, und du kennst die Wahrheit genauso gut wie ich. Das alles ist nur Scheiße am Stiel. Unbeteiligte Passanten, die abgeschlachtet werden, Blut und Schreie, und das alles nur, damit am Ende irgendein schmieriger politischer Kompromiss geschlossen wird. Für die Sache anderer Leute kämpfen

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