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Heiliges Feuer

Heiliges Feuer

Titel: Heiliges Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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verkaufen?«
    Ulrich zögerte. »Gib ihr die Liste«, meinte er schließlich. Therese besah sich die Liste. »Ich kann das Zeug losschlagen. Falls es in gutem Zustand ist. Wo ist es?«
    »Im Kofferraum meines Wagens.«
    Therese wirkte überrascht. »[Jimmy, du hast einen Wagen?]« »[Eine Leihgabe von Herrn Schrottplatz.]«
    »[Du hast ja hübsche Freunde.]«
    Ulrich wandte sich mit säuerlichem Lächeln an Maya. »[Bei der Aufzählung von Feinden der herrschenden Ordnung eben hab ich vergessen, die Trödelhändler zu erwähnen.]«
    »[Zwanzig große Silberstücke]«, meinte Therese gelangweilt.
    »[Dreißig.]«
    »[Fünfundzwanzig.]«
    »[Siebenundzwanzig.]«
    »[Geh und hol das Zeug. Zeig mir die Ware.]«
    »Komm mit«, sagte Ulrich und zupfte Maya am Arm.
    »Lass die Amerikanerin mal einen Moment in Ruhe«, sagte Therese, »ich möchte mich ein bisschen auf englisch unterhalten.«
    Ulrich überlegte kurz. »Mach keine Dummheiten«, sagte er zu Maya und ging.
    Therese musterte Maya kühl und abschätzend. »Magst du nette Jungs?«
    »Sie haben ihre Vorzüge, schätze ich.«
    »Also, das ist kein netter Junge.«
    Maya lächelte. »Das weiß ich.«
    »Wann bist du nach Munchen gekommen? Wann hat er dich aufgelesen?«
    »Vor drei Tagen.«
    »Was, erst vor drei Tagen, und ihr seid schon in einem Zigeunerlager und verhökert Hehlerware? Du musst hübsche Klamotten wirklich sehr mögen«, sagte Therese. »Wie heißt du?«
    »Maya.«
    »Weshalb bist du in Munchen? Wer ist hinter dir her? Die Bullen?«
    »Schon möglich.« Sie zögerte, dann beschloss sie, das Wagnis einzugehen. »Ich glaube, vor allem Leute aus dem Medizinbusiness.«
    »Medizinbusiness? Und was ist mit deinen Eltern?«
    »Nein, meine Eltern sind bestimmt nicht hinter mir her.«
    »Also«, sagte Therese mit weltmännischer Selbstsicherheit, »die Leute aus dem Medizinbusiness kannst du vergessen. Die stellen niemals Nachforschungen an, weil sie wissen, dass man sich irgendwann eh wieder bei ihnen meldet. Und die Bullen - also, solange die Eltern keinen Druck machen, lassen sich die Munchener Bullen wegen einer Ausreißerin nicht aus der Ruhe bringen.«
    »Das freut mich zu hören.«
    »Schlaf unter Brücken. Iss Brezeln. Dann kommst du schon klar. Und deinen Freund solltest du sausen lassen. Das ist ein fieser Typ. Eines Tages werden ihm die Bullen den Schädel einschlagen und in seinem Hirn rühren, als wär’s Haferschleim. Und ich werde ihm bestimmt keine Träne nachweinen.«
    »Er hat mir von den europäischen Radikalen erzählt.«
    »Munchen ist kein gutes Pflaster für dieses Thema, meine Liebe«, sagte Therese trocken. »Wie sieht eigentlich dein Haar aus, wenn du keine Perücke trägst?«
    Maya nahm Halstuch und Perücke ab und legte sie auf den Tisch.
    »Zieh die Jacke aus und dreh dich mal um«, sagte Therese.
    Maya schälte sich aus der Jacke und drehte sich langsam auf der Stelle.
    »Du hast einen interessanten Knochenbau. Gehst du oft schwimmen?«
    »Ja, das stimmt«, sagte Maya. »Ich bin in letzter Zeit viel geschwommen.«
    »Ich glaube, ein Mädchen wie dich könnte ich gebrauchen. Ich bin nicht so schlimm. Kannst dich ruhig in der Stadt nach mir erkundigen, jeder wird dir sagen, Therese ist in Ordnung.«
    »Bietest du mir einen Job an?«
    »Einen Job könnte man es nennen«, antwortete Therese. »Es geht um Mode, um Kleidung, um die Modebranche. Du weißt, worum es geht, nicht wahr? Du bekommst von mir Klamotten und einen Schlafplatz.«
    »Ich brauche wirklich einen Job«, sagte Maya. Auf einmal brach sie in Tränen aus. »Tut mir Leid«, sagte sie und wischte sich über die Wangen. »Es ist komisch, in letzter Zeit fügt sich alles. Aber bitte gib mir den Job, ich brauche einen Ort, an den ich mich zurückziehen und wo ich wieder zu mir kommen kann.«
    Therese war gerührt. »Komm her und setz dich.«
    Maya ging um den Tisch herum und nahm gehorsam auf Thereses Klappstuhl Platz. »Ich beruhige mich schon wieder, normalerweise bin ich nicht so, und ich werde auch bestimmt hart arbeiten.«
    »Beruhig dich, Mädchen, hör auf zu plärren. Erzähl mir was von dir. Wie alt bist du?«
    »Ich glaube, ich bin zwei Wochen alt.«
    Therese seufzte. »Wann hast du zum letzten Mal richtig gegessen?«
    »Das weiß ich nicht mehr.«
    Therese bückte sich und wühlte unter dem Tisch. Mit einer Tüte voller Regierungskekse und einer Mineralwasserflasche richtete sie sich wieder auf. »Hier. Iss das. Trink. Und vergiss nicht, wenn du mir auch nur eine

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