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Heiliges Feuer

Heiliges Feuer

Titel: Heiliges Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Würde eine neue Seuche auftreten, könnte es jederzeit wieder zu Pogromen kommen.]«
    »Das klingt grausam.«
    »[Grausam, aber es stimmt. Die Roma haben wahrscheinlich tatsächlich die Pest übertragen. Das ist das Komische dabei, Maya. Und weißt du, was noch komischer ist? Wären die Roma nicht selbst eingefleischte rassistische Chauvinisten, hätten wir den letzten Zigeuner schon vor Jahrhunderten assimiliert.]«
    »Du bist wirklich grässlich, Ulrich. Willst du mich schockieren? Es wird keine Seuchen mehr geben. Die Zeit der Seuchen ist vorbei. Wir haben alle Seuchen ausgemerzt.«
    Ulrich schnaubte. »[Lass dir nicht von mir die Laune verderben, Schatz. Du wolltest herkommen, nicht ich. Du hast doch die Liste mit den Sachen? Dann schau doch mal, ob sie dir was verhökern.«
    Maya entfernte sich. Sie nahm ihren Mut zusammen und näherte sich einer Zigeunerin, die hinter einem Tisch saß. Die Frau trug ein gemustertes Kopftuch und rauchte eine kurze Tonpfeife.
    »Hallo. Sprechen Sie englisch?«
    »Ein wenig.«
    »Ich habe ein paar Sachen, die nützlich für Reisende sind. Ich würde sie Ihnen gern verkaufen.«
    Die Frau überlegte. »Gib mir deine Hand.« Sie beugte sich vor, besah sich eingehend Mayas Handfläche, dann lehnte sie sich auf dem leinwandbespannten Klappstuhl wieder zurück. Sie stieß eine Rauchwolke aus. »Du bist von der Polizei.«
    »Ich bin nicht von der Polizei, Ma’am.«
    Die Frau musterte Maya von oben bis unten. »Okay, vielleicht weißt du nicht, dass du von der Polizei bist. Aber du bist ein Bulle.«
    »Ich bin keine Polizistin.«
    Die Frau nahm die Pfeife aus dem Mund und deutete mit dem Stiel auf Maya. »Du bist kein junges Mädchen. Du kleidest dich wie ein junges Mädchen, aber das ist Täuschung. Du kannst vielleicht den Kerl dort drüben zum Narren halten, mich aber nicht. Hau ab und lass dich hier nicht wieder sehen!«
    Maya entfernte sich eilig. Sie war verwirrt. Sie hielt Ausschau nach einem Händler, der kein Zigeuner war.
    Sie entdeckte eine junge Deutsche mit modisch frisiertem rötlichem Haar, wulstigen Lippen und einem großen Sortiment an Gebrauchtkleidung. Hier rechnete sie sich bessere Chancen aus.
    »Hallo. Sprichst du englisch?«
    »Aber sicher.«
    »Ich würde dir gern etwas verkaufen. Klamotten und andere Sachen.«
    Die Frau nickte bedächtig. »Das ist eine hübsche Jacke. Tres chic.«
    »Danke.«
    Die Frau starrte sie nach Art der Deutschen unverhohlen an. Ihre Brauen bildeten zwei makellose Bögen, und sie hatte lange, geschwungene Wimpern. »Du lebst in Munchen, nicht wahr? Ich habe diese Jacke am Viktualienmarkt gesehen. Du warst zweimal in meinem Laden und hast dir Klamotten angeschaut.«
    »Tatsächlich?«, sagte Maya. Ihr sank der Mut. »Ich lebe in Munchen, hier bin ich bloß auf der Durchreise.«
    »Amerikanerin?«
    »Ja.«
    »Aus Kalifornien?«
    »Ja.«
    »Los Angeles?«
    »Bay Area.«
    »San Francisco, hätte ich mir denken können. Dort stellt man solche Polymere her. Weißt du, diese Jacke hätte man binnen ein paar Stunden auch in Stuttgart anfertigen können. Und zwar besser.«
    Ulrich trat hinzu. Die Frau schaute zu ihm hoch. »Ciao, Jimmy.«
    »Ciao, Therese.«
    Sie unterhielten sich auf deutsch. »[Deine neue Freundin?]«
    »[Ja.]«
    »[Sie ist sehr hübsch.]«
    »[Das finde ich auch.]«
    »[Versuchst du, neue Ware loszuschlagen?]«
    »[Keineswegs, Schatz]«, antwortete Ulrich eilig. »[In Munchen würde ich nie was verhökern, ich will doch keine Bekannten mit reinziehen. Sie weiß es nicht besser, daher bin ich hergekommen, um die Sache zu Ende zu bringen. Ist ja nichts passiert. In Ordnung?]«
    »Sie hat dich ›Jimmy‹ genannt«, sagte Maya.
    »Manchmal reagiere ich auf den Namen«, antwortete Ulrich auf englisch.
    Therese lachte und wandte sich auf englisch an Maya. »Armes kleines Würstchen! Liebst du deinen neuen Freund? Unser Jimmy ist ein wahrer Tausendsassa. Ein wahrer Schatz.«
    Ulrich runzelte die Stirn. »Sie hat einen kleinen Fehler gemacht, das ist alles.«
    »Ich liebe ihn nicht«, sagte Maya laut. Sie nahm die Sonnenbrille ab. »Ich brauche bloß ein paar Sachen.«
    »Was denn?«
    »Kontaktlinsen. Silbergeld. Perücken. Stadtpläne. Etwas zu essen. Ein Bad. Ein hübsches warmes Bett. Und ich möchte ein wenig Deutsch lernen, damit ich nicht mehr wie eine Idiotin herumlaufe.«
    »Sie ist eine Illegale«, sagte Ulrich und legte die Hand um Mayas Oberarm. »Die Kleine ist heiß.«
    Therese musterte sie beide. »Was habt ihr denn zu

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