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Heiliges Feuer

Heiliges Feuer

Titel: Heiliges Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Archetypen beschäftigt, kommt automatisch so etwas dabei heraus.«
    »Wie sieht der Mann aus?«
    »Aus Sicht der Männer oder aus Sicht der Frauen?«
    »Aus Sicht der Frauen.«
    Eugene zuckte die Achseln. »Ich wusste, dass du das fragen würdest ... Gut, sehen wir ihn uns an.« Er entfernte ein weiteres Tuch.
    »Was ging schief?«, fragte Maya.
    »Also, das wissen wir nicht genau. Wir glauben, dass es vielleicht am Samplevorgang lag. Ich meine, da rennen ich und Franz, zwei ziemlich merkwürdige Kunsthandwerker, auf dem Marienplatz rum und bitten Fremde, die Brille aufzusetzen und einen nackten Plastikmann anzugucken ... Wir hatten ein paar Freiwillige, aber die Gruppe war zufällig zusammengesetzt, und das ist dabei herausgekommen.«
    Die Figur sah aus wie eine große, zornig blickende gehörnte Maske, verbunden mit zwei angeschwollenen Kugeln.
    »Sieht so aus, als hätten sie versucht, ihn zu kochen.«
    »Siehst du diese drei ... äh ... beinartigen Anhängsel? Eigentlich sollten sie frei im Raum schweben, aber das konnten wir natürlich nicht realisieren. Uns ist immer noch nicht klar, was eigentlich mit der Nase passiert ist; es sieht so aus, als hätten sie unmittelbar durch ihn hindurchgeguckt.«
    Maya betrachtete die Statue versonnen. Nach einer Weile verlor sich der anfängliche Eindruck von Hässlichkeit. Es fiel ihr immer schwerer, den Blick davon zu wenden. Sie spürte eine wachsende Erregung. Es war, als entstammte die Figur einem düsteren Winkel ihrer eigenen Vorstellung. »Eugene, dieses Kunstwerk übt eine starke Wirkung auf mich aus. Das kommt mir sehr ... unwirklich vor.«
    »Danke.« Eugene zuckte die Achseln. »Als wir dahinterkamen, dass es einen Fehler in der Vorgehensweise gab, verloren wir das Interesse daran. Ich glaube jetzt, dass Selbstportraits vielleicht der nächste Schritt sind. Wir werden dich scannen, dann zeigen wir dir das Ergebnis und zeichnen deinen Aufmerksamkeitsalgorithmus auf, während du deinen eigenen replizierten Körper betrachtest. Auf diese Weise können wir dein Selbstbild in dauerhaftes Plastik gießen.«
    »Ich glaube, dieser verbrühte Kugelmann wäre weniger furchteinflößend, wenn er kleiner wäre«, meinte Maya versonnen. »So klein, dass ich ihn zum Beispiel als Amulett an einer Halskette tragen könnte.«
    »Das solltest du Franz mal sagen. Franz ist bei uns für die Vermarktung zuständig.«
    Therese trat hinzu. »Franz hat gemeint, er gewährt mir einen
    Preisnachlass, wenn wir sechs Kopien von dir machen«, wandte sie sich an Maya.
    »Ich dachte, wir wollten bloß eine hübsche Puppe fürs Schaufenster anfertigen.«
    »Klar, aber wenn wir sechs Kopien machen lassen, kann ich dich weiterverkaufen. Vorausgesetzt, es besteht Nachfrage.«
    »Das Mädchen wird sich bestimmt gut verkaufen«, meinte Franz zuversichtlich.
    »Das Problem bei Schaufensterpuppen ist, dass sie nicht sehr berührungsfreundlich sind«, bemerkte Eugene. »Aber wir haben uns große Mühe mit den Oberflächen gegeben. Die neuen Beschichtungen fühlen sich an wie nasse Robbenhaut.«
    Therese gab einen Laut des Abscheus von sich. »Wir wollen nicht, dass die Leute die Puppen betasten, Eugene. Dabei zerknittern sie bloß die Klamotten.«
    Eugene wirkte enttäuscht. Er überlegte, ob er etwas erwidern sollte, dann sah er auf die Uhr. »Also, ich kann nicht länger bleiben, ich muss mich mit einem Hund treffen ...« Er sah Maya an. »Hat mich gefreut, dich kennenzulernen. Es war richtig nett, mit dir zu plaudern. Hättest du vielleicht Lust, am nächsten Dienstag im Tete du Noye in Prag vorbeizuschauen, falls du nicht zu viel zu tun hast? Weißt du, wo das ist?«
    »Nein.«
    »In der Prager Altstadt, der Staromestska. Das Tete ist ein Treffpunkt für Kunsthandwerker. Wir sind ein recht munterer Haufen und treffen uns einmal im Monat in Prag. Ich glaube, jemand wie du würde gut dazupassen.«
    Franz und Eugene lieferten die sechs Mayas am folgenden
    Montag ab. Eugene hatte Schultern, Knie, Ellbogen und Hüften mit Gelenken versehen. Den Schädel hatte er virtuell bearbeitet, sodass die fertigen Schaufensterpuppen kahlköpfig waren.
    Der Laden verfügte nun über sechs große Plastiknackte mit leicht verwundertem Gesichtsausdruck. Jede Puppe wog nur etwa fünf Kilo, sodass man ihre Füße beschweren musste, damit sie nicht umfielen.
    Maya und Klaudia verbrachten den Tag damit, die Plastikpuppen anzukleiden, ihnen Perücken aufzusetzen, sie zu schminken und vor dem Laden in Position zu

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