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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Kabinenluft in den Speicher und traten durch die Schleuse. Ein paar Eiskristalle zersprangen und fielen wie Steinsplitter auf den Boden des Flussbetts.
    »Ich erinnere mich daran«, sagte Charles über Funk. »Es hat sich nichts verändert. Die Sandmuster sind natürlich anders, und es hat wohl ein paar Mal einen Erdrutsch gegeben …, aber es sieht wirklich vertraut aus. Ungefähr hundert Meter weiter ist die Stelle, an der ich am liebsten nach Fossilien gesucht habe. Mein Vater hat sie mir gezeigt.«
    Charles teilte mir die Geräte zu, die ich tragen sollte, nahm meine Hand, und wir marschierten los. An einer unversehrten Stelle der Felswand konnte ich deutlich zwei verschiedene Schichten von Ablagerungen erkennen. Oberhalb des blassgelben Kalksteins lag eine ein Meter breite graubraune Schicht, unterhalb des Kalksteins eine grauschwarze Schicht, die etwa fünfzig Zentimeter breit war.
    Inzwischen überquerten wir die glatt geschabten Ebenen, die mit Sand bedeckt waren. Hier lag der älteste Kalkstein und darunter der Grund des Gläsernen Meers. Ich sog scharf die Luft ein, es war wie ein Schluckauf. Ich war selbst erstaunt, wie sehr mich dieses Naturerlebnis berührte. Das war der alte Mars, wie er damals gewesen war, als er als Planet noch lebte … Er hatte nur anderthalb Milliarden Jahre lang gelebt.
    Immer noch war umstritten, wo zuerst Leben entstanden war. Die Marsbewohner behaupteten, es sei zuerst auf dem Mars entstanden. Die Erdbewohner bestritten das. Allerdings war die Erde eine Welt mit viel mehr Gewalt und Energie gewesen. Sie lag näher bei der Sonne und war von einer Strahlung bombardiert worden, die sehr viel größere Zerstörung in sich barg … Der Mars hatte in viel größerem Abstand zu seinem jungen Stern seine Bahn gezogen und war schneller abgekühlt. Seine Dampfwolken waren zweihundertfünfzig Millionen Jahre früher zu Meeren kondensiert.
    Wie die meisten loyalen Marsianer glaubte ich, dass das erste Leben innerhalb des Sonnensystems auf dem Mars entstanden sein musste. Ich lief über Treibsand, der nur fünf oder sechs Zentimeter über der Grabstätte jener frühen Lebewesen lag.
    »Hier ist es«, sagte Charles und verschwand im tintenschwarzen Schatten eines gefährlich wirkenden Felsüberhangs. Ich blickte besorgt nach oben. Charles bemerkte meinen Gesichtsausdruck, als er sich bückte und seine Spitzhacke herausholte. »Mach dir keine Sorgen«, beruhigte er mich. »Das sah hier schon in meiner Kindheit so aus. Kannst du mal leuchten?«
    Wir arbeiteten im Schein der Taschenlampen. Charles stemmte eine Platte aus dickem, bröckeligem Kalkstein los. Ich half ihm dabei, sie anzuheben und an der Seite abzusetzen, der Stein war zwanzig oder dreißig Kilo schwer. Charles reichte mir die Spitzhacke. »Du bist dran. Es liegt unter dieser Schicht. Etwa einen Zentimeter darunter.«
    Ich schlug mit der Spitzhacke erst vorsichtig, dann energischer auf die Oberfläche ein, bis sie zersprang und ich die Bruchstücke greifen und wegschieben konnte. Auf diese Weise legte ich zwei Handbreit frei, während Charles die Lampe hielt. Ich spähte durch zwei Milliarden Marsjahre hindurch und sah das Schatzkästchen der Vergangenheit wie zu einer dünnen Schicht zusammengepresst, hauchdünn wie ein Farbanstrich. Die Schicht hob sich schillernd gegen die dunkleren Streifen ab, die von den quarzhaltigen Meeren stammten.
    Sie waren rund, länglich, würfel- oder pyramidenförmig, hatten jede nur denkbare Form und waren von prächtigem Gefieder und langen Halmen umgeben, die in dünnen, ineinander greifenden Wurzeln endeten: Die uralten Geschöpfe des Gläsernen Meeres wirkten wie Illustrationen eines alten Buches. Im Schein der Taschenlampe glitzerten sie in allen Regenbogenfarben. Ich stellte mir vor, wie sie sich durch die suppigen Meere bewegt und ihre kleineren Artverwandten erst ausgewählt und dann verspeist hatten.
    »Manchmal haben sie sich auch von ihren Halmen gelöst und sind frei im Meer umhergetrieben«, sagte Charles. Das wusste ich zwar schon, aber es machte mir nichts aus, es noch einmal von Charles zu hören. »Die größten Kolonien haben sich vielleicht über einen Kilometer hingezogen. Sie trieben in Gruppen umher und streckten purpurrote Fächer aus dem Wasser, um das Sonnenlicht einzufangen …«
    Ich langte mit meinen behandschuhten Fingern nach unten, um sie zu berühren. Sie waren an ihrem Totenbett festgeklebt, auch nach all diesen Äonen waren es zähe Geschöpfe.
    »Sie sind toll«,

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