Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
eng. Im Badezimmer aus grünem Marmor blieb Wüllner eine Weile stehen und meinte, wenn man so vor dem Bade stünde, könnte man nicht widerstehen, hineinzuspringen. Aber als Frau Lancke das Wasser einlaufen lassen wollte, winkte er doch ab. Zum zweiten Mal kam es ihm zum Bewußtsein, wie einsam er in all diesem teils ererbten, teils selbst angeschafften Prunk gelebt hatte.
    »Sehe ich Sie morgen früh?« riß ihn Frau Lancke aus seinen Gedanken. »Oder wollen Sie wieder so ohne Gruß – wie damals – abreisen?«
    »Noch nicht vergessen?« lächelte Heinz.
    »Das vergesse ich Ihnen nie. Einfach nach Rußland zu fahren, ohne Nachricht und Abschied.«
    »Nein, diesmal sage ich auf Wiedersehen.« Er ging noch einmal ins Herrenzimmer, öffnete eine Seitenklappe am Bücherschrank und entnahm einen kleinen dicken Buddha aus Jade. Mit breitem Grinsen sah die winzige Gestalt ihn an.
    »Mein kleiner Buddha. Hätte ich dich nicht gehabt, wäre ich damals nicht aus Tibet herausgekommen. Nun bringe jemand anderem Glück.«
    Damit steckte er ihn in die Jackettasche, ging nach einem langen Blick auf das Bild seines Vaters aus dem Zimmer, zog seinen Mantel an, nahm eine bereitgestellte Flasche Wein unter den Arm und verließ die Wohnung.
    Als er bei Hilde in das Atelier trat, wehte ihm schon an der Türe der Duft von gebratenem Fleisch entgegen. Er gab der am Herd hantierenden Geliebten einen langen Kuß und stellte die Weinflasche unter der Wasserleitung kalt.
    »Warum läßt du das Wasser laufen, Heinz?« fragte Hilde aus der Kochnische.
    »Ich kühle mir den Puls«, antwortete er trocken und drehte die Flasche um.
    Hilde sah erstaunt auf und lugte um die Ecke.
    »Den Puls? Bei zehn Grad Kälte kühlst du dir den Puls! Was soll das wieder für eine Idee sein?«
    Heinz stellte den Wasserstrahl auf klein und setzte sich an den großen Tisch im Atelier. Das schräge Fenster war verdunkelt; nur der Drache, der mit seinen Phosphoraugen vom Geburtstag übriggeblieben war, grinste ihn von der Wand an. Sonst war alles so gedeckt, als erwarte eine Hausfrau ihren Gatten – eine Tischdecke war da, ein Blumenstrauß, Teller, Tassen, Besteck. Das einzige, was noch fehlte, waren die Zeitung und leise Tafelmusik.
    Wüllner aber sorgte auch dafür. Er entnahm seiner Jackettasche eine Zeitung, ging zum Radio und stellte den Deutschlandsender ein, der mit der Musik zur Dämmerstunde eine stille Feierlichkeit im Raum verbreitete. Dann setzte er sich in die Nähe der jetzt wieder kleinen Hausbar, knipste die Leselampe an und begann, ganz gemütlich die Zeitung zu lesen. Vom Nebenzimmer hörte er Hilde mit Tellern und Töpfen klappern, und alles war so, als sei er schon jahrelang verheiratet und habe es bisher gar nicht anders gekannt'.
    Es dauerte nicht lange, da trug Hilde auf einer Platte den Braten ins Zimmer.
    »Angebrannt?« fragte Heinz und feixte.
    Hilde streifte ihn mit einem höhnischen Blick, als wollte sie sagen: Armer Knabe, mir und anbrennen! Laut aber sagte sie:
    »Wenn er angebrannt wäre, müßtest du ihn trotzdem essen.«
    Heinz schälte sich aus seinem Sessel, ging zum Tisch, setzte sich und wartete geduldig auf das Stück Fleisch, das Hilde ihm zuteilte, und auf das Gemüse, das sie auf seinen Teller klatschte.
    »Klitsch! Mein Vater ist Maurer!« sagte sie dabei und bohrte in das Gemüse ein Loch, in das sie die Soße goß. Und Heinz lächelte über dieses Mädchen, das sich schon ganz als seine Frau benahm und im Grunde doch noch so sehr ein junges Mädchen war. Er überlegte manchmal, ob es richtig sein würde, solch ein unbekümmertes und verspieltes Menschenkind schon jetzt in eine Ehe zu führen.
    Hilde, die schon zu essen begonnen hatte, sah auf.
    »Schmeckt's dir nicht? Du ißt ja gar nicht.«
    »Ich habe über etwas nachgedacht.«
    »Du sollst nicht denken, sondern essen!« Aber dann brach doch die weibliche Neugier hervor. »Darf man wissen, an was mein Schnöselchen gedacht hat?«
    »An dich. – Ich fragte mich, wie alt du bist!«
    »Dir kommen manchmal komische Gedanken. Und dabei hast du meinen Geburtstag selbst mitgefeiert. Dreiundzwanzig Jahre!«
    »Äußerlich. Aber wie alt bist du innerlich?«
    »Vielleicht hundert!«
    »Typisch!« lachte Heinz. »Mir scheint, du bist keine achtzehn.«
    »Und warum?«
    »Weil du immer und ewig ein kleiner Satan bleiben wirst, wie ich …«
    »Wie du, mein ewiges Schnöselchen«, fiel ihm Hilde ins Wort.
    »Darauf müssen wir trinken«, erklärte Heinz feierlich und holte aus

Weitere Kostenlose Bücher