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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dieser kritischsten Stunde lag Wüllner im Gefechtsstand des Abschnittskommandanten von St.-Vith, jenem kleinen Eifelstädtchen, das für Wochen zum Brennpunkt der Schlacht im deutschen Westen wurde.
    Die Stimmung der Truppe war auf den Nullpunkt gefallen. Die Munition wurde knapp, die Meldungen aus dem Osten überschlugen sich, Ungarn fiel in russische Hände und der Seekrieg ging über in eine völlige Blockade Deutschlands. In der Luft heulten Tausende fliegende Festungen ungehindert bis in die fernsten Winkel des Reiches, zertrümmerten die Industrie, zermalmten die Schienenwege, pulverisierten die Kolonnen, die kilometerweit die Landstraßen verstopften.
    Das Ende des ›Dritten Reiches‹ stand flammend wie ein Fanal am Himmel. In den Bunkern im Westen lagen sie verdreckt, mutlos, auf verlorenem Posten, ohne die notwendigen Waffen, fast ohne Verpflegung, und die Uniformen fielen zerfetzt von den Leibern. Doch stellte man das Radio an, so hörte man Hinkefuß Goebbels von Sieg und Glauben schreien, vom Aushalten und von neuen phantastischen Waffen.
    Und drehte man weiter am Radioknopf, so vernahm man die Stimme eines anderen Herrn, der einst als kleiner Architekt begann und heute die gesamte Bewaffnung unter sich hatte, und dieser Minister sprach: … Der Luftkrieg macht uns nichts aus … Wir haben Waffen noch und noch, ja, wir haben die Produktion sogar gesteigert …
    Nur war es merkwürdig, daß der Soldat an den Fronten die Patronen zählen mußte, daß ein Maschinengewehr in einer Nacht nicht mehr als 50 Schuß schießen durfte, daß die vorderen Linien kaum noch Artillerieunterstützung erhielten, und daß es einer langen Meldung und Begründung bedurfte, forderte man vom Troß neue Munition an! Wenn man schon versuchen wollte, Panzer zu bauen mit Holzgasantrieb – lächerliche Vehikel, die vermutlich in der Schlacht vom Fahrer mittels eines Stochereisens in Fahrt gebracht werden mußten –, wenn man schon von Plänen hörte, U-Boote mit diesen Kesseln zu bauen und das Schiff für die Überwasserfahrt mit mehr Holzsäcken als Torpedos zu füllen, dann sah auch der dümmste Soldat der deutschen Wehrmacht ein, daß sein Opfer Wahnsinn war.
    In diesen Tagen der Dumpfheit und des Wartens auf den Zusammenbruch saß Heinz Wüllner in Volhagen beim Stab einer schnell aufgestellten Volksgrenadierdivision, einer Truppe aus Kindern und Greisen, die alles andere konnte als dem Druck eines Gegners standzuhalten, der seine besten Jahrgänge ins Feuer warf und seine ausgeruhtesten Truppen als Stoßkeil benutzte.
    Da es gerade ein stiller Tag war und das trübe Wetter die Jagdbomber an einem konzentrierten Einsatz hinderte, bummelte Heinz durch die Gassen des halb zerschossenen Eifeldörfchens Volhagen und betrachtete die alten, über Jahrhunderte vererbten Fachwerkhäuser, die jetzt, von der Faust des Krieges zerdrückt, windschief und zerborsten nur noch wenig von ihrer alten würdigen Schönheit ahnen ließen.
    So näherte er sich bei seinem Rundgang wieder der Stabsbefehlsstelle und traute seinen Augen kaum, als sich ein Omnibus um die Ecke quälte, aus dem ein Schwarm junger, frischer Nachrichtenhelferinnen den Soldaten ausgelassen zuwinkte.
    Wüllner schüttelte den Kopf. Wir brauchen Waffen, Munition, Benzin, Öl, Flugzeuge, Panzer, Lastwagen, dachte er, aber keine Mädchen, die den Jungen nur die Köpfe verdrehen.
    Wußten sie denn in den Stäben nicht, wie es um die Front bestellt war? Daß hier in wenigen Tagen die Hölle sein würde? Daß diese Mädchen mit den lustigen lachenden Gesichtern sich in ein paar Stunden vor Angst verkriechen würden, wenn die Bomben und Granaten explodierten?
    Heinz Wüllner taten diese Mädchen leid. Er trat auf den Wagen zu, reichte der ersten die Hand und hob sie vom hohen Trittbrett zur Erde.
    »Na, was wollt ihr denn hier?« fragte er und reichte der zweiten die Hand, »hier gibt es keine Modekorsos und kein Café mit Torten! Hier wird scharf geschossen.«
    »Na, tu man nich so, Männeken – ick weeß, dat et knallt!«
    »Na, denn man ran! Wenn de Neese in Gips liecht, wirste von alleene hell!«
    Das Mädchen juchzte auf, fiel Heinz um den Hals und brüllte: »'ne Berliner Pflanze … Kinder, dat ick dat hier in dem Kaff erleben kann!« Und sie gab ihm einen schmatzenden Kuß auf die Wange.
    Inzwischen hatte es sich herumgesprochen, daß ein Transport Mädchen eingetroffen sei. Der Platz war bald angefüllt mit erwartungsvollen Landsern, die sich nun auf den Wagen

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