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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auch aus. Die Wirklichkeit übertrifft diese Annahme. Meine Tochter ist Studentin der Medizin in Bonn.«
    Hilde war über die Freundlichkeit des alten Obersten erfreut und meldete militärisch kurz:
    »Nachrichtenhelferin Hilde Brandes, 3. Kompanie Sondereinsatz B, meldet sich zum Einsatz. Darf ich Herrn Oberst dieses Schreiben überreichen.«
    Luchwitz lachte über das frische Mädchen und zwinkerte Wüllner zu, dem plötzlich ein toller Gedanke durch den Kopf fuhr.
    »Gratuliere«, sagte Luchwitz, aber Heinz hatte seinerseits auch Haltung angenommen und sah dem Oberst fest ins Gesicht:
    »Ich habe Herrn Oberst eine Bitte zu unterbreiten.«
    »Legen Sie los, Wüllner.«
    »Für meine Aufnahmeapparatur fehlt mir seit Tagen ein technischer Assistent, nachdem Gefreiter Werner an der Ruhr erkrankte. Ich bitte Herrn Oberst um Zuweisung eines im funktechnischen Gebiet ausgebildeten Assistenten.«
    Oberst Luchwitz sah Wüllner verständnisvoll an, während Hilde völlig gegen ihren Willen über und über rot wurde.
    »Sie Lümmel«, meinte Luchwitz. »Das nenne ich eine glatte Erpressung. Sie wissen, ich habe keinen Assistenten zur Hand, sonst hätten Sie schon vor Tagen einen erhalten.«
    »Darf ich Herrn Oberst darauf aufmerksam machen, daß soeben ein Wagen mit fünfzig Assistenten eingetroffen ist.«
    »Mädchen, Oberleutnant Wüllner.«
    »Aber ausgebildet für den technischen Funkdienst, Herr Oberst.«
    »Für die Division, nicht für den Fronteinsatz in der HKL. Das Schlachtfeld ist Männersache.«
    »Ich bitte Herrn Oberst, eine Rundfrage zu erlassen. Ich möchte selbst nur eine freiwillige Meldung haben. Ich bin mir der Gefahren bewußt.«
    »Ich wüßte nicht, welches der Mädchen eine immerhin zeitgemäße Bequemlichkeit beim Stab gegen ein Lehmloch an der Front eintauschen würde.«
    »Darf ich Herrn Oberst eine Meldung machen? Meine zukünftige Gattin, Fräulein Brandes, zur Zeit Nachrichtenhelferin im Sondereinsatz B, meldet sich freiwillig zum Einsatz in der HKL als Assistentin.«
    Oberst Luchwitz, den dieses Spiel sichtlich amüsierte, wandte sich an Hilde:
    »Stimmt das, Fräulein Brandes?«
    Militärisch kurz, hart und laut kam die Antwort:
    »Jawohl, Herr Oberst!«
    Da mußte Luchwitz laut lachen und faßte Hilde unter.
    »Erst trinken wir drei eine Flasche Mosel auf das Wiedersehen und auf die Frechheit meines Kriegsberichters, von dem ich übrigens schon allerhand gewohnt bin …«
    Er führte Hilde in ein leidlich erhaltenes Fachwerkhaus, dessen größter Raum angefüllt war mit Drähten, Telefonen, Empfängern, Morseapparaten und Tischen, über denen lange und breite Karten lagen, besteckt mit Fähnchen und abgegrenzt mit bunten Fäden.
    »So sieht ein Gefechtsstand aus«, erklärte Luchwitz und steuerte mit Hilde durch das Gewühl der Offiziere und Ordonnanzen einem kleinen Raum zu, der sich im Hintergrund an das große Zimmer anschloß. Hier hatte der Oberst ein einfaches Bett stehen, einen wackligen Tisch, ein Regal mit Büchern, einen mit Uniformstücken behangenen Kleiderständer und drei schadhafte Stühle. An der Wand stand eine große Kiste, aus der er jetzt eine Flasche Wein holte. Er schraubte den Korkenzieher seines Taschenmessers in den Korken, sagte gemütlich: »Nehmt Platz, Kinder!« und legte damit seinen Kommandeurston ab. »Gleich macht es flumm, und der Wein funkelt nicht in Pokalen – wie Schiller sagt – sondern an der blechernen Wand eines Feldflaschentrinkbechers.«
    Während sich Hilde und Heinz setzten, stellte Luchwitz drei Becher auf den Tisch und goß sie voll Wein.
    »Kinder, ich weissage sonst nicht, aber ich glaube, dieser Wein ist der letzte, den wir hier trinken. Mir kommt die Stille nicht ganz geheuer vor. Unsere Spähtrupps melden zwar nur Truppenzusammenziehungen im Raum Volhagen, aber als altes Frontschwein sagt mir mein Gefühl, daß wir die längste Zeit an der Flasche genuckelt haben.«
    Hilde fand diesen alten Offizier mit seinen typischen Frontreden prachtvoll. Keine Aufgeblasenheit, keine dumme Borniertheit, wie sie junge Offiziere an den Tag legten, die, kaum aus der Kriegsschule entlassen, schon ein selbständiges Kommando übernehmen sollten und sich einbildeten, die ganze Welt drehe sich um sie und um ihre Befehle, die nur sie selbst für genial hielten.
    Oberst Luchwitz hob den Becher und stieß mit Hilde und Heinz an.
    »Auf daß wir die Heimat wiedersehen, Kinder! Ihr euer Berlin mit der Siegessäule, ich mein Köln mit dem Dom und den

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