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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stürzten und sich gegenseitig an Hilfsbereitschaft überboten.
    Wüllner, der durch diesen Ansturm vom Wagen gedrängt wurde, blieb ein wenig abseits stehen, um den Trubel zu beobachten. Er dachte schon daran, sein Mikrofon zu holen und eine kleine, nette Aufnahme zu machen von dieser sprudelnden Lustigkeit im Angesicht des Grauens, da wurde er von hinten umfaßt. Jemand hielt ihm die Augen zu.
    »Wer ist das?« fragte eine merklich verstellte, tiefe Stimme. Heinz, der solche Kinderscherze nur von seinen unmittelbaren Kameraden gewöhnt war, mußte lächeln. Die Burschen wurden doch nie vernünftig! Spielten Blindekuh und waren doch Offiziere. Und dann solch einen Blödsinn im Angesicht der Mädchen!
    So sagte Heinz seine Namensreihe herunter.
    »Peter?«
    »Nein!« grunzte die Stimme.
    »Fritz?«
    »Auch nicht.«
    »Von Hollander?«
    »So vornehm bin ich nicht!« meinte die Stimme.
    Aha, das war ein gewohnter Ton.
    »Willi!«
    »Schlecht geraten.«
    Die Stimme gluckste. Wenn das nicht der dicke Reiter von der ersten Schwadron war.
    »Lutz! Du Freßsack!«
    »Hier hat keiner gefressen! Und dämlich biste auch!«
    Wüllner horchte auf. Das war eine Anlehnung an Berliner Laute. Aber im ganzen Offizierskreis gab es Berliner. Oder sollte etwa der kleine Schauspieler …?
    »Ich hab's«, sagte er fest, »der Herr Staatsschauspieler Edmund!«
    »Daneben, Herr Kriegsberichter!«
    Heinz fuhr herum. Die tiefe Stimme war auf einmal hell, klar und mädchenhaft. Diesen Laut kannte er, diese schwingende Stimme, diesen Lausejungenton …
    Dann stand er steif. Starrte auf ein Mädchen in einer grauen Uniform, unter deren Käppi ein Schwall blonder, wilder Locken hervorquoll, die auf der Schulter in Ringeln ausliefen. Ein Paar blauer Augen blitzten ihn an, zwei Arme hoben sich ihm entgegen, und eine leise und so vertraute Stimme sagte zu ihm:
    »Ich hab' es dir versprochen … bald sehen wir uns wieder, mein Schnöselchen …«
    »Hilde!«
    Es war mehr ein Schrei des Entsetzens als der Freude. Dann riß Heinz die Geliebte in seine Arme und küßte ihre Lippen, ihre Augen, fuhr mit den Lippen über die blonden Kringel und drückte den zarten Körper fest an sich.
    »Hilde …«
    Nur dieses eine Wort konnte er sagen. Selbst die spottsüchtigen Kameraden, die sonst jede Gelegenheit zum Anlaß ihrer Witze nahmen, hielten sich im Hintergrund, weil sie ahnten, daß so etwas hier nicht angebracht war.
    Nach dieser ersten Überraschung kam Wüllner der nüchterne Verstand zurück. »Wie kommst du zu den Nachrichtenhelferinnen?«
    »Ich habe mich gemeldet.«
    »Und warum?«
    Hilde machte eine Pause. Sollte sie ihm jetzt die volle Wahrheit sagen? Nein, dazu war der Ort zu nüchtern, die Umgebung zu öffentlich.
    So sagte sie nur:
    »Ich wollte auch meine Pflicht tun!«
    »Pflicht! Pflicht! Es war Wahnsinn, sich zu melden. Wie kommst du ausgerechnet nach Volhagen?«
    »Du schriebst mir doch, daß du hier liegst. Frau Lancke, die alle Briefe von dir an meine Dienststelle weiterleitete, hat mir dann mit ihren Verbindungen über ihren Vetter im Generalstab …«
    »Vetter im Generalstab … deine Dienststelle … Verbindungen … was soll das alles? Hast du dich freiwillig gemeldet?«
    »Ja.«
    »Und warum? Weil ich hier bin?«
    Hilde überlegte. Sagte sie jetzt ja, und das war die Wahrheit, so begann er zu schimpfen. Sagte sie nein, so mußte sie eine Begründung haben, und die war plötzlich schwer zu finden. So flüchtete sie sich wieder in ihre Frechheit und sagte:
    »Auf der Uni las ich ein Buch über Eifelbauern. Manches, was man da über das strenge Leben schrieb, glaubte ich nicht. Da wollte ich mich persönlich davon überzeugen … rein studienhalber natürlich.«
    Wüllner hatte keine Zeit, etwas darauf zu entgegnen; denn in diesem Augenblick trat Oberst Luchwitz, der Abschnittskommandeur, aus seinem Befehlsstand. Ohne sich um die anderen Mädchen zu kümmern, die ihn militärisch grüßten und – ihr Gepäck vor den Füßen – auf das Weitere warteten, steuerte er auf Wüllner und Hilde zu. Er grüßte Hilde bereits zwei Meter im voraus, ehe er sich leicht verbeugte.
    »Luchwitz«, stellte er sich vor und blinzelte ihr zu. »Wenn ich mich nicht täusche: Fräulein Brandes?«
    Hilde staunte den Oberst an.
    »Sie kennen mich, Herr Oberst?«
    »Bildlich, Gnädigste, nur bildlich. Oberleutnant Wüllner hat Sie auf seinem Tisch stehen. Jedesmal, wenn ich an dem kleinen Ständer vorbeigehe, sage ich mir: So ähnlich sieht meine Tochter

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