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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Luchwitz ist einverstanden.«
    »Aber ich nicht mehr! Luchwitz werde ich umstimmen.«
    Hilde wirbelte herum. »Dann werde ich mich zu einer anderen Einheit melden.«
    »Das lasse ich nicht zu!«
    »Ich tue, was ich für richtig halte.«
    »Du bist meine Braut!«
    Heinz Wüllner wandte sich an Wilhelm von Stohr:
    »Was sagst du dazu?«
    »Daß es Wahnsinn ist, junge Frauen wie Hilde an die Front zu schicken. Aber lieber nähme ich sie zu mir, als daß sie bei einer fremden Einheit landet; denn daß alle Wehrmachtsangehörigen, die hier sind – ob Mann oder Frau –, auf jeden Fall in Feindberührung kommen, darauf kannst du Gift nehmen. Die Amerikaner werden uns schneller überrollen, als uns lieb ist.«
    Draußen, im anderen Zimmer, gingen die Ordonnanzen ein und aus, surrten die Telefone und klapperten die Morseapparate. Melder brausten auf ihren Motorrädern um die Ecken. Der ganze Ort Volhagen glich einem aufgestocherten Ameisenhaufen.
    Nur eine Person inmitten des Wirrwarrs schien die Ruhe selbst: Oberst Luchwitz saß an seinem Befehlstisch über die Karten gebeugt und befahl mit gefaßter Stimme die Verschiebungen und Einsätze der ihm unterstellten Truppen.
    Im engen Nebenstübchen erzählte Wilhelm von Stohr:
    »Im Lazarett hatte man mich nach zwei Blutübertragungen glücklich am Leben gehalten und langsam, unendlich langsam, schloß sich der Amputationsstumpf, nachdem ich noch einmal nachamputiert wurde. Wie es in einem Lazarett aussieht, wie man die Massage macht, die Gymnastik, auf welch faule Gedanken man kommt und wie man vor allem die Schwestern ärgert, das alles wißt ihr ja. Dann kam der 20. Juli. Der Anschlag. Erst war ich platt. Wenn das geglückt ist, sagte ich mir, wenn die Bombe die ganze Bude in die Luft gefeuert hat, mein Gott, dann ist in einer Woche Frieden, und du kannst heim zu deinen Kindern und deiner Frau. Aber die Sache ging daneben. Hitler lebte weiter, Himmler wurde Befehlshaber des Ersatzheeres, der deutsche Gruß wurde auch beim Kommiß eingeführt. Todesurteile wurden zur Tagesration ausgegeben, das Durcheinander erreichte seinen Höhepunkt. Im Lazarett lag ich zusammen mit einem Offizier vom Stabe Jodl, dem ein Bombenangriff das linke Schienbein zertrümmerte. Für ihn war der Anschlag nichts Neues mehr, er hatte ihn schon längst erwartet. Wie so viele glaubte auch er, es hätte die letzte Rettung sein können für Deutschland. Heute wissen wir alle, daß dies ein Irrtum war. Ob mit oder ohne Hitlermord – wir wären in keinem Fall um den völligen Zusammenbruch herumgekommen. Niemand konnte das bittere Ende verhindern, das uns jetzt bevorsteht. Eigentlich sollte ich zum Stab der PK kommen. Aber als ich erfuhr, daß du vor St. Vith stehst, rannte ich Dr. Weithagen im Propagandaministerium so lange die Bude ein, bis man mich nach hier abkommandierte.«
    Wüllner hatte gestutzt, als Stohr den Namen Dr. Weithagen nannte.
    »Wieso Weithagen? Ist Dr. Elbers nicht mehr im Amt?«
    Kriegsberichter von Stohr sah zur Seite.
    »Du weißt es noch nicht?«
    »Nein! Was denn?«
    »Dr. Elbers ist tot!«
    Leise schrie Hilde auf und klammerte sich an Heinz.
    »Tot?«
    »Ja.«
    »Gestapo?«
    »Nein. Selbstmord. Auch Dr. Curtius. Beide sollten am nächsten Morgen verhaftet werden. Das müssen sie erfahren haben. Bei Dr. Elbers fand man belastendes Material gegen einen Kriegsberichter Heinz Wüllner.«
    »Heinz!« Hilde rief es so laut, daß selbst Oberst Luchwitz im Nebenraum einen Augenblick von seinen Karten aufsah und zur Tür blickte.
    »Material gegen mich?«
    »Ja, du stehst auf der Liste.«
    Da mußte Heinz Wüllner lächeln.
    »Hier draußen holt mich keiner. Wenn ich zurückkehre in den Schoß der Heimat, lebt kein Mann mehr, der ein Todesurteil unterzeichnen kann. Es geht um Wochen, vielleicht nur um Tage.«
    »Man kann dich vorher noch verhaften!«
    Ängstlich klammerte sich Hilde noch immer an den Arm von Heinz.
    Oberst Luchwitz trat ins Zimmer, groß, breit, behäbig, ein wandelnder Berg.
    »Was ist denn, Kinder? Krach im Hinterhaus?«
    Die beiden standen stramm. Wüllner meldete ernst: »Nein, Herr Oberst. Aber ich erfahre soeben, daß die Gestapo schuldig am Tode zweier meiner Freunde ist und ich selbst unter Beobachtung stehe mit allen Konsequenzen, die sich möglicherweise daraus ergeben.«
    Luchwitz, den im Leben nichts und im Dritten Reich schon gar nichts erschüttern konnte, rieb sich das stoppelige Kinn.
    »Gestapo? Unangenehm! Aber was willst du nun machen, mein Sohn? Die

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