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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von Stohr stand trotz der Einschläge draußen und starrte den Graben entlang. Erst als er die beiden Gestalten im Dunkeln herankeuchen sah, drehte er sich um und ging die engen, steilen Stufen hinunter in den rauchigen Raum, wo der schon vorher hier angekommene Leutnant am qualmenden Lehmofen saß.
    Hinter Stohr kamen Heinz und Hilde hereingestolpert, schwitzend, außer Atem, doch Wüllner mit lachender Miene.
    »Möchte wissen, was du an einem Trommelfeuer Lustiges findest«, knurrte Stohr.
    Wüllner brachte Hilde in eine Ecke unter einen Balken, die sicherste Stelle des Bunkers, und hockte sich neben den Leutnant.
    »Was mich so lustig macht? Das Teufelsmädchen da! Wißt ihr, was sie sagte, als ich mit ihr im Graben zusammenprallte? – Oh, entschuldigen Sie! Wie auf dem Kurfürstendamm, wenn man jemandem auf den Fuß tritt. Und dabei schlugen die dicken Brocken unmittelbar in ihrer Nähe ein.«
    Er wandte sich an Hilde. »Warum hast du nicht auch zu den Granaten gesagt: Macht nicht solchen Lärm?«
    Da brüllten alle drei los vor Lachen, nur Hilde drehte sich brüsk um – sie konnte es nicht vertragen, wenn mit ihr Spott getrieben wurde, am allerwenigsten mit Dingen, die in Wirklichkeit sehr ernst waren. Denn hatte sie auch um Entschuldigung gebeten, so nur, um damit ihre höllische Angst zu verbergen.
    Der Leutnant, der dem rußigen Ofen einige neue Holzscheite zugeführt hatte, drehte sich eine Zigarette. Er sagte:
    »So geht das jetzt ohne Unterbrechung bis zum Morgengrauen. Die müssen drüben ein unerhörtes Material gestapelt haben. Unsere Artillerie schießt pro Nacht nur hundert Schuß … wer einen Schuß mehr herausjagt ohne Angriffsalarm, der kommt vor ein Kriegsgericht wegen Sabotage. Kinder, es ist schon eine verrückte Welt: Wer hier abhaut, wird erschossen wegen Feigheit vor dem Feind – und wer auf den Feind schießt, ist ein Landesverräter. Ob unsere Kinder und Enkelkinder das alles glauben werden, wenn wir es ihnen später mal erzählen?«
    Er lachte in sich hinein, dieser junge Bursche von kaum zweiundzwanzig Jahren, der eine Kompanie führte an einem Verteidigungsabschnitt von zwei Kilometern Ausdehnung. Wüllner nickte zu der Rede des Jungen und sah ihn mitleidig an.
    »Wie lange sind Sie an der Front, Kamerad?« fragte er.
    »In Rußland ein Jahr, hier im Westen seit vier Monaten. Warum fragen Sie?«
    »Weil Sie hier an einer so verantwortungsvollen Stelle stehen.«
    »Durch Zufall. Der eigentliche Kompaniechef ist Ritterkreuzträger Oberleutnant Barfeld. Aber er ist vorgestern gefallen bei einem Feuerüberfall der Granatwerfer. Mit ihm sein Adjutant. So blieb als einziger Offizier nur noch ich in der Stellung, übernahm die Kompanie und den ganzen Abschnitt. Da Offiziersmangel ist, hat mich die Division sofort bestätigt.«
    Draußen hatte das Trommelfeuer nachgelassen. Statt dessen tönte ein merkwürdiges Mahlen und Rollen in den Bunker. Der Leutnant und die drei horchten auf.
    »Ich lass' mich fressen«, meinte Stohr, »wenn das nicht …«
    Weiter kam er nicht. Ein über und über mit Lehm bespritzter Grenadier stolperte die Treppe herunter und schrie in das qualmige Loch:
    »Panzeralarm! Panzer von rechts und Mitte!«
    »Alle Mann auf Posten?« kam schneidend die Frage.
    »Jawohl, Herr Leutnant!«
    »Ich komme!«
    Wirtz griff nach seiner MP und setzte den Stahlhelm auf:
    »Kommen Sie mit raus?«
    Wüllner nickte.
    Heinz packte die Tonapparatur, Stohr half ihm.
    »Und was nehme ich?« fragte Hilde.
    »Du bleibst hier!«
    »Nein!«
    »Doch!«
    »Wenn du hinausgehst, komme ich mit!«
    Wüllner riß die Geduld. Er drehte sich um und brüllte Hilde an:
    »Als Assistentin unterstehen Sie mir! Ich gebe Ihnen den dienstlichen Befehl, Nachrichtenhelferin Brandes, im Bunker zu verbleiben bis zu unserer Rückkehr! Verstanden?!«
    Hilde riß den Mund auf, starrte Heinz an und stammelte ein zitterndes »Ja«.
    Da war Wüllner schon die Stufen emporgesprungen und im Dunkel der Nacht verschwunden.
    Ganz still war es jetzt. Das Artilleriefeuer war völlig verstummt. Nur das ekelhafte Mahlen der Raupenketten knirschte durch die Stille. Die Front schien den Atem anzuhalten, fast lähmend legte sich diese Stille auf die Seele nach dem brüllenden Inferno des Trommelfeuers.
    Vorsichtig kletterte Hilde die glitschigen Stufen des Bunkers empor und lugte hinaus in den Graben. Noch befand sie sich im Eingang des Bunkers, widersprach also nicht dem Befehl, ihn nicht zu verlassen. Doch konnte sie in der

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