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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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durch den Mond erhellten Nacht alles beobachten und sah Heinz mit dem Leutnant und Stohr in Stellung liegen neben einem schweren Maschinengewehr und einem Stapel Panzerfäusten. Heinz hatte sein Mikrofon angeschlossen, das Kabel lief zu dem Koffer, an dem Stohr hockte und den Ton regulierte. Anscheinend sprach Heinz schon, denn er hatte das Mikrofon um den Hals hängen und den Mund tief über die Stielmembrane gebeugt.
    Da wurde die trügerische Ruhe durch einen hellen, bellenden Aufschuß zerrissen. Im gleichen Moment schien aus der friedlichen Nacht eine glühende Hölle zu werden. Von allen Seiten zischten die langen Fäden der Leuchtspurmunition durch das Dunkel, Panzerfäuste zauberten riesige Stichflammen, Einschläge blitzten auf und wirbelten Fontänen in die Luft. Hilde sah einen der mächtigen schweren Kolosse aus Stahl, aus allen Rohren feuernd und alle Drahthindernisse wie Streichhölzer knickend … sah einen der amerikanischen Panzer, wie er direkt auf die Stellung zurollte. Ihr war, als würge ihr jemand das Herz ab oder halte ihr die Kehle zu; sie konnte auf einmal nicht mehr richtig schlucken und der Puls schien zu stocken.
    Draußen sagte Leutnant Wirtz zu Wüllner und Stohr:
    »Ich sehe etwa zwanzig Panzer. Wenn die konzentriert auf meinen Abschnitt rollen, gebe ich für meine Kompanie keinen Heller mehr. Dann bricht unsere Abwehr zusammen.«
    Wilhelm von Stohr blickte auf. Seine Augen hatten einen eigentümlichen Glanz.
    »Eigentlich muß es uns stolz machen, vom Gegner so hoch eingeschätzt zu werden, daß er gegen uns armselige Pflaumenmänner so viele Panzer einsetzt und ein ganzes Regiment Infanterie. Sähe er uns als Scheißer an, so würde er mit drei Panzern kommen … und die würden vollauf genügen.«
    Wüllner schüttelte den Kopf. Aber ehe er etwas sagen konnte, heulten Granaten heran, rissen Einschläge den Boden auf; die Erde bäumte sich auf und schien zu schreien, zu schreien, zu schreien …
    Plötzlich fiel neben Wüllner irgend etwas nieder. Als er zur Seite blickte, sah er einen Stahlhelm neben sich liegen, unter dem Stahlhelm einen Kopf und unter dem Rand des Helmes sah er etwas hervorquellen … Haare, lange, blonde, wirre Haare.
    »Hilde!!« schrie er auf. »Hilde! Was machst du hier?«
    »Ich will in dieser Hölle bei dir sein!«
    »Ich habe dir befohlen …«
    Mit aller Gewalt riß er sie von der Böschung in den Graben hinunter.
    »Du bist wahnsinnig! Du gehst sofort zurück!«
    Ein Krachen, ein ohrenbetäubendes Bersten unterbrach ihn. Instinktiv warf er sich nieder und steckte die Nase in den Dreck. Er fühlte, wie Sand und Steine auf ihn niederprasselten, spürte einen Schlag an der rechten Schulter und eine fließende Wärme, die sich hinunter bis zur Brust zog.
    Langsam richtete er sich auf, sah um sich und erblickte Hilde, Stohr und Wirtz, die sich aus einem Haufen Erde schälten. Dort aber, wo eben noch der Bunker gestanden hatte, war ein wirres Durcheinander von Stämmen, Erde und Balken, dazwischen eingeklemmt der Körper eines Grenadiers.
    Heinz lief es kalt über den Rücken. Wenn Hilde noch im Bunker gewesen wäre, getreu seinem Befehl … er wagte nicht weiterzudenken, fühlte sich auf einmal unendlich müde und schwach. Rote Ringe tanzten vor seinen Augen. Eine Stimme hörte er aus weiter Ferne, die sagte: »Was hast du, Heinz?« – Dann waren da wieder die tanzenden Kreise, eine Melodie, ein Schweben, er fühlte den Boden nicht mehr, er schien losgelöst von aller Schwere, und das war schön, so schön … dann glitt er aus und fiel in die Arme des schnell herbeispringenden Leutnants Wirtz.
    Vorsichtig trug man ihn in einen Mannschaftsbunker, bettete ihn auf eine Holzpritsche und schnitt ihm den Rock auf. Da quoll das Blut aus einer tiefen Fleischwunde an der rechten Schulter, aus der ein zackiger Splitter ragte. Mit schnellem Ruck riß Stohr den Splitter aus der Wunde. Der Ohnmächtige stöhnte leise auf. Dann verband ihn die immer stärker zitternde Hilde.
    Eine Ordonnanz jagte in den Raum.
    »Wo ist der Leutnant?« brüllte der Mann.
    »Hier!« antwortete Wirtz.
    »Die Nachbargruppe meldet: Siebzehn Panzer sind rechts durchgebrochen und rollen die zweite Linie auf!«
    »Verdammter Mist!«
    Das war alles, was Wirtz erwiderte. Was gab es auch noch zu sagen – es ging zu Ende mit der deutschen Wehrmacht …
    Leise stöhnte Wüllner auf. Er wälzte sich hin und her und schlug mit der Rechten um sich.
    »Das Mikrofon …«, stammelte er, »das Mikrofon

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