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Heimaturlaub

Heimaturlaub

Titel: Heimaturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…«
    Wieder polterte ein Melder die Stiege des Bunkers herab, blutbeschmiert, mit starrem Blick.
    »Meldung von der linken Anschlußgruppe: Der Feind ist mit zwanzig Panzern durchgebrochen und rollte die Bunkerlinie auf.«
    »Verdammter Mist!«
    Wieder diese zwei Worte. Der Melder huschte hinaus.
    »Was bedeutet das?« fragte Stohr und trocknete dabei den Schweiß von Wüllners Stirn.
    »Eingeschlossen«, sagte Wirtz teilnahmslos. »Eingeschlossen und abgeschnitten. Es ist vorbei mit uns …«
    Da wälzte sich Heinz wieder zur Seite und tastete umher. »Hilde …«, stammelte er. »Hilde … Hilde …«
    »Ich bin bei dir, Heinz«, flüsterte sie zurück und hielt seine Hände fest.
    »Wie steht die Front?«
    »Es geht alles gut. Aber du mußt jetzt auch ruhig liegen.«
    »Hilde?«
    »Was ist?«
    »Denkst du noch an unseren Schneemann?«
    »Immer, Heinz.«
    »Das war eine schöne Zeit …«
    Krampfhaft hielt Hilde die Tränen zurück.
    »Sie kommt wieder, Heinz …«
    »Ja, ja – sie kommt wieder … aber wann?«
    Ein Lächeln überflog seine eingefallenen Züge … »Wenn doch endlich Frieden wäre … Frieden … Frieden … Frieden …«
    Draußen war die Hölle los.

10
    Als am Morgen des übernächsten Tages Heinz Wüllner erwachte und sich mühsam von seinem Lager aufrichtete, war der Sturm der amerikanischen Truppen schon längst über die zweite Linie gebraust und hatte einen Teil der Bunkerlinie des Westwalls durchstoßen. St. Vith war geräumt worden. Nur die Kompanie des Leutnant Wirtz stand wie ein Prellbock inmitten der feindlichen Linien und störte die Brandung des Angriffs wie ein Felsblock im Meer.
    Wirtz nahm dies alles mit einer Gelassenheit ohnegleichen hin. Er sagte immer, jetzt werde man im Hauptquartier von Heldentum sprechen und ihm das Ritterkreuz verleihen – dabei stehe er doch nur hier, weil er nicht anders könne und die Verbindung verloren habe.
    Am liebsten würde er noch diese Nacht eine hundsgemeine Flucht unternehmen, wenn er nur die Gewähr hätte, daß er durchkomme und wenn er überhaupt wüßte, wohin sich die eigenen Truppen ›strategisch‹ zurückgezogen hätten. Dann mußte er immer lachen und spuckte den Saft einer Pfeife, die er liebevoll Rotzkocher nannte, in das Feuer des Lehmofens.
    Heinz Wüllner saß stumm und in sich gekehrt am Feuer, wenn auch die Wunde brannte und wie mit tausend Nadeln stach – er war nicht zu bewegen, sich wieder auf die Pritsche zu legen.
    Wilhelm von Stohr, der seit zwei Tagen an einem Stück trockenen Käse kaute, sah aufmerksam zu ihm hinüber.
    »Bist du stumm geworden?«
    »Vielleicht«, war die brummige Antwort.
    »Überleg lieber mal, wie wir hier herauskommen.«
    »Durchbrechen!«
    Leutnant Wirtz glaubte nicht richtig gehört zu haben.
    »Durchbrechen? Mit einer Handvoll Leute?«
    »Wieviel haben Sie noch?«
    »Nach den letzten Meldungen waren es noch knapp hundert Mann.«
    »Nicht berühmt. Aber besser als gar nichts. Man teilt die Leute in Gruppen zu neun Mann auf und schickt sie einzeln los. Immer in Abständen von einer halben Stunde. Richtung St. Vith.«
    »St. Vith ist gefallen, alter Freund«, unkte Stohr.
    »So nehmen sie Richtung Schleiden. Irgendwo muß eine Lücke sein.«
    Wirtz schüttelte den Kopf über solchen Optimismus. Für ihn gab es nur eins: Die letzte Patrone heraus und dann ein kräftiges ›I surrender‹ – vorbei war der Krieg, mit oder ohne Ritterkreuz. Aber kämpfen … jetzt noch unnötige Opfer … das konnte dieser Oberleutnant allein machen.
    Wüllner dachte an Hilde. Es mußte einen Weg geben, um aus diesem Kessel herauszukommen. Man mußte diese Lücke nur aufspüren, mußte sich einmal aufraffen, durfte das Leben nicht schonen – aber wer war schon bereit, in diesen letzten Stunden der deutschen Wehrmacht sein Leben einzusetzen einer Frau wegen, die ihn nichts anging und die ein verantwortungsloser Oberleutnant mit in die vorderste Linie geschleift hatte.
    Schwer erhob sich Wüllner und wankte zur Tür. Hilde, die ihn erstaunt ansah, sprang herbei und hielt ihn fest.
    »Wo willst du hin?«
    »Ich will die Lage selbst kontrollieren.«
    »Ich gehe mit. Allein bist du zu schwach …«
    Sie faßte ihn unter und führte ihn vorsichtig die glitschigen Stufen des Bunkers hinauf in den grauenden Tag.
    Draußen, in der Kühle des Morgens, spürte Heinz erst richtig das Brennen der Wunde, aber er biß die Zähne zusammen und unterdrückte ein leises Stöhnen. Langsam, Schritt für Schritt, gestützt von

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