Heimkehr der Vorfahren
ist. Übrigens eine Arbeit, die Sie sicher auch interessiert, als Geologin… Schwerkraft!«
»Davon müssen Sie erzählen«, bat sie, aber dann legte sie den Finger auf die Lippen.
Das Dia verblaßte. Ein Sprecher erschien auf dem Schirm. »Hier melden sich sämtliche Fernsehsender. Wir bringen Ihnen eine Mitteilung des Astronautischen Rates und schalten um nach Universia.«
Raiger stockte der Atem. Etwa eine öffentliche Verhandlung über Vena? Ging sie ihrer wissenschaftlichen Grade verlustig?
Auf dem Schirm eine Sprecherin: »Nach fast dreihundertfünfzigjähriger Reise im All meldete sich jetzt das Raumschiff Kosmos beim Einfliegen in unser Sonnensystem. Die Besatzung ist wohlauf. Mit der Landung auf einer unserer Raumstationen ist in etwa vier Wochen zu rechnen. Der Astronautische Rat beschloß, zur Vorbereitung der Landung eine Kommission zu bilden, die auch für die Wiedereingliederung der Heimkehrer in unsere Gesellschaft verantwortlich sein wird. Als Vorsitzende dieser Kommission wurde Vena Rendhoff in den Astronautischen Rat berufen. Vena Rendhoff ist Mathematikerin des ersten Grades. Für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der Kybernetik, für ihre Analyse der kybernetischen Anlagen der Kosmos und für die Vorbereitung zu deren Landung, die sie selbständig und trotz erheblicher Schwierigkeiten traf, wurde ihr heute der erste Grad als Kybernetikerin verliehen. Vena Rendhoff wird nun selbst zu Ihnen sprechen.«
Ehe sich Raiger von dem Schock erholte, erschien Vena auf dem Schirm. Sie berichtete von der mißlungenen Bildübertragung.
»Wie wir inzwischen feststellten, handelt es sich um das System Elektron 12/1999, eine der ersten leistungsfähigen Lasertypen mit einem Bildschirm aus Halbleiterelementen für farbig-plastischen Empfang. Wir bitten alle funktechnischen Museen, die über ein entsprechendes Sendegerät verfügen, es uns schnellstens zur Verfügung zu stellen. Wir werden dann in der Lage sein, Originalgespräche mit dem Raumschiff Kosmos zu übertragen.«
Ferner teilte sie mit, daß dringend zweihundertachtunddreißig Betreuerinnen benötigt würden. Sie sollten den Heimkehrern das Zurechtfinden auf der Erde erleichtern. Da sie besonders geschult werden müßten, sei es erforderlich, daß sie umgehend in Universia einträfen. »Bewerbungen bitte ich bildtelegrafisch zu übermitteln. Die Anschrift: Vena Rendhoff, Astrorat, Universia. Wir senden Ihnen anschließend ein Bewerbungsformular zum Fotokopieren. Dieses Dia sehen Sie heute und morgen, jeweils nach dem stündlichen Nachrichtendienst des Pressesenders…«
Raiger war wie benommen. Es kostete ihn Mühe, seine Betroffenheit zu verbergen. Er erhob sich hölzern. »Ich danke Ihnen – es war sehr interessant«, sagte er mit spröder Stimme und reichte der jungen Frau die Hand.
Für einen Augenblick schien sie enttäuscht zu sein, doch dann lächelte sie wie vor dem und brachte ihn zur Tür.
In seiner Wohnung ließ er sich auf die Liege fallen. Er schob die Arme unter den Kopf und starrte an die Decke. Das war zuviel: in den Rat berufen. In den Rat! Das war noch nicht einmal ihm gelungen. Himmel, hatte er sich blamiert! Was nun? Da gab es nur eines, wenn er noch etwas retten wollte: Haltung bewahren und sie mit »Eins zu null für dich« zu beglückwünschen. Entweder sie verzieh ihm, dann reiste er sofort zu ihr – oder sie beharrte auf der Trennung. Das mußte er riskieren.
Einmal entschlossen, verlor er keine Zeit. Aber sein Ruf verklang ungehört. Das brachte ihn nicht aus dem Konzept. Vor ihrer letzten Aussprache war es ähnlich gewesen. Gewiß hatte sie ihren persönlichen Apparat nicht im Dienstzimmer stehen. Wozu gab es Fernsprechvermittlungen? Er bat um eine Verbindung mit dem Astronautischen Rat.
»Handelt es sich um ein Dienstgespräch? Privatgespräche können wir wegen Überlastung des gewünschten Empfängers zur Zeit leider nicht vermitteln.«
Ohne zu überlegen, nahm er diese Hürde. »Ich spreche im Auftrag des Physikalischen Instituts!« Als ihn das Mädchen vom Bildschirm her fragend ansah, herrschte er sie an: »Es ist für die Kommissionsvorsitzende sehr wichtig. Eine neue Erkenntnis! Bitte beeilen Sie sich.«
»Ich verbinde!« sagte das Mädchen beherrscht. Raiger schmunzelte. Neue Erkenntnis – er hatte nicht einmal gelogen! Die Vermittlung des Astronautischen Rates meldete sich. Die gleiche Frage, die gleiche Antwort.
»Im Augenblick sind sämtliche Apparate besetzt!« sagte der Vermittler. »Sie wissen ja, die Bewerbungen.
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