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Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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ärgerlich. Was sich manche Leute dachten. Leiter der Expedition – den muß ich betreuen…
»Das nicht«, sagte Romeda Tarsa, »aber ich bin mit ihm verwandt.«
»Tatsächlich?« entfuhr es Maro.
»Nasarow ist mein direkter Vorfahre; ich muß ihn betreuen!« sagte sie energisch. Sie reichte ihm ein Telegramm.
    »… erfuhr im fernsehen daß kosmos zurückkommt und du als betreuerin berufen wurdest stop wassil nasarow expeditionsleiter ist dein direkter vorfahre stop erachte es als ehrenpflicht ihn zu betreuen stop näheres beim nächsten besuch stop Urgroßmutter ramsana tarsa«.
    Maro schmunzelte. Eine energische Urgroßmutter. Und ihre Enkelin schien ihr nicht nachzustehen.
    »Selbstverständlich respektieren wir Ihren Wunsch«, sagte er. Weiß der Himmel, welche Überraschungen ihnen noch bevorstanden.
    Die Besatzung der Kosmos saß im großen Kongreßsaal beisammen. Obwohl man das Bild auf dem ausgedehnten Wandbildschirm auch bei Festbeleuchtung hätte erkennen können, waren im Saal sämtliche Lichter gelöscht. Es war wie ein Blick durch ein riesiges Fenster in eine bodenlose Tiefe. Mitten im Raum standen leuchtende Punkte. Der mittlere war von einer bläulichen Aureole umgeben: die Erde!
    Da war sie, die Insel im Meer der Unendlichkeit – Traum und Rückhalt in vergangenen Jahren. Die Männer hatten geglaubt, sie würden sie mit überschäumendem Jubel begrüßen – und nun saßen sie stumm und ergriffen. Manches Auge glänzte verdächtig, manche Kehle war schmerzhaft verengt. Jetzt stiegen sie auf, die Bilder der Vergangenheit, eindringlicher denn je.
    Auch Romain starrte auf den leuchtenden Schirm und vergaß für Minuten, weshalb sie sich hier zusammengefunden hatten. In jäh aufblitzenden Episoden zog seine Jugend an ihm vorüber.
    Sie sitzen am Tisch. Vater und Mutter, Schwester und Bruder. Vater zeigt, wie man einen Flugmodellrumpf zusammenfügt. Vater ist Anlagenmonteur, er versteht das am besten. Mutter erklärt die Fernsteuerung des Modells und die Regulierung der Motordrehzahl. Nun lauscht auch Vater, denn Mutter ist Funkingenieur und damit unbedingte Autorität. Aber draußen, auf der Wiese vorm Haus, werden die Eltern wieder zu Kindern…
    Romain fuhr sich unbewußt über die Stirn. Die Familie blieb innig verbunden, auch als er, George, die Beine immer weiter aus den Hosen steckte, als ihm die Hemden über der Schulter zu eng wurden und weicher Flaum auf der Oberlippe sproß. Bessere Kameraden als die Eltern hatte er sich nie vorzustellen vermocht, auch dann nicht, als er sich verliebte. Kam er mit übervollem Herzen vom Rendezvous, konnte er alles erzählen. Das Erlebnis gewann für ihn neuen Glanz, da er es nicht verbergen mußte.
    Plötzlich erlosch das Bild der Erde auf dem Schirm. Ein Wort brach in die Stille: »Achtung!«
Aus dem Schirm wuchs ein Frauenkopf, farbig und plastisch und von eindringlicher Klarheit.
Romain schaute wie verzaubert, wagte kaum zu atmen. Als das Bild wieder verging, starrte er benommen auf den Schirm. Er begriff nicht sogleich, wo er sich befand.
Noch unsicher, wandte er sich an Nasarow: »Hast du eigentlich verstanden, was sie sagte?«
Nasarow musterte ihn überrascht und lächelte. »Du auch nicht?«
Romain schüttelte lachend den Kopf. »Dabei sind wir doch…«
»Aber zehn Jahre im Raum«, sagte Nasarow, »und jetzt diese Frau…!«
Romain raunte Nasarow zu: »Und was willst du antworten, wenn dich einer von der Besatzung nach ihren Worten fragt? Die Leitung hat beim Schauen das Gehör verloren? Wir müssen zur Zentrale, ich denke, der Funker…«
Sie nickten sich lausbübisch zu und verließen unauffällig den Saal.
Nicht nur den Text, auch das Bild hatte der Funker mitgeschnitten.
Sie ließen sich das Band noch einmal vorspielen.
Die Frau hieß sie im Namen des Astronautischen Rates herzlich willkommen, drückte ihre Freude aus, daß die Kosmos trotz fünfundvierzigjähriger Verspätung wohlbehalten zurückkehrte, und bat die Expeditionsleitung, dem Rat mitzuteilen, welche besonderen Wünsche die Besatzung für eine notwendige, etwa fünfwöchige Quarantäne auf der Raumstation habe, damit alles vorbereitet werden könne.
Sie sahen sich überrascht an. Verspätung?
»Canterville!« rief Nasarow zum Leitstand hinüber.
»Ist schon die ganze Zeit hier!« sagte Canterville hinter ihnen. »Der Chefastronaut hat jederzeit im Bilde zu sein. Besonders hier…«
»Dann wirst du sicher wissen, was es mit der Verspätung auf sich hat?« fragte Nasarow.
Canterville

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