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Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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ihr die Hand auf den Arm. »Den schwierigsten Fall habe ich übernommen, Vena«, sagte sie beruhigend. »Mit Stafford gibt es keine Komplikationen, verlaß dich drauf!«
Vena war nicht überzeugt. Pala, ja, sie brachte genügend Voraussetzungen mit, um die Heimkehrer wirklich zu verstehen – aber ob die anderen Betreuerinnen ihrer Aufgabe ebenso gerecht werden konnten, bezweifelte sie. Wer garantierte denn, daß keine der Frauen ein Abenteuer suchte, daß keine versagte, wenn sie direkt mit der Rückständigkeit in Berührung kam. Sie grübelte noch, als sie längst allein in ihrem Zimmer saß. Raiger fehlte ihr, sie hatte es noch nie so deutlich empfunden. Freilich, als sie noch selbst mit Zweifeln kämpfte, war ihr Raiger mit seiner Ablehnung überheblich und verletzend erschienen, aber jetzt, da sie recht behalten hatte, schrumpfte seine Engstirnigkeit zu einem menschlichen Irrtum zusammen. Eine Fehleinschätzung, sonst nichts! Jetzt, wo sie rehabilitiert und – trotz aller Sorgen – froh war, fehlte ihr der Partner. So verbohrt konnte er doch nicht sein, sich Tatsachen zu verschließen. Eigentlich hatte er ihre Arbeit doch nur abgelehnt, weil er fürchtete, sie verschwende nutzlos ihre Kraft. Er hatte sie nicht verstanden. – Und sie, hatte sie ihn denn verstanden, wenigstens verstehen wollen?
Sie entsann sich, wie betroffen er gewesen war, als sie ihm vorschlug, sich vorerst zu trennen. Und ihr war, als habe sie in ihrer Verbitterung vieles falsch gesehen.
Schnell entschlossen erhob sie sich und trat zum Wandschrank. Kleid auf Kleid schob sie zur Seite. Atmosphärenblau, kristallgrün, smaragdgrün, sonnengold, spektralfarben. Ein rehbraunes. Sie lächelte. Und entschied sich für ein trägerloses Kleid, schlicht im Schnitt, aber leuchtend wie glühender Stahl.
Wenn sie anrief, was erwartete sie? Reservierte Zurückhaltung? Kaum zu befürchten! Ein Aufleuchten seiner Augen. »Du? Endlich! Eins zu null für dich!« Sie kannte ihn doch. Sie hörte in Gedanken schon seine Stimme, dunkel, etwas rasselnd und natürlich ironisch.
Sie wählte seine Frequenz.
Auf dem Bildschirm das Dia der Telefonbetreuungszentrale des Regionalen Rates. »Der von Ihnen gewünschte Teilnehmer gab seine Anlage zurück. Sie erreichen ihn über die Mondzentrale.«
Vena stutzte. Auf dem Mond? Experimentierte er schon dort? Wie wenig sie sich in den letzten Monaten um seine Arbeit gekümmert hatte.
Sie wählte die Raumzentrale.
»Ich verbinde Sie mit der Mondzentrale!« erklang es aus dem Lautsprecher. Die Mondzentrale leitete sie weiter. Venas Spannung stieg. Wo hielt er sich auf?
»Mondexperimentierstation Luna zwei. Wen wünschen Sie zu sprechen?«
»Bitte Genossen Sajoi!«
»Einen Augenblick bitte!« Auf dem Schirm leuchtete der Mondglobus. Er erschien ihr fremd und unnahbar. Jetzt spürte sie, wie weit Raiger von ihr entfernt war. »Hören Sie?« fragte es aus dem Lautsprecher. »Genosse Sajoi befindet sich nicht mehr auf der Station. Er ist heute zum Pluto abgeflogen.«
»Wann?«
»Sieben Uhr Raumzeit. Bitte lassen Sie sich über die Raumzentrale verbinden. Es ist die Andromeda zwölf.« Vena schaltete den Empfänger ab. Sie blieb reglos sitzen und starrte vor sich hin, ohne etwas zu sehen.
Abgeflogen – ohne ein Wort! Geflohen vor seiner Niederlage. Fürchtete er ihren Triumph? Kannte er sie so schlecht? Oder vertrug er nicht, sich geirrt zu haben? Es würde Monate dauern, ehe er zurückkam.
Sie erhob sich. War Raiger der Preis für ihre Arbeit? Aber gab es das: entweder die Arbeit, die du liebst, oder den Menschen, den du liebst? Und wenn es das gab – war es dann Liebe?
    Raiger Sajoi ging in seiner Raumschiffkabine auf und ab. Von Natur aus neugierig, hätte er jetzt durch das Raumschiff schlendern müssen, um alles in Augenschein zu nehmen und das, was ihm unbekannt war, mit ironischen Bemerkungen zu bedenken, um sein Interesse zu bemänteln.
    Doch die Quelle seiner Ironie schien versiegt oder zumindest verstopft zu sein. So etwas geschah ihm selten, und wenn, dann hing es immer mit Vena zusammen. Sie hatte ihn überhaupt verändert. Früher war er auf weibliche Entdeckungen begierig gewesen und hatte sich stark gefühlt, wenn unter seinen Blicken oder spätestens in seinen Armen eine Schöne schwach geworden war. Natürlich waren es durchweg schöne Frauen, schließlich hatte er Geschmack und nannte sich insgeheim einen Augenmenschen. Auch bei Vena war es so gewesen. Zuerst hatte ihm ihre Figur gefallen und ihr

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