Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
Vom Netzwerk:
klargezeichnetes Gesicht, ihr Gang und die Anmut ihrer Bewegungen. Später erst nahm ihn ihre Art zu sprechen und zu denken gefangen. Und damit hatte es eigentlich begonnen. War bis dahin seine Ironie Ausdruck seiner Überlegenheit, so wurde sie bei Vena mehr und mehr zur Selbstverteidigung. Im Grunde war sie ein Selbstbetrug, der ihn darüber hinwegtäuschen sollte, daß er diesmal nicht über den Dingen stand – und das war ihm neu. Es brachte ihn in innere Abhängigkeit und beraubte ihn der freien Entscheidung.
    Natürlich war das Unsinn, jetzt begriff er das! Schließlich hatte er sich im Falle der Dozentin frei entschieden, war mit ihr ausgegangen, hatte sie näher kennengelernt, sogar sehr nahe. Und nun flog er zum Pluto! Flucht vor sich selbst? Er glaubte nicht, sich vor Vena wegen dieser Episode verantworten zu müssen. Verantworten mußte er sich vor sich selber! Und dabei kam er sich schäbig vor, und daß er sich schäbig vorkam, machte ihn unsicher. Wo war die unbefangene Neugier früherer Zeiten? Allein die Erinnerung an die Dozentin verschaffte ihm Unbehagen. Hatte sie nicht echte Zuneigung vorausgesetzt, wo er lediglich aus Trotz und Einsamkeit handelte? Er hatte Liebe geheuchelt, hatte ihr Vertrauen mißbraucht!
    Im Grunde hatte er versucht, sich in den Mittelpunkt zu spielen und Vena in eine abhängige Rolle zu drängen – und hatte sie im Stich gelassen, gerade, als sie ihn brauchte.
    Und ausgerechnet jetzt mußte die verteufelte Kosmos kommen, mußte klipp und klar beweisen, daß Vena recht gehabt hatte und er – ein Esel war. Wie hatte er sich auch hinreißen lassen können, das Gutachten von zweitausendeinhundertsiebenundsechzig anzuerkennen, ohne sich die Mühe zu machen, es gründlich zu prüfen! Wohl im guten Glauben – aber unwissenschaftlich… Und noch darüber zu schweigen! Jetzt gab es nur eines: beweisen, daß er als Wissenschaftler ernst zu nehmen und als Mensch zu achten war, denn hier hatte er vor ihr – und im Grunde auch vor sich selber – jeden Kredit eingebüßt! Unaufrichtigkeit und Oberflächlichkeit – genau das, was sie nicht vertrug. Hatte sie es ihn nicht deutlich spüren lassen, als sie sich verleugnen ließ? Sonst hätte sie seinen Anruf doch erwartet, ihn ersehnt! Verstand sie, weshalb er den irdischen Staub von seinen Füßen geschüttelt und sich auf kosmische Reisen begeben hatte? Nahm sie es als das, was es wirklich war, erste Sühne, Neubeginn?
    Wie hatte diese Frau ihn verändert! Und doch – was blieb ihm noch zu tun! Ein Summen über der Tür riß Raiger aus seinem Grübeln.
    »Ja!« brüllte er aufgebracht. »Kann man auf dieser Raumgondel nicht einmal in Ruhe nachdenken?«
»Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht stören«, sagte es aus dem Lautsprecher. Raiger war mit einem Satz an der Tür, riß sie auf. Eine Frau im schillernden Overall der Besatzung stand vor ihm. Der Kommandant des Raumschiffs!
Er entschuldigte sich wortreich.
Die Kommandantin blickte ihn belustigt an. »Worüber denkt man nach, um sich so zu erbosen?«
»Über die Arbeit«, erwiderte er und wies auf einen Sessel. Ihm war unbehaglich.
Sie setzte sich. »Sagt man neuerdings so? War sie sehr traurig?«
Sie lächelte verständnisvoll.
»Wer?«
»Nun – die Arbeit!«
Sie schmunzelte, wie ihm schien, wissend und mit einer Abgeklärtheit, daß er sich unterlegen fühlte.
»Ich bitte Sie, wie kommen Sie darauf?« fragte er unsicher.
»Ich befliege oft diese Route – die ersten Stunden der Trennung sind für alle gleich.«
»Und für Sie?«
Jetzt lachte sie. »Ist es umgekehrt! Er wartet auf dem Pluto. – Aber ich wollte nur sehen, wo Sie bleiben. Im Speiseraum hat sich alles zum Lunch versammelt. Ich bin doch für die Passagiere verantwortlich.«
Er hatte sich gefangen. »Ich dachte tatsächlich über meine Arbeit nach – Erforschung der Natur der Schwerkraft, experimenteller Beweis der bisherigen Hypothesen.«
»Eine Art moderner Atlas also? Gebt mir einen festen Punkt im All, auf dem ich stehen kann, und ich hebe den Erdball aus seinen Angeln.«
»Sagte Archimedes!« parierte er. »Aber er fand ihn nicht.«
»Soll der Pluto Ihr fester Punkt werden? Bißchen weit für den Hebel.«
»Ich möchte dort einige Untersuchungen durchführen«, erklärte er ernsthaft.
»Ob man auf dem Pluto finden kann, was man auf der Erde verlor?«
Er sah sie verständnislos an.
»Ist das Wesen der Schwerkraft auf jedem Planeten anders?«
»Natürlich nicht!« sagte er ohne Überlegung.
»Eben. Deshalb

Weitere Kostenlose Bücher