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Heimkehr in Die Rothschildallee

Heimkehr in Die Rothschildallee

Titel: Heimkehr in Die Rothschildallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Zweig
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»Das ist ein Glückstag für mich, Herr Doktor«, sagte er.
    »Für mich auch«, erwiderte Fritz.

11
ES KANN NICHT SEIN
    März bis Juni 1948
    Am Mittwoch, dem 24. März, waren der Himmel wolkenlos und die Luft sommermild. »Osterwetter in Friedensqualität«, weissagte Hans nach seiner zweiten Tasse Muckefuck und der halben Zigarette, die er vom Vortag aufgespart hatte. »Ihr könnt die Mäntel einmotten. Und die Angst gleich dazu, dass uns einer die Kohlen aus dem Keller klaut. Glaubt einem alten Mann. Auf mein fehlendes Bein und die Narben in der Schulter ist immer Verlass. Ganz anders als auf den Schwätzer im Radio. Neulich hat der eine Bevölkerungszunahme statt einer Bewölkungszunahme angesagt und sich noch am nächsten Tag über sich selbst totgelacht. Und jetzt ängstigt er die Leute mit Nachtfrösten, Erkältungen und erfrorenen Kirschblüten.«
    Hans hatte seinen freien Tag genau geplant. Er wollte seinen fünften Antrag auf die Zuteilung eines Telefons stellen – diesmal mit Hinweis auf den Umstand, dass zu seinem Hausstand nunmehr ein Landgerichtsrat gehöre, dem ein Telefon zustehe. Nachmittags war Hans mit dem Kollegen Feldmeier aus der Maschinensetzerei verabredet. Er konnte ihn nicht ausstehen. In seinen Augen war Feldmeier ein Konjunkturritter und ein ganz falscher Hund, doch die Zeiten waren so, dass selbst geradlinige Leute wie Hans sich falsche Hunde warmhalten und Konjunkturrittern schmeicheln mussten. Mittels nahrhafter Zuwendungen an die zuständigen Leute hatte es Feldmeier geschafft, trotz seiner Vergangenheit als ein Parteimitglied der ersten Stunde und als Volkssturmführer mit ungebrochener Kriegsbegeisterung von der Spruchkammer als politisch unbelastet eingestuft zu werden.
    An Feldmeier schätzte Hans lediglich dessen großen Schrebergarten am Huthpark. In dem hätschelte der Mann mit der gewendeten Vergangenheit seit 1945 keine Rosen mehr; er baute ausschließlich Nutzgemüse an und hatte mit seinen Kartoffeln, Kohl und Zwiebeln ebenso große Zuchterfolge wie mit der Begradigung seiner Biografie. Der viel beneidete Schollenbesitzer mit den vielen neuen Freunden hatte Hans im Austausch für ein Pfund Weißmehl, das Hans unter immensen Schwierigkeiten beschafft hatte und das Frau Feldmeier unbedingt für ihre Osterbäckerei haben wollte, sechs Eier und ein großes Paket Kräuter für die Frankfurter Grüne Soße zugesagt.
    »Mit einer Extraportion Petersilie«, hatte Feldmeier versprochen, »Petersilie ist tausend Mal besser als Sauerampfer. Hat schon meine Großmutter gesagt.«
    »Seine Großmutter muss aus dem Kongo stammen«, schimpfte Anna. »Was die Leute heutzutage alles behaupten. Zu viel Petersilie macht die Grüne Soße bitter. Jedenfalls früher war das so, als es noch Petersilie gab.«
    »Die letzte Grüne Soße habe ich in der Rothschildallee gegessen«, träumte sich Betsy zurück. »In unserem letzten Frühling dort. Die Vorhänge haben wir schon nicht mehr gewaschen und die Schränke nicht mehr frisch ausgelegt; Clara, Erwin und Claudette waren bereits fort, aber Grüne Soße und das Bürgermeisterstück vom Metzger in der Freßgass hat’s noch gegeben. Das haben wir immer am Gründonnerstag gegessen. Und nur dann. Was das Bürgermeisterstück betraf, hat Josepha nicht mit sich handeln lassen. Mein Gott, es geht schon wieder los mit den verdammten Erinnerungen.«
    »Halt den Daumen, dass Feldmeier, der miese Kotzbrocken mit dem schlechten Gedächtnis, sich heute an das erinnert, was er gestern gesagt hat. Sonst gibt’s bei uns am Gründonnerstag, genau wie letztes Jahr und die vier Jahre zuvor, Grüne-Soße-Ersatz aus Löwenzahn und Brennnesseln. Mit Eipulverersatz. Guck nicht wie ein geprügelter Hund, Anna. Alle, die hier sitzen, können mit erhobener Hand bezeugen, dass du den Krieg nicht angefangen hast.«
    »Ich auch«, freute sich Sophie.
    Das Thermometer mit der Aufschrift »Property of the US Army« zeigte um acht Uhr morgens bereits sechzig Grad Fahrenheit. Justizwachtmeister Baumann hatte Fritz das Thermometer mit der Fahrenheit-Skala geschenkt, die weder Fritz noch Hans umrechnen konnten. Baumann unterhielt sich so gern mit dem neu bestellten Richter, weil er mit ihm über Holland sprechen konnte, was er besonders gern tat. Anfang des Krieges war Baumann in Rotterdam eingesetzt gewesen. Er hatte die Zeit sehr genossen – vor allem den guten Käse aus Alkmaar und eine üppige Fleischverkäuferin, wie er nie zu erwähnen vergaß. »Glauben Sie mir, Herr

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