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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Messer und Revolver. Er ritt einen Braunen. Das Pferd schien das Wasser zu spüren und beschleunigte von selbst seine Gangart.
    Der Reiter durchquerte den Niobrara und erreichte am Südufer das Blockhaus. Er suchte offenbar nach einer Möglichkeit, sein Tier für die Nacht unterzubringen, fand an der südlichen Schmalseite des langgestreckten Hauses die große Umzäunung und brachte seinen Braunen in der Koppel bei den anderen Pferden unter.
    Dann schlenderte er an der Breitseite des Hauses entlang, bis zu der schweren Holztür und öffnete sie. Ein Lichtschein fiel aus dem Innern des Hauses heraus auf die Wiese, die im Dämmer lag. Laute Stimmen wurden hörbar. Sie klangen rauh und mischten sich mit dem Grölen Betrunkener. Als der junge Mensch eingetreten war und die Tür hinter sich schloß, schwanden der helle Schimmer und der Lärm, und es wurde auch in der Umgebung des Hauses wieder still und dunkel wie in der Wildnis ringsum.
    Stein mit Hörnern blieb auf der Kuppe des Sandhügels, während die ersten Sterne am Himmel auffunkelten. Er hatte unter den Stimmen Betrunkener die Stimme seines Vaters herausgehört. Jim befand sich noch nicht im Haus. Stein mit Hörnern wollte warten, ob der Verhaßte in dieser Nacht kommen würde. Die letzten Entscheidungen rückten heran; das wußte Mattotaupas Sohn, weil er es selbst so wollte.
    *
    In der Wirtsstube des Blockhauses blieb der junge blonde Mensch, der dort eben eingetreten war, zunächst an der Tür stehen, die er hinter sich zugezogen hatte. Er nahm den Hut ab, fuhr sich durch den Haarschopf und spuckte aus. Der Branntweingestank und der dicke Pfeifenqualm waren ihm widerwärtig. Er verspürte keine Lust, sich an den Tischen niederzulassen, an denen Karten gespielt wurde. Ohne von jemandem beachtet zu werden, ging er nach links hinten in die entfernteste Ecke und ließ sich am Ende der Wandbank unter einer Pechfackel nieder. Mißtrauisch blickte er nach dem Wirt, der auf ihn zukam. Ben brachte einen Becher Brandy, und der junge Kerl schüttete den Fusel ohne Lust mit einem Zuge hinunter.
    »Wartest du auch auf Red Fox?« wollte der Wirt wissen.
    Der Bursche, kaum älter als achtzehn Jahre, gehörte zu den Menschen, die sich nicht gerne ausfragen lassen. »Mhm«, antwortete er nur.
    Aber der Wirt wurde durch diese Einsilbigkeit nicht abgeschreckt. »Sein Kamerad, der alte Indianer, ist schon da«, erzählte er, »der große Rote dort am Tisch …, der Top …, kennst du ihn?«
    »Mhm.«
    Obwohl der neue Gast äußerlich in seiner ablehnenden Schweigsamkeit verharrte, begann sein Interesse wach zu werden. Top, von dem die Rede war, saß an dem nächsten der beiden Tische. Er hatte einen geleerten Branntweinbecher vor sich stehen und nahm die ausgegebenen Karten. Auch in seiner gebeugten Haltung erschien er ungewöhnlich groß. Er hatte den Rock abgelegt, so daß seine braunhäutige Gestalt sichtbar war. Er war betrunken. Laut grölte er und prustete und stritt sich fluchend mit den anderen Spielern.
    Während der junge Mensch den Indianer beobachtete, brachte Ben ein gebratenes Büffelrippenstück. Der Bursche griff zu und aß; er hatte Hunger. Das Rippenstück war zart und schmeckte gut. Als der Blondschöpfige fertig gegessen hatte, warf er dem Wirtshund die Knochen hin und wurde zugänglicher für Bens Neugier.
    »Das dort soll Top sein?« knüpfte er an und verzog den Mundwinkel geringschätzig.
    »Du bist wohl ein feiner Herr? Wenig trinken ­ nur bedächtig spielen?« Ben setzte sich neben den Blonden und zwinkerte mit den Augen. »Wenn ihr erst alle zusammen Gold gefunden habt, kannst du auch bißchen was riskieren!«
    »Was für Gold?«
    Ben lächelte verschmitzt. »Du denkst doch nicht, daß es hier Geheimnisse gibt? Tops Gold.«
    »Der alte rote Lump dort sieht nicht aus, als ob er Gold hätte.«
    »Die Roten können mit Gold nichts Rechtes anfangen. Da muß erst unsereiner kommen. Aber das kann ich dir sagen, der Alte dort, der weiß was!«
    »Mir egal. Hab ich was mit ihm zu schaffen?«
    »Wenn du auf Red Fox wartest, allerdings.«
    Der junge Mensch trank nun doch noch einen Becher. »Warum soll ich denn auf Red Fox warten?«
    »Nein? Nicht auf Red Fox warten? Ich denke doch. Du bist die Missouriratte, die gestern noch fehlte. Du kommst doch von droben, von den grünen Wiesen, vom oberen Missouri, weiß der Teufel, hier in unsere verfluchte Steppe, und unterwegs bist du am Gold genau vorbeigeritten, will ich dir im Vertrauen sagen. Denn das Gold, das gibt

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