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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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dem wir verabredet waren«, erwiderte Stein mit Hörnern nach langem Schweigen. Er setzte langsam ein Wort nach dem anderen, jedes in seiner Bedeutung.
    »Hier ist es besser, und ich wußte, daß du mich findest.«
    Stein mit Hörnern wartete wieder mit der Antwort oder auch darauf, daß der Vater seinerseits weitersprechen würde. Seit einem Jahr hatten Vater und Sohn sich nicht gesehen. Es gab wenig zu sagen, wenn man sich darauf beschränken wollte, einander wissen zu lassen, daß jeder noch lebe. Es gab mehr zu sagen, wenn die Zeit blieb, die hart gewordenen Schalen des Schweigens zu brechen. Aber in der Wirtsstube war nicht viel Zeit, denn der Abend rückte heran, und es war vorauszusehen, daß Gäste kommen würden, die Mattotaupa für sich in Beschlag nahmen. Stein mit Hörnern roch mit Widerwillen den Brandygeruch im Hause. Die Umgebung drückte auf ihn. Er wehrte sich innerlich dagegen und beschloß, ohne Umschweife zu sprechen.
    »Hier«, antwortete er dem Vater, »wo es dir besser gefällt, triffst du dich wieder mit Red Jim, ich weiß es. Ich habe beobachtet, daß sich viele Watschitschun sammeln. Wer wird sie anführen?«
    »Jim und ich werden ihre beiden Häuptlinge sein. Diese Männer werden wie ein Stamm sein, den ich anführe.«
    Stein mit Hörnern fing den umherwandernden Blick des Vaters ein. »Was habt ihr vor?«
    »Gegen das Feuerroß und gegen alle Dakota und alle weißen Männer zu kämpfen, die nicht mit uns sind.«
    »Eine Bande von Tramps«, sagte Stein mit Hörnern nüchtern und ungeschminkt. »Nun gut. Aber ihr werdet auch Gold suchen. Dann schieße ich auf euch. Hast du das bedacht?«
    »Wir suchen kein Gold.«
    »Du lügst dich selbst an, Mattotaupa. Wovon haben diese Männer hier gesprochen, ehe ich eintrat? Sie sind verstummt, als sie mich sahen. Ihr werdet Gold suchen, und ich schieße auf euch.«
    »Auf deinen Vater?«
    »Mattotaupa, du bist kein Verräter. Darum habe ich als Knabe meinen Stamm verlassen und bin dir gefolgt. Aber ich verlange von dir, daß du auch jetzt kein Verräter wirst. Du weißt, daß Red Jim in der Höhle war, im Reich der Großen Bärin, deinem Geheimnis nahe! Er hat auf mich geschossen. Ich habe es dir gesagt. Jetzt sammelt er eine Bande. Ich frage dich, Mattotaupa, bist du bereit, dich von Red Jim zu trennen und ihm selbst den Skalp abzuziehen?«
    »Nein.«
    »Alle Männer wissen und alle Zungen sagen schon seit vielen Sommern und Wintern, daß Red Jim das Gold der Dakota sucht. Vater, ich warte noch diese eine Nacht hindurch. Wenn die Sonne wieder aufgeht und du bist noch der Bruder dieses falschen Mannes, so bin ich dein Sohn nicht mehr, und ich werde auf euch schießen. Ich habe gesprochen, hau!«
    Mattotaupa antwortete nicht. Er rang auch nicht mehr um irgendein Wort. Mechanisch machte er die gewohnte Bewegung, griff nach dem Becher, schüttete den Branntwein mit einem Zuge hinunter und setzte den Becher ab, leise, ohne daß ein Geräusch entstand. In dieser Stille der Bewegung lag alles das, was er verschwieg.
    Stein mit Hörnern erhob sich. Ohne Geräusch und ohne jemanden zu beachten, verließ er den Raum.
    Er ging nicht zu dem Falben, sondern lief südlich in die Landschaft der Sandhügel hinaus. Dort suchte er sich einen Auslug und spähte stundenlang nach Haus und Fluß. Es wurde Abend. Langsam sank der rotglühende Ball zu den fernen grauen Nebelschleiern über den Rocky Mountains. Von Norden her wehte noch immer ein scharfer Luftzug. Er strich über das kurze Gras, kräuselte Pfützen des Tauwassers und kühlte grau gewordenen Schnee aus, so daß er von neuem hart gefror. Auf den Kämmen der Sandhügel lag noch der Abendschimmer, in den Tälern dunkelten die Schatten.
    Stein mit Hörnern vernahm mit seinem scharfen Ohr das Traben eines einzelnen Reiters. Von Nordosten her kam das Geräusch des Hufschlags. Der Reiter war dem Auge des Indianers noch durch die Höhenzüge verborgen, aber es schien dem Beobachter schon sicher, daß der Unbekannte sich auf dem üblichen Wege von Nordosten her der Furt und damit dem Blockhause näherte. Es währte nicht mehr lange, bis er ihn von der Hügelkuppe aus erblickte.
    Der Reiter schien noch sehr jung zu sein. Er war ganz in Leder gekleidet und trug die bei den Grenzern üblichen hohen Stiefel und den hohen, breitkrempigen Hut, den die weißen Männer zum Schutz gegen Hitze, Kälte und Stürme des rauhen Landes benötigten. Die Büchse hatte er am Riemen über die Schulter gehängt, in seinem Gürtel steckten

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