Heimkehr zu den Dakota
zuwider.
»Da kommt endlich einer, um uns zu berichten und uns zu holen!« sagte der Kellner und wies nach Osten. »Die auf der Station haben sich wohl auch toll und voll gesoffen, daß sie sich so lange überhaupt nicht um uns kümmern. Was nun, wenn die Dakota uns heute nacht kaltgemacht hätten?«
»Dann wäre ihnen ein großer Coup geglückt. Aber sie haben die Gelegenheit versäumt.«
»So was passiert auch dem besten Mann! Ich könnte euch erzählen …«
»Still! Nachher!« mahnte Joe. »Wer ist das, der da kommt? Ist das nicht Harry?«
»Es ist mein Sohn«, sagte Mattotaupa.
Der junge Indianer ritt einen Schecken. Die Lederdecke hatte er dem Tier umgeschnallt. Er galoppierte zu der Gruppe der drei heran. Knapp davor hielt er an und sprang ab. Er war wieder als Indianer gekleidet. Den Wampumgürtel hatte er angelegt. Seine Züge hatten einen Ausdruck, der noch hochfahrender und feindseliger wirkte, als die Männer es sonst an ihm gewohnt waren, und wenn er auch keinen Atemzug mehr tat als gewöhnlich, so wußte Mattotaupa doch, daß der Angekommene den Alkohol roch.
»Tashunka-witko hat den Angriff auf die Station geführt?« fragte Mattotaupa den Sohn, noch ehe dieser ein Wort gesagt hatte.
»Hau.«
»Und dann?«
»Hat er die Büffel gejagt.«
»Du hast ihn verfolgt?«
»Nein.«
»Du hast Tashunka-witko nicht verfolgt? Warum nicht?«
Auf dieses »Warum« hin ging der junge Indianer innerlich in Kampfstellung gegen den Vater. Er hatte sein Pferd, das er liebte, zu Schanden geritten, um die weißen Männer zu warnen; er hatte die Dakota überlistet; sie würden von ihm sagen, er habe sie heimtückisch in eine Falle gelockt. Er hatte gekämpft, er hatte Dakotakrieger getötet, und neue Blutrache stand zwischen ihm und seinem Stamm. Aber er hatte sich Tashunka-witko nicht zum Kampf gestellt, als dieser ihn dazu herausforderte, nicht weil er in der Wut des Kampfes und dem gefährlichen Rausch des Kampferfolges noch den Tod gefürchtet hätte, sondern weil er den großen Häuptling nicht für die weißen Männer töten wollte. Er wollte es nicht, obgleich Tashunka-witko Mattotaupa beleidigt hatte. Harka hatte Tashunka-witko nicht verfolgt, er hatte aber einigen schwerverletzten Dakota noch zur Flucht verholfen. Er hatte auch Tote weggeschafft. Er wollte nicht Sieger sein, damit die Weißen mit den Leichen der Dakota ihren Mutwillen treiben konnten.
Es gab Männer, die einen unzähmbaren Mustang dadurch zähmen wollten, daß sie ihm am Nacken eine eiternde Wunde zufügten und sie nicht zum Heilen kommen ließen; wenn daran gerührt wurde, durchzuckte der Schmerz den ganzen Körper; doch gab es outlaws, die sich auch dem nicht fügten. Das »Warum« hatte an Harkas eiternde Wunde gerührt, an den ungelösten Zwiespalt und die Hoffnungslosigkeit seines Lebens. Er fürchtete, daß der Vater ihn jetzt als Schwächling und Verräter bloßstellen wollte, und das vor anderen Männern. Harka war nicht mehr vierzehn Jahre alt, er war neunzehn. Auch vom Vater, der nach Brandy roch, würde er sich nicht mehr schmähen lassen.
Er hatte auf die Frage Mattotaupas nicht gleich geantwortet, weil er seine Gedanken und Empfindungen zusammenraffte. Der Vater mochte das Zögern als Nichtachtung oder als böses Gewissen verstehen, vielleicht als beides, und er wiederholte: »Du hast Tashunka-witko nicht verfolgt. Warum nicht?«
Jetzt saß der Stich, und auch Harka stieß zu: »Warum nicht? Weil ich Tashunka-witko deiner Rache überlasse, Mattotaupa. Als dich Tashunka-witko in deinem eigenen Zelte gebunden hatte, hat dich deine kleine Tochter befreit. Die Weiberzungen sollen, nicht erzählen dürfen, daß erst dein Sohn kommen mußte, um dich zu rächen noch ehe er ein Krieger war.«
Mattotaupa erstarrte und erschlaffte wie ein Mensch, der tödlich verletzt ist. Ihn erstickte eine Frage. Er sprach sie nicht aus, aber der Sohn beantwortete sie:
»Mein Bruder Harpstennah hat mir gesagt, was geschehen ist, ehe er von meiner Hand sterben mußte.«
Mattotaupa rang um Atem und rief endlich, mit verzerrtem Gesicht, in englischer Sprache: »Kommt, meine weißen Brüder, wir reiten zur Station! Ich bin euer Kundschafter und werde euch nicht verlassen, auch nicht um meiner Rache willen! Ich habe gesprochen, hau!«
»Auf die Station, dort laßt uns den Sieg noch einmal feiern!« schrie der Kellner. »Auch Harry lebt! Darauf spendiere ich einen Drink!«
Top fiel in sich zusammen und ging zu seinem Pferd; er vermied dabei,
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