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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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sei. Die meisten Schützen hatten ihren Schuß schon abgegeben, die Reihen zeigten bereits große Lücken. Um so mehr Zuschauer kamen da zusammen, wo die Schützen die Bogen erst spannten. Die Gruppe der Häuptlinge hatte sich geteilt. In der Nähe von Schonka standen Brennendes Wasser und Tashunka-witko. Schonka schien verwirrt. Er senkte den Bogen, gleich darauf aber hob er ihn rasch und schoß sofort. Stein mit Hörnern hatte mit sicherem Blick und Gedankenschnelle begriffen, daß der Pfeil über den Schildrand weg ihm ins Auge gehen mußte. Als das Geschoß seinen Weg nahm, hatte er den Kopf schon seitwärts geduckt, und der Pfeil flog über den Schild hinweg weit fort ins Gras. Ein Hohngelächter brauste rings auf. Wenn auch einige wenige Krieger nicht genau die Mitte des Schildes getroffen oder nicht kräftig genug abgeschossen hatten, so daß der Pfeil abprallte, so war doch kein anderer Pfeil an einem Schild vorbeigeflogen.
    »Er hat den Schild bewegt, um zu verhindern, daß ich treffe!« sagte Schonka, zu den Häuptlingen gewandt.
    Stein mit Hörnern kam herbei und warf Schonka den Schild hin. »Hier«, sagte er, »laß ihn dir von einem anderen halten! Ich bitte die Häuptlinge, dir einen zweiten Schuß zu gestatten, weil du nicht treffen konntest, was du treffen wolltest. Um Stein mit Hörnern zu töten, hättest du wohl gern auf dich genommen, als schlechter Schütze zu gelten!«
    Stein mit Hörnern ging weg, er hörte aber noch die Worte Tashunka-witkos: »Was du getan hast und was du tun wolltest, Schonkawakon, ist kein Ruhm für den Stamm der Dakota. Hole dir deinen Pfeil und verkrieche dich in deinem Zelte! Meine Augen sehen dich nicht gern.«
    Die jungen Krieger, die die erste Aufgabe gelöst hatten, holten sich ihre Pferde und begaben sich zur zweiten Probe ihrer Treffsicherheit.
    Stein mit Hörnern wählte seine Schimmelstute. Vom Rücken dieses Tieres aus, mit dem er im Galopp auf hundert Schritt Abstand vorbeisprengte, traf er die Schildmitte. Donner vom Berge traf nicht schlechter. Auch Antilopensohn und Speerspitze gehörten neben einigen anderen Dakota, Assiniboine und Schwarzfüßen zu denen, die die zweite Probe bestanden. Aber im ganzen war die Zahl der Schützen, die zur dritten Probe antreten durften, nicht mehr groß.
    Es mußten nun die Paare gebildet werden, je ein Schütze und je ein Reiter, der mit dem Schild umhergaloppieren und auf alle Weise versuchen sollte, den Schild nicht treffen zu lassen. Dieser Wettbewerb war durch seine Schnelligkeit nicht ungefährlich für Reiter und Pferd. Die Häuptlinge setzten die Zeit von etwa zwanzig Minuten fest, in der die Aufgabe gelöst sein mußte, sonst galt sie als verloren. Da Stein mit Hörnern und Donner vom Berge beide als Schützen zugelassen waren, durften sie das Spiel nicht miteinander spielen.
    Mattotaupa kam herbei und erbot sich, für Donner vom Berge zu reiten. Der junge Siksikau strahlte, denn er wußte, daß es nun ein tolles Spiel geben würde. Stein mit Hörnern hatte einen Assiniboine im Auge, den er bitten wollte, sein Partner zu werden. Aber ehe er zu diesem hinging, kam Tashunka-witko auf Stein mit Hörnern zu. »Versuchen wir uns?«
    »Hau.«
    Mattotaupa hatte die kleine Szene beobachtet. Seine Augen blitzten auf, aber er mischte sich nicht ein.
    Die Nachricht von der Zusammenstellung der beiden Paare ging wie ein Lauffeuer von Mund zu Mund. Es wurde beschlossen, daß diese Paare ihren Wettbewerb zur selben Zeit auf einem doppelt so großen Gelände austragen sollten, und zwar als letzte, da sich alle von diesem Wettkampf einen Höhepunkt versprachen. Die Festteilnehmer waren Feuer und Flamme bei der Aussicht auf ein solches Kampfschauspiel, dessen Ausgang vollkommen offen schien und das die kühnsten Reiterstücke versprach. Auch alle, die sich vielleicht ein wenig ausgeruht hatten oder einer Arbeit nachgegangen waren, strömten herbei. Es bildeten sich Gruppen, und die Jungen und Mädchen diskutierten nicht weniger eifrig über alle Möglichkeiten und Chancen als die Krieger und Ältesten.
    Unter den jungen Kriegern, die zunächst zu der dritten Probe antraten, vermochten vier, das Ziel innerhalb einer guten Viertelstunde unter den schwierigsten Umständen zu treffen. Bei den übrigen gelang es dem Schildträger mit seinem Schild, dem Pfeil zu entkommen. Es durfte nur ein einziger Pfeil abgeschossen werden. Bei den vier, die zu den glücklichen Siegern im Wettbewerb des Pfeilschießens gehörten, befand sich auch

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