Heimkehr zu den Dakota
damit erlitten hatte, ließ ihm das Blut aus den Wangen weichen.
»Es gibt vieles, was du noch nicht gründlich genug bedacht hast«, fuhr Tashunka-witko fort. »Wenn du mit deinen Gedanken endlich bis auf den Grund geschöpft und erkannt haben wirst, daß dein Vater schuldig ist, dann magst du in unsere Zelte kommen.«
»Du gibst mir Grund, aus deinem Zelte fortzugehen«, erwiderte Stein mit Hörnern eisig. »Man kann den Festfrieden nicht nur mit Taten, man kann ihn auch mit Worten brechen.«
Er erhob sich und verließ das Tipi ohne Gruß. Mit schnellen Schritten ging er zurück zu dem Zelt von Brennendes Wasser. Als er eintrat, sah er am flackernden Zeltfeuer einen Gast sitzen, der inzwischen gekommen sein mußte, einen hochgewachsenen Indianer, durch dessen schwarzes Haar sich graue Strähnen zogen.
Der junge Krieger blieb stehen. Vater und Sohn hatten sich erkannt. Mattotaupa wandte sich ganz dem Sohne zu und schaute ihn an. Tiefe Furchen zogen sich durch das Gesicht Mattotaupas. Die Mundwinkel hingen herab, die Augen waren hohl. Aber in den breiten Schultern schien noch immer eine ungewöhnliche Kraft zu sitzen. Bei Mattotaupa im Kreise um das Feuer saßen Brennendes Wasser und Donner vom Berge.
»Nun«, sagte Mattotaupa, und der Sohn erkannte die Stimme wieder und erkannte sie doch nicht wieder, denn sie war im letzten Jahr viel heiserer geworden. »Mein Sohn, du kommst von Tashunka-witko. Hast du schon gehört, daß ich den Festfrieden störe?«
»Ja.«
»Du bist schnell wiedergekommen! Wollte Tashunka-witko dich nicht ein wenig länger in seinem Zelte behalten?«
»Nein.«
»Übermorgen sieht er mich, der bissige Kojot. Ich freue mich darauf.«
Mattotaupa stierte in die Flammen, als ob er dort etwas erblickte, was für andere unsichtbar blieb. Dann wandte er sich wieder Stein mit Hörnern zu: »Du bist ein guter Sohn. Weißt du das?«
Der junge Krieger schwieg.
»O ja, ein guter Sohn. Du wußtest, daß ich lieber kämpfe, als mich in den Zelten der Siksikau zur Ruhe zu setzen. Darum hast du mich nicht wissen lassen, daß ich ohne Bedenken hätte zurückkehren können. Ist es so?«
Stein mit Hörnern schwieg.
»Ich habe es doch erfahren. Es bleibt mir nichts verborgen. Das weißt du.«
Stein mit Hörnern schwieg.
»Wir werden sehen«, schloß Mattotaupa und stopfte sich nochmals eine Pfeife mit dem echten Tabak, den er mitgebracht hatte.
Brennendes Wasser lud den jungen Krieger ein, mit am Feuer Platz zu nehmen. Mit steifen Knien machte der Sohn Mattotaupas die wenigen Schritte und ließ sich langsam nieder.
Da stand Mattotaupa auf. »Der Oberhäuptling der Siksikau erwartet mich«, sagte er zu Brennendes Wasser, »und ich schlafe in dessen Zelt.«
Er verabschiedete sich und ging.
Brennendes Wasser sah Stein mit Hörnern prüfend ab. Er unterdrückte jede Frage oder Bemerkung und ließ das Zeltfeuer löschen zum Zeichen, daß Schlafenszeit sei. Jeder ging zu seinem Lager.
Als es wieder Morgen wurde, hielt sich Donner vom Berge stets an der Seite seines Blutsbruders, ohne jedoch die Ereignisse des vergangenen Abends auch nur mit einem einzigen Wort zu erwähnen. Die beiden badeten zusammen, gingen zusammen zum Zelt zurück und bereiteten sich auf die Wettkämpfe der jungen Krieger vor, an denen sie teilnehmen sollten.
Die Einzelwettbewerbe, Laufen, Reiten und Schießen, waren auf den Vormittag gelegt. Die Ballspiele sollten nachmittags stattfinden.
Für den Wettlauf fand ein Vorausscheid innerhalb der einzelnen Stämme statt. Donner vom Berge und Stein mit Hörnern gelangten in die Gruppe, die die Siksikau im Wettkampf der Stämme vertreten sollte. Unter den Dakota, die zu dem letzten und entscheidenden Lauf antraten, befand sich Antilopensohn. Stein mit Hörnern hatte ihn im Vorlauf beobachtet und wußte, daß es einen harten Kampf um den ersten Platz geben würde. Wenn er ganz aufrichtig gegen sich selbst sein wollte, so mußte er sich sagen, daß in bezug auf die Schnelligkeit der Beine Antilopensohn der bessere war. Die beiden waren schon als Knaben bei der Bärenbande um die Wette gelaufen. Die »Antilopenfamilie« war seit Generationen für ihre Schnelligkeit berühmt.
»Den Antilopensohn dürfen wir nicht weglaufen lassen«, sagte Stein mit Hörnern deshalb zu seinem Blutsbruder, »wenn er erst einen Vorsprung hat, holen wir ihn nie mehr ein.«
»Ich bin nicht so windschnell wie dieser Dakota«, antwortete Donner vom Berge ruhig.
»Auch ich nicht. Aber es muß sich erst zeigen,
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