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Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition)

Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition)

Titel: Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Meier
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aus einem kleinen Messinghahn wie für einen Gartenschlauch an der Klosterseitenwand kam, in Plastikflaschen füllten. Manche ließen mehrere Fünfliterkanister volllaufen, so viele, wie sie gerade noch tragen konnten, spannten sie sich mit Expandern um den Rücken, und derart überladen torkelten sie die steile, in den Felsen hineingehauene Klostertreppe wieder hinab, mit dem unter der Last strahlenden Ausdruck der Glückseligkeit derjenigen, die ein gutes Geschäft gemacht haben, während das Kloster gutmütig mit seinem Rücken und seiner Seite in der Felswand lehnte und nachsichtig den goldenen Kreuzkugelkopf über die armen Wasserträger zu schütteln schien. Manchmal bist auch du die Stufen hochgerannt und hast dich unter den Kran gekniet, das heilige Wasser glucksend in dich hinein und an deinen Mundwinkeln herablaufen lassen, hast dabei die Augen verdreht und gerufen, dass du nun sicher gleich heilsam entschlafen wirst, was ich nicht besonders lustig fand.
    Deshalb habe ich dich oft gar nicht erst hochlaufen lassen, sondern dich, als wäre es mein Part desselben albernen Spaßes, unten an der Treppe gegen den Widerstand deiner lachenden Fußtritte festgehalten und dich um die Klostertreppe und den Felsen herum, auf die hinter ihm gelegene, tagsüber von auf und ab eilenden Sonnengrüßlern überfüllte, um diese Zeit aber leere Geheimtreppe gezerrt, die aufs Plateau der ehemaligen Viehweiden des Klosters führte. Wenn du schließlich gähnend und an meinen Rücken gelehnt hinter mir diese Treppe hochstiegst, deine Arme um mich geschlungen, als säßen wir auf einem schrägen Motorrad, habe ich fast jedes Mal laut die Stufen gezählt und dabei den Takt der Stufenzahlen und unserer Schritte, unserer gezählten Schritte, auf deine warmen, unter meiner Brust geflochtenen Hände geklopft. Hier durfte man ungehemmt zählen, da das Zählen von Stufen, sofern es sich um eine schöne Treppe an einem schönen Ort und nicht um die alltägliche Treppe des eigenen Wohn- und Praxisgebäudes handelt, nichts mit der Zählkrankheit zu tun hat. Auch zählte ich die Stufen immer wieder, weil ich einfach nicht glauben konnte, dass eine Geheimtreppe so idiotisch geheimnislose vierundachtzig Stufen hatte. Zugleich aber fragte ich mich, ob nicht die 84 die kryptischste Zahl überhaupt ist. Denn da sie mit der Unendlichkeitszahl Acht die Ewigkeit aufruft und dieser Ewigkeit dann mit der Vier noch mal eine halbe Ewigkeit beigesellt, man aber der Ewigkeit zwar bekanntlich immer noch eine Zahl hinzufügen kann und noch eine und noch eine, aber eben keine halbe Ewigkeit, weil die Ewigkeit nun mal keine halbe, sondern die ganze Sache schlechthin ist, der nun mal nichts mehr hinzuzufügen ist, fragt man sich, was man nur mit dieser armen Vier anfangen soll, die der Acht so nah auf den Leib rückt, und warum die Ewigkeit eine solche Halbheit in ihrer Nähe duldet. Wenn die Vier also nie im Leben der Acht hinzugefügt werden kann, dann bedeutet das wohl, dass die Acht dauernd halbiert werden muss, damit die Ewigkeit in Erscheinung treten kann, dass also die Ewigkeit als ganze immer nur als halbe Sache daherkommen kann. Ja, so muss es sein, denn auch der Weg über die Quersumme führt hier nicht weiter, weil die 12 doch nur an dem einen Jahr hängen bleibt, um das wir bis zum Schluss um Aufschub bitten, gebeten haben, das eine Jahr in Bachtschissaraij, das das schönste war, das wir hatten und das uns am Ende aber auch nicht geholfen hat.
    Oben auf der mittlerweile stockdunklen Viehweidenterrasse war zum Glück so gut wie nie jemand anzutreffen, nur ab und zu mal der geschmeidig nervös hin und her wandernde Schatten eines Patientengruppenleiters, der irgendjemandem am Telefon ins Gewissen redete, ihn routiniert verzweifelt beschwor, sich schleunigst um irgendetwas zu kümmern, weil irgendetwas mit der Organisation mal wieder überhaupt nicht funktionierte, ü-ber-haupt nicht, verstehen Sie! Ob wir nun allein waren oder nicht, wir blieben ohnehin immer nur ein paar Minuten, und auch die nur, weil ich in diesem vom Felsen halb verborgenen Winkel besonders gut atmen konnte, dann nahmen wir den Weg über den alten Klostergarten und liefen von dort aus weiter den schmalen Pfad nach Tschufut-Kale hinüber. Dort legten wir uns fast immer an die gleiche Stelle am südlichen Felsenhang unter der vermoosten Mauer, die die damals schon vollkommen verwahrloste Höhlenstadt umgab.
    Obwohl Tschufut-Kale schließlich der Grund war, warum Esther mit mir

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