Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition)

Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition)

Titel: Heimlich, heimlich mich vergiss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Meier
Vom Netzwerk:
setze mich etwas steif auf einen der Liegestühle, derweil er noch mal zu seinem Schreibtisch zurückkehrt und meine Bilder holt.
    »Machen Sie sich’s doch bequem, von Stern, nicht so steif. Passiert Ihnen doch nichts hier bei mir. Obwohl Sie wirklich ein handfestes Problem haben«, er wirft sich in den Liegestuhl neben mir und klopft, bevor er sie aufsetzt, mit seiner Sonnenbrille auf den Bilderblock. »Es ist nicht an mir, das alles auszuwerten, sondern an Kernanatom Dr. Tulp, aber da wir das Zeug nun mal ebenso gut lesen können wie er …«
    Ohne mir den Kopf zuzuwenden, legt er die Bilder auf mir ab wie auf einem Beistelltisch, verschränkt die Arme hinterm Kopf und streckt sich genüsslich:
    »Sieht nicht gut aus, oder?«
    »Nein«, ich werfe nur einen flüchtigen Blick auf den Klumpen in meinem Schoß und schaue dann zerstreut die Wiesen herab, da bleiben meine Augen verdutzt an einer Gruppenbewegung hängen. »Was machen denn die Schwestern da unten?«
    Fünfzig Meter entfernt, am Saum der ersten der acht Wiesen, die als sattgrüne Kaskade von der Klinik aus den Berg hinabfallen, schlendern zehn Schwestern in Zweierreihen an dem verwitterten, niedrigen Holzgatter entlang. Wie sie die Hände locker auf dem Rücken gefaltet haben und mit wackelnden Köpfen laut schwatzen, sähen sie genauso aus wie auf ihren stationären Routinegängen, wenn sie nicht über ihren knappen weißen Kittelkleidern orangefarbene Westen trügen. Wie üblich folgt den Schwestern, in respektablen fünf Metern Abstand, ein diensthabender Zivilist im hellblauen Overall, nur dass dieser hier von einem störrischen Schäferhund an der Leine herumgezerrt wird.
    Fragend schaue ich Dankevicz an, der nur kurz Kopf und Sonnenbrille anhebt und dann beides seufzend wieder fallen lässt:
    »Ach ja, das! Haben Sie ja gestern verschlafen, es gab angeblich unten einen kleinen Tumult, nichts Genaues weiß man nicht, wird so sein wie immer, aber sicherheitshalber deshalb heute ein paar Patrouillen und so weiter …«
    »Ah ja, wo unten? Ganz unten?«
    »Wie gesagt, keine Ahnung. Aber lassen Sie uns doch Ihre Bildbesprechung schnell hinter uns bringen, sodass wir uns noch ein bisschen ausruhen können, bevor Sie wieder aufs Band müssen und ich an die Eisen.«
    »Naja, die Besprechung können wir uns doch sparen, ich sehe ja selbst, dass ich einen ziemlichen Sprung in der Schüssel haben muss, auch wenn’s eigentlich nur ein haarfeiner Riss in Lamina VII ist, den der liebe O.W. obendrein erstaunlich gut gekittet hat. Im Stortex herumzulöten, ohne dabei irgendwas im Kortex zu verletzen, ist schließlich keine leichte Übung, nicht wahr? Aber bei mir sind alle alten Schichten heilgeblieben, alle sechs, sogar das innere Band von Massandra … äh, von Bailarger ist ganz geblieben.«
    »Die Läsion in Lamina VII ist nicht das Problem, von Stern, und das wissen Sie auch.«
    »Hm.«
    »Ihr Stortex gibt trotz Läsion ganz normales Sperrfeuer, sendet lückenlos an Ihren Mediator, aber der gibt anscheinend fehlerhafte Rückmeldungen, übersetzt nicht sauber oder nicht vollständig, verdreht die Enden, was weiß ich, umgeht bei der Rücksendung den Stortex und projiziert unmittelbar auf die alten Schichten. Und das gibt dann natürlich unschöne Rückkopplungseffekte zwischen limbischem und metalimbischem System, wodurch zwischendurch überhaupt keine Impulse mehr vom Paralimbus zu Ihnen durchdringen. Sind meist nur sekundenweise Ausfälle, aber es reicht, wie Sie merken. Wirft Sie ja ganz schön zurück. Weit zurück.«
    »Hm.«
    »Sie müssen Ihren verdammten Eigenbericht endlich schreiben, sonst kriegen Sie das nicht mehr in den Griff.«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    »Schauen Sie sich das doch bloß mal an!« Er nimmt mir den Bildblock wieder aus den Händen, schlägt mit der Rückhand dagegen, reißt dann ein Blatt nach dem anderen ab und lässt es zu Boden fallen, schwindelnd schließe ich die Augen und sehe wieder den alten Hoffmann vor mir, der sich erst gründlich die Nagelhaut vom Fleisch und dann das Fleisch vom Knochen reißt. »Dreck! Nichts als Dreck in Ihrem Kopf, von Stern!«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    »Halli Hallöchen, ihr zwei Hübschen, ich stör doch nicht?«

32.
    Auf der Schwelle zur Terrasse steht Dr. Holm, sein Springseil in der linken, den Tabaksbeutel in der rechten Hand, und noch nie war Referent so erleichtert, ihn zu sehen.
    »Aber nie im Leben, ich bitte Sie, Dr. Holm!«
    »Nein, ich bitte Sie , mein lieber Dr. von

Weitere Kostenlose Bücher