Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
Vom Netzwerk:
vor dem Gesicht herum. Er sah beeindruckt aus. »Also, wirklich vertraulich«, fügte ich hinzu und zwinkerte ihm zu. »Die Sachen, die man so an der Bar hört und die diesen Beruf so interessant machen.«
    Der Barkeeper schluckte, sein Adamsapfel kreiste nervös in seinem drahtigen Hals. »Ich hab’ den Bullen schon alles gesagt, was ich über diesen Abend weiß«, sagte er.
    »Erzählen Sie mir etwas«, sagte ich, nahm einen Zwanziger aus meinem Geldbeutel und legte ihn unter meine Serviette.
    »Nun«, sagte der Mann an der Bar, »also diese Harris kam an jenem Abend ungefähr um halb acht hier rein. Sie bestellte sich einen doppelten Early Times. Sie spülte ihn praktisch runter. Sie bestellte sich noch einen. Sie saß hier an der Bar ganz allein. Sie spielte ein paar Nummern aus der Musikbox. Um halb neun ungefähr kommen dieser schmierige Kerl und diese blonde Frau mit Pferdeschwanz rein. Die unterhalten sich ein bißchen mit der Harris, und dann nehmen sie alle an einem Tisch Platz. Der Kerl trinkt Rotwein und der Pferdeschwanz Seven Up. Diese Harris ging vor ihnen, ungefähr um elf. Der Schmierige und der Pferdeschwanz gingen zusammen ungefähr um Mitternacht. Das ist alles.«
    Ich zog den Zwanziger ein paar Zentimeter aus seinem Versteck hervor. »Glauben Sie, Marcella Harris hatte diese beiden schon gekannt, oder haben die sich hier einfach getroffen?« .
    Der Barkeeper schüttelte den Kopf. »Die Bullen haben mich schon das gleiche gefragt, mein Freund, ich hab’ keinen Schimmer.«
    Ich wechselte die Richtung: »Kam Marcella Harris regelmäßig hierher?«
    »Eigentlich nicht. Sie kam ab und zu.«
    »Hat sie sich abschleppen lassen? Ist sie mit vielen verschiedenen Männern hier rausgegangen?«
    »Hab’ ich nicht bemerkt.«
    »Okay. Hat sie viel geredet?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Haben Sie sich je mit ihr länger unterhalten?«
    »Manchmal. Ich weiß nicht genau, ein- oder zweimal.«
    »Aha. Und über was haben Sie geredet?«
    »Kleinigkeiten. Wissen Sie...«
    »Und was sonst noch?«
    »Nun ... einmal hat sie mich gefragt, ob ich Kinder habe. Ich sage ja. Dann fragt sie mich, ob ich Schwierigkeiten mit ihnen habe, und ich sage, ja, das Übliche. Dann fängt sie an, mir von dem wilden Jungen zu erzählen, den sie hat, und daß sie nicht mehr weiß, was sie mit ihm anstellen soll, daß sie diese ganzen Bücher gelesen hat und immer noch nicht weiß, was sie tun soll.«
    »Was war los mit dem Jungen?« fragte ich.
    Der Barkeeper schluckte und scharrte mit den Füßen, ein kleiner Verlegenheitstanz. »Ah, kommen Sie, Mister«, sagte er.
    »Nein, kommen Sie.« Ich stopfte den Zwanziger in seine Hemdtasche.
    »Nun«, sagte er, »sie sagte, der Junge würde sich prügeln, schmutzig daherreden... und ... vor all den andern Kindern die Hosen runterlassen.«
    »Ist es das?«
    »Ja.«
    »Haben Sie der Polizei davon erzählt?«
    »Nein.«
    »Warum?«
    »Weil sie mich nicht danach gefragt haben.«
    »Das klingt einleuchtend«, sagte ich, dann dankte ich dem Mann und ging wieder nach draußen zu meinem Wagen.
    Ich sah die ganzen Zeitungen durch, die ich gesammelt hatte, und fand die Anschrift von Marcella Harris in der Montagausgabe des Minor . Maple Avenue 467, El Monte. Ich brauchte nur fünf Minuten dorthin.
    Auf der Fahrt dorthin ließ ich meine Blicke über El Monte schweifen. Die Wohnstraßen waren ungeteert, und die Gebäude bestanden aus häßlichen, würfelförmigen Mehrfamilienhäusern und unterteilten Farmhäusern. Dazwischen waren Abstellplätze für Autos, Überbleibsel aus der Zeit, als dies noch offenes Land war.
    Ich parkte Ecke Claymore und Maple. Das Haus Nummer 467 lag direkt an der Ecke, gegenüber von meinem Parkplatz. Zwei kleine Holzhäuser standen in einem großen Vorgarten, der von einer schulterhohen Steinmauer umgeben war. Beide Häuser sahen gepflegt aus, und ein junger Beagle tollte im Garten herum.
    Die Wirtin wollte ich mir nicht vornehmen - sie war wahrscheinlich häufig von der Polizei über ihre frühere Mieterin befragt worden -, deshalb saß ich nur im Wagen und dachte nach. Endlich hatte ich es, ich holte eine Aktentasche aus meinem Kofferraum und ging los. Die Schulen hatten vor kurzem wegen der Sommerferien geschlossen, und die Kinder spielten in ihren Vorgärten und schienen sich über ihre Freiheit zu freuen. Ich winkte ihnen zu, als ich die Maple hinunterging, und erhielt leicht mißtrauische Blicke als Antwort. Mein knackiger Sommeranzug war offensichtlich nicht die

Weitere Kostenlose Bücher