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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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Standardtracht von El Monte.
    Ungefähr hundert Meter vor mir war die Maple Avenue zu Ende. An dieser Stelle spielten einige Jungen gerade Baseball. Die Jungens kannten den kleinen Harris wahrscheinlich, also entschloß ich mich, sie anzusprechen.
    »Hallo, Männer«, sagte ich.
    Das Spiel stoppte abrupt, als ich durch ihr behelfsmäßiges Spielfeld ging. Ich empfing mißtrauische Blicke, feindliche Blicke und neugierige Blicke. Es waren sechs Jungen, alle trugen weiße T-Shirts und Bluejeans. Einer der Jungs stand auf einem Mal und warf den Ball zum nächsten Mal. Ich ließ meine Aktentasche fallen, rannte und machte einen gewagten Sprung, um den Ball zu fangen. Ich ließ den Ball absichtlich fallen und landete auf dem Boden. Beim Aufstehen zog ich eine große Schau ab. Die Jungens standen um mich herum, als ich meine Hosen abbürstete.
    »Ich schätze, ich bin nicht Ted Williams, Männer«, sagte ich. »Wahrscheinlich bin ich zu alt. Früher war ich ein erstklassiger Feldspieler.«
    Einer der Jungens grinste mich an. »Das war trotzdem ein ganz toller Versuch, Mister«, sagte er.
    »Danke«, antwortete ich. »Himmel, ist das heiß heute hier. Und staubig. Geht ihr Kerle denn nie an den Strand?«
    Die Jungen fingen alle an, durcheinander zu schreien: »Nee, aber wir gehen ins Freibad.« - »Der Strand ist zu weit weg und voller Bierdosen. Mein Dad hat uns mal mitgenommen.« - »Wir spielen Baseball.« - »Ich werf so gut wie Bob Lemon.« - »Wolln Se mich mal werfen sehn?«
    »Hey, hey! Langsam«, sagte ich. »Und was ist mit den Pfadfindern? Macht ihr mit denen manchmal Ausflüge?«
    Die Antwort auf meine Frage war Schweigen. Alle wandten ihre Gesichter nach unten. Ich hatte einen Nerv getroffen.
    »Was ist los, Männer?«
    »Ach, eigentlich nichts«, sagte ein großer Junge, »aber meine Mummy hat die Pfadfinder richtig madig gemacht wegen etwas, wofür sie gar nichts können.«
    »Ja.« - »Ja.« - »Ein echter Beschiß«, stimmten die anderen Jungen ein.
    »Was ist passiert?« fragte ich unschuldig. »Also«, sagte ein großer Junge, »es war unsere Truppe, die die tote Frau gefunden hat.«
    Ich warf den mitgenommenen Ball in die Luft und fing ihn auf. »Das ist aber schade. Meint ihr Mrs. Harris?«
    »Ja«, sagten sie alle fast gleichzeitig.
    Ich ging behutsam vor, obwohl ich wußte, daß die Jungen darüber reden wollten. »Sie hat hier in dieser Straße gewohnt, nicht wahr?«
    Die Antwort war gewaltig. »Oh! Ja, Sie hätten sie sehen sollen, Mister. Ganz nackt. Oh!« - »Ja, zum Kotzen.« - »Ja.«
    Ich warf dem schweigsamsten der Jungen den Ball zu. »Hat einer von euch Mrs. Harris gekannt?« Es herrschte verlegenes Schweigen.
    »Meine Mami hat mir gesagt, ich soll nicht mit Fremden reden«, sagte der ruhige Junge.
    »Mein Daddy hat mir gesagt, ich soll über niemanden etwas Schlechtes sagen«, sagte ein anderer.
    Ich gähnte und tat so, als sei ich verärgert. »Nun, ich war bloß neugierig«, sagte ich. »Vielleicht reden wir später noch mal miteinander. Ich bin der neue Baseballtrainer in der Arroyo High-School. Auf mich macht ihr einen ganz guten Eindruck. In ein paar Jahren werdet ihr wahrscheinlich in meiner Mannschaft sein.« Ich tat so, als wollte ich gehen.
    Das waren genau die richtigen Worte gewesen, eine Salve von »Ahs« und »Ohs« war die Antwort.
    »Was ist denn so schlimm an Mrs. Harris?« fragte ich einen Jungen.
    Er starrte auf seine Füße, dann sah er mich mit verwirrten blauen Augen an. »Mein Daddy sagt, er hätte sie ganz oft in Medina Court gesehen. Er sagte, keine anständige Frau würde da irgend etwas zu tun haben. Er sagte, sie wäre eine schlechte Mutter, deswegen würde sich Michael so merkwürdig benehmen.« Die Jungen wichen von mir zurück, als ob der Geist seines Vaters hier erschienen wäre.

    »Mal langsam, Freunde«, sagte ich, »ich bin neu hier in der Gegend. Was ist so schlimm an Medina Court? Und was ist los mit Michael? Was ich in der Zeitung über ihn gelesen habe, klang recht gut.«
    Ein rothaariger Junge, der einen Fanghandschuh trug, antwortete ganz offen: »Medina Court ist das Mexikanerviertel. Illegale Einwanderer - ganz gemeine. Mein Dad sagt, ich sollte niemals nie dahin gehen, die würden die Weißen hassen. Es ist gefährlich da.«
    »Mein Dad trägt in Medina die Post aus«, sagte einer. »Er sagt, er hätte Mrs. Harris da unanständige Dinge tun sehen.«
    Mich fröstelte. »Und was ist mit Michael?« fragte ich.
    Keine Antwort. Mein Ausdruck und mein

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