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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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denen der Mörder das Opfer nicht kannte?«
    Bob mußte nicht lange überlegen: »Nichts Besonderes, meistens schnappen sie die Mörder schnell. Bargeschichten, Betrunkene, die Prostituierte erwürgen, so was. Sehr oft ist der Mörder reumütig, gesteht und kriegt dann weniger Jahre. Ist das eine rhetorische Frage, Fred?«
    »Ja, rein rhetorisch. Und was ist mit vorsätzlichen Frauenmorden durch Erwürgen?«
    »Psychopathen eingeschlossen?«
    »Nein, relativ normale Geistesverfassung beim Mörder vorausgesetzt.«
    »Relativ normal, das ist schwierig. Sehr selten, mein Junge, wirklich sehr selten. Um was geht’s denn?«
    »Es geht um einen Exbullen, der zuviel Zeit hat. Vielen Dank, Bob. Wiederhören.«
    Am Abend sah ich fern, aber die Berichterstattung war dürftig. Das Gesicht der toten Frau wurde kurz auf dem Bildschirm gezeigt, ein Foto, das vor ungefähr zwanzig Jahren bei der Abschlußfeier der Schwesternschule gemacht worden war. Marcella Harris war eine sehr gut aussehende Frau gewesen: hohe, kräftige Backenknochen, große, weite Augen und ein entschlossener Mund.
    Der Ansager sagte mit düsterer Stimme, alle Bürger, die »der Polizei helfen könnten«, möchten die Kriminalabteilung beim Sheriff des Los Angeles County anrufen. Eine Telefonnummer wurde für ein paar Sekunden am unteren Rand des Bildschirms eingeblendet, dann kam ein Werbespot für Gebrauchtwagen. Ich schaltete das Fernsehgerät aus.
    Ich fing an, alle Zeitungsartikel zu sammeln, die ich zu dem Mordfall finden konnte. Am Dienstag war der Fall Harris auf der dritten Seite angelangt. Aus der Los Angeles Times vom 24. Juni 1955:

DIE LETZTEN STUNDEN DER TOTEN KRANKENSCHWESTER REKONSTRUIERT

    LOS ANGELES, 24. Juni - Marcella Harris, die am Sonntag morgen in El Monte erwürgt aufgefunden wurde, wurde zuletzt in einer Bar am nahe gelegenen Valley Boulevard gesehen. Die Polizei gab heute bekannt, daß Augenzeugen die attraktive rothaarige Krankenschwester in »Hanks Hot Spot«, einer Bar am Valley Boulevard am South El Monte, gesehen hätten, zwischen 8 Uhr und 11.30 Uhr Samstagabend. Sie verließ das Lokal allein, war aber zuvor beobachtet worden, wie sie sich mit einem dunkelhaarigen Mann in den Vierzigern und einer blonden Frau Ende Zwanzig unterhielt. Die Zeichner der Polizei sind gerade dabei, Phantombilder der beiden anzufertigen, die bis heute die einzigen Verdächtigen in dem grausamen Mordfall sind.

    VATER UND SOHN VEREINT

    »Für Michael wird es immer ein Trauma bleiben, dessen bin ich sicher«, sagte William »Doc« Harris, ein gutaussehender Mann Ende Fünfzig, gestern. »Aber ich weiß, daß ich ihm die Liebe ersetzen kann, die er durch den Tod seiner Mutter verloren hat.« Liebevoll verstrubbelte Harris das Haar seines neunjährigen Sohnes. Michael, ein hochgeschossener Junge mit Brille, sagte: »Ich hoffe sehr, daß die Polizei den Kerl schnappt, der meine Mummy getötet hat.«

    Die Wohnung von Harris bot einen friedlichen, aber traurigen Anblick. Traurig, weil die Polizei machtlos ist, etwas gegen die Trauer eines mutterlosen, neunjährigen Jungen zu tun. Der Sprecher der Polizei von El Monte, Sergeant A. D. Wisenhunt, sagte: »Wir unternehmen alles in unserer Macht Stehende, um den Mörder zu fangen. Wir wissen nicht, wo Mrs. Harris getötet wurde, aber wir glauben, daß es in der Gegend von El Monte war. Der Gerichtsmediziner hat den Zeitpunkt ihres Todes zwischen zwei Uhr morgens und fünf Uhr morgens festgelegt, und die Pfadfinder fanden sie um 7.30 Uhr. Unsere Beamten verbreiten gerade Phantombilder der Leute, mit denen Mrs. Harris zuletzt gesehen wurde. Wir müssen Geduld haben - nur sorgfältige Polizeiarbeit kann diesen Fall lösen.«

    Auf der einen Seite kam ich mir verrückt vor, die Berichte über diesen »Fall« in der Zeitung auch nur zu lesen, aber zum anderen schrie etwas in mir, als mir die Worte »Bar« aus der Zeitung ins Gesicht sprangen. Einige Stunden lang hämmerte ich innerlich auf mich ein. Ich überlegte hin und her, bis ich mir klar war, ich würde keinen Augenblick mehr Ruhe finden, wenn ich dem Drang nicht nachgab. Ich hob das Telefon ab und rief Sergeant Reuben Ramos bei Rampart an.
    »Reuben, hier ist Fred Underhill.«
    »Jesus, Maria und Josef, wo zum Teufel hast du gesteckt?«
    »Ich war weg.«
    »Das ist wohl klar, Mann. Jesus, Maria, hast du in der Scheiße gesteckt? Was ist passiert? Ich habe tonnenweise Gerüchte gehört, aber das klang alles nicht so ganz echt.«
    Ich seufzte. Ich hatte nicht

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