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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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das sagte ich ihm: »Nicht gut genug, Joe. Das klingt so, als hättest du sie nur geduldet. Das nehm’ ich dir nicht ab. Ich hab’ gehört, daß sie sich mit dir und ein paar anderen Mackern immer auf dem Autofriedhof rumtrieb.«
    »Okay, Mann. Ich mochte sie. ›La Rocha‹ nannte ich sie immer. ›Die Rote‹.«
    »Hast du sie gebumst?«
    Sanchez zeigte echte Entrüstung: »Nein, Mann! Sie wollte zwar, aber ich bin verlobt! Ich mach’ nicht mit gringas rum.«
    »Entschuldige bitte, daß ich es erwähnt habe. War sie abhängig vom Stoff?«
    Sanchez zögerte. »Sie ... sie nahm Pillen. Sie war Krankenschwester und kam an Kodein ran. Sie wurde verrückt und benahm sich albern, wenn sie voll war. Sie sagte, sie könnte...«
    Ich beugte mich vor. »Sie sagte was, Joe?«
    »Sie ... sie... sagte, sie könnte jeden Mexikaner verprügeln und jede puta unter den Tisch trinken und ficken. Sie sagte, sie hätte Sachen gesehen, die... die...«
    »Die was?«, schrie ich.
    »Da würden uns die cojones abfallen, wenn wir die wüßten!« schrie Sanchez zurück.
    »Hing sie noch mit anderen Kerlen hier in Medina rum?« fragte ich.
    Sanchez schüttelte den Kopf. »Nein. Sie war nur an mir interessiert. Ich sagte den anderen, sie sollten sie in Ruhe lassen, sie bringe Unglück. Ich mochte sie, aber ich hatte keinen Respekt vor ihr. Sie ließ ihr Kind nachts allein zuhause. Jedenfalls zeigte ich ihr dann die kalte Schulter. Sie verstand den Hinweis und kam nicht mehr. Ich hab’ sie sechs Monate lang nicht gesehen.«
    Ich stand auf und lief im Zimmer auf und ab. Die Wände waren mit Stierkampfplakaten und billigen Landschaftsbildern geschmückt. »Wer hat dich mit ihr bekannt gemacht?« fragte ich.
    »Mein Freund Carlos. Er hat in der Fabrik gearbeitet, in der sie Krankenschwester war.«
    »Wo kann ich diesen Carlos finden?«
    »Der ist wieder in Mexiko, Mann.«
    »Hat Marcella Harris sonst noch jemand zu dir mitgebracht?«
    »Ja, einmal. Sie klopfte morgens um sieben an meine Tür. Sie hatte diesen Kerl dabei, sie hing richtig eng an ihm, als ob sie...«
    »Ja, ich weiß, mach weiter.«
    »Jedenfalls fängt sie an, über diesen Kerl zu brabbeln, und daß er gerade zum Vorarbeiter der Nachtschicht befördert worden ist. Ich hab’ ihm ein bißchen Gras verkauft, und dann sind sie wieder abgehauen.«
    »Wie sah der Kerl aus?«
    »Na ja, dick und blond. Wie so ein stupido. An der linken Hand hatte er keinen Daumen. Das ging mir nach. Ich bin abergläubisch und ich...«
    Ich seufzte. »Und was, Joe?«
    »Und ich wußte, daß Marcella böse enden würde. Daß sie böse enden wollte.«
    »Haste Marcella jemals mit einem dunkelhaarigen Mann oder einer blonden Frau mit Pferdeschwanz gesehen?«
    »Nein.«
    Ich stand auf und ging. »Arme roja«, sagte Joe Sanchez, als ich zur Tür hinausging.

    Mrs. Gaylord Wilder, Marcella Harris’ Wirtin, hatte nervöse, graue Augen und eine Art, die auf kaum kontrollierte Hysterie schließen ließ. Ich war nicht sicher, was ich ihr vorspielen sollte - Bulle war bei einer ehrbaren Bürgerin zu riskant, und Einschüchterung hätte wohl ein Echo von den echten Bullen provoziert.
    Als ich im Eingang stand, musterte sie mich genau. Dann hatte ich’s. Mrs. Wilder hatte etwas Habgieriges an sich, daher machte ich einen verwegenen Schachzug: Ich versuchte, mich als Versicherungsdetektiv auszugeben, der sich für die Vergangenheit der verstorbenen Marcella interessierte. Mrs. Wilder nahm mir mit großen Augen alles ab, ihre Hand lag nervös auf dem Türrahmen. Als ich sagte: » ...und für alle, die uns weiterhelfen, gibt es eine erhebliche Belohnung«, riß sie eilfertig die Tür auf und zeigte auf einen Sessel aus imitiertem Leder.
    Sie ging in die Küche, und ich blieb allein in dem vollgestopften Wohnzimmer und sah mich um. Sie kam umgehend wieder und hatte eine Schachtel Pralinen in der Hand. Ich warf mir ein klebriges Stück Schokolade in den Mund. »Ganz köstlich«, sagte ich.
    »Danke, Mister...«
    »Carpenter, Mrs. Wilder. Ist Ihr Mann zuhause?«
    »Nein, er ist bei der Arbeit.«
    »Aha. Mrs. Wilder, ich will frei heraus reden. Ihre verstorbene Mieterin, Marcella Harris, hatte drei Policen mit uns abgeschlossen. Ihr Sohn Michael war der Begünstigte in allen. Jetzt hat jedoch jemand aus heiterem Himmel auch Ansprüche gestellt. Eine Frau, die behauptet, eine gute Freundin der verstorbenen Mrs. Harris zu sein, hat vor einem Notar ausgesagt, Mrs. Harris hätte sie in allen drei Policen als Begünstigte

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