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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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Armbeuge. Er klopfte an die Tür seines Nachbarn. Willem machte umgehend auf, als hätte er jemand erwartet.
    Piet drückte das Gewehr auf Willems Brust und schoß. Der Schuß zerriß Willems Körper am unteren Torso, die obere Hälfte seines Körpers flog nach hinten ins Wohnzimmer, die untere fiel Piet zu Füßen. Piet lud nach, dann ging er ins Wohnzimmer, legte die beiden Überbleibsel seines ehemaligen Freundes neben dem Kamin aufeinander, tauchte eine Hand in Willems Blut und schmierte »Der Herr sei uns gnädig« an die Wand. Dann steckte er sich das Gewehr in den Mund und drückte beide Abzüge ab.

    Wenn das mehr war, als sie hatte erreichen wollen, so hatte sie nie mit jemand darüber geredet, nicht einmal Jahre später mit Will, als die beiden sich wieder versöhnt hatten und sich lange Briefe schrieben.
    Kurz nach Einbruch der Dunkelheit am Abend des Tages, an dem ihr Vater starb, schnappte sich Marcella ihren Bruder und die Juwelen ihres Vaters und ging zu Fuß in Richtung Süden nach Chicago. Als sie endlich die Grenze der ehemaligen Kohlfelder der Familien Berglund und DeVries passierten, nahm Marcella eine Axt und zertrümmerte das Verbindungsstück der Bewässerungssysteme, die das Farmland mit Wasser versorgten. Sie wußte nicht, ob dadurch die Kohlfelder überflutet oder restlos ausgetrocknet würden, es war ihr auch egal; sie wollte nur, daß dem Land auf beiden Seiten der staubigen Straße soviel Leid zugefügt würde wie ihr.
    Mit dem Zug und dem Bus fuhren sie weiter nach Südosten. Marcella entschied sich für weitschweifige Umwege, um Johnny Zeit zu geben, den Tod seines Vaters zu verarbeiten. Obwohl sie erst sechzehn und vierzehn waren, ließ man sie in Ruhe; Marcella hatte das selbstbewußte Aussehen einer Frau in den Zwanzigern und Johnny war zu groß, als daß man ihn nicht für einen Erwachsenen gehalten hätte.
    Zwei Wochen später kamen sie in New York an. Marcella hatte beinahe erwartet, der Sheriff von Tunnel City würde ihnen mit einer wilden Meute nachsetzen, aber niemand folgte ihnen. New York City kochte in sommerlicher Hitze, und Marcella verkaufte die Juwelen. Dann versuchte sie, sich an der Columbia und an der Universität von New York für Medizin einzuschreiben. Es gelang ihr weder hier noch da, auch nicht am Brooklyn College, auch nicht am New York City College, auch nicht an einer der anderen sechs Hochschulen, bei denen sie sich bewarb.
    Das hatte einen einfachen Grund: Die High-School in Tunnel City wollte ihr kein Zeugnis zustellen, und sie konnte nicht hinfahren und es sich holen, ohne festgehalten und in ein Heim für mißratene Mädchen gesteckt zu werden. Marcella dachte darüber nach. Sie hatte siebentausenddreihundert Dollar auf einem Bankkonto, sie hatte Johnny und sie hatte den Willen zum Erfolg. Sie hatte eine Zweizimmerwohnung in der Nähe vom Prospect Park und sie hatte ihren Grips.
    Marcella stellte fest, daß das Schicksal auf ihrer Seite war. Sie hatte recht. Am 4. Juli 1928 kam sie auf einem Spaziergang an der Fletcher-Schwesternschule auf der Jamaica Avenue in Queens vorbei. Nebenan befand sich die - ebenfalls private - Fletcher-Schule für Pharmakologie. Beide Schulen waren »voll anerkannt«, so stand es an der Eingangstüre zu lesen. Marcella hatte das Gefühl, am Ziel zu sein, wenigstens für den Augenblick. Sie sollte wieder recht behalten.
    Willard Fletcher warf einen Blick auf die rothaarige junge Frau mit den energischen Augen, die ihm gegenübersaß, und wußte, sie könnte ihm all das geben, was seine Frau ihm nicht geben konnte. Das sagte er Marcella in der ersten Nacht, die sie zusammen im Bett verbrachten.
    Das Zulassungsbüro war leer an dem Tag, als Marcella erkläte, daß ihre Schule kürzlich niedergebrannt wäre und ihre ganzen Zeugnisse vernichtet worden wären. Sie hätte nur Einser in ihrem Zeugnis wie ihr Bruder John und sie wollte einen Drei-Jahres-Kurs an der Fletcher School of Nursing belegen, bevor sie zu einer renommierten Universität wechseln würde. John wollte eines Tages Tiermedizin studieren, aber das käme jetzt noch nicht in Frage. Die Fletcher School of Pharmacology würde sich doch gut zur Vorbereitung auf ein tiermedizinisches Studium eignen, ob Mr. Fletcher dem nicht beipflichten würde?
    Das tat Mr. Fletcher denn auch. Er kassierte die Einschreibgebühr von Marcella, und die beiden waren für das Wintersemester eingetragen. So einfach war das. Abgesehen von der Geschichte mit ihren Zeugnissen, erklärte er. Seine

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