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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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Scharfblick aufeinander abgestimmter Tiere fanden sie den Weg zueinander über die staubige Straße, die die beiden Farmen trennte, über das Vermächtnis von Ehrgeiz und Gewalt hinweg, das ihre Väter verband. Die Unausweichlichkeit, mit der sie sich trafen, war so natürlich, daß Willem Berglund und Piet DeVries es einfach geschehen ließen.
    Und es geschah. Als die Kinder vier Jahre alt waren, gingen sie oft miteinander in die Kohlfelder, um sich aus der braunen Erde Häuser zu bauen, die in den Bewässerungsrinnen lag. Nach tagelangem Spielen in den Kohlfeldern gingen sie dann oft in das Haus der Familie DeVries, um auf Mais Klavier zu klimpern.
    Als sie sieben waren, im Jahr, als George starb, entdeckten sie die Stadt. Hand in Hand gingen sie über die Main Street in die Bibliothek und lasen stundenlang zusammen, riesige Bücherstapel schleppten sie nach draußen in die Pergola, die hinter dem weißen Backsteingebäude stand. Im Winter versteckten sie sich hinter dem großen hölzernen Futterbehälter am Rande des Berglundschen Grundstücks, machten aus Ästen ein Feuer und erzählten sich Geschichten, bis sie einschliefen.
    Keiner - weder Willem, noch Piet, noch ihre Frauen, noch die Nachbarn - nahm Anstoß daran. Irgendwie war allen unausgesprochen klar, daß die beiden Kinder den wackligen Waffenstillstand zwischen den beiden Familien verkörperten. Solange sie zusammen bleiben durften, würde es keine weiteren Tragödien mehr geben.
    Aber die zwanziger Jahre kamen, Willem fing an zu trinken, und seine nächtlichen Ausfälle gegen Piet nahmen an Heftigkeit wieder zu. Will, inzwischen zehn Jahre alt, glaubte schon lange nicht mehr, daß sein Vater seine Drohungen wahrmachen würde, aber die Umstände änderten sich. Er und Marcella änderten sich. Sie unterbrachen ihre Gespräche immer öfter mit neckischen Spielereien, die unweigerlich zu Berührungen, Küssen und Erkundungen führten. Bald liebten sie sich körperlich, und bald schien es, als ob alle es wußten und es verabscheuten und es fürchteten.
    Mit zwölf Jahren war Marcella größer als Will, sie hatte schon volle Brüste, und ihre weiche, sommersprossige Haut spannte sich straff über breite Hüften. Die Männer in der Stadt schauten ihr nach und bekamen umgehend Schuldgefühle wegen ihrer Gedanken. Dieselben Männer sahen Will an und haßten ihn für das, was er hatte.
    Die Goldkinder, die Gedichte lasen, die Natur liebten und die Main Street entlangschlenderten, die ineinander aufgingen, zogen alle Aufmerksamkeit in der biederen Landgemeinde auf sich. Kleinstadt-Tratsch - der durch die Entfremdung zwischen Piet und Willem noch verstärkt wurde - machte den Groll und die Neugier zum Geschwür, und die beiden fingen an, sich heimlich zu lieben, wo immer sie Zuflucht fanden, auf Hügeln, im Gras, im Laub.

    1926 machte Willem seinen ersten offenen Schachzug gegen Piet und warf große Menge Kompost in seine Bewässerungsrinnen. Piet wußte Bescheid, traf aber keine Vergeltungsmaßnahmen. Eine Woche darauf fand man Piets Collie zu Tode geknüppelt auf. Piet unternahm noch immer nichts.
    Spät nachts konnte Will seinen betrunkenen Vater auf seine Frau einschwätzen hören, die ihn mittlerweile haßte. Piet wäre ein Feigling, sagte er, diese Musik hätte ihn völlig verweichlicht. Ein Mann, der sein Land nicht verteidigt, wäre weniger wert als ein toter Hund, kreischte Willem, und ein Feigling hätte kein Recht, Land zu besitzen, bei Gott.
    Will lauschte und kiebitzte durch ein Loch in der Decke, das er vor langer Zeit auf Piets Anregung hin gemacht hatte. Will wußte, daß es diesmal anders war, daß die Ängstlichkeit seines Vaters schwand, die so lange durch dessen Furcht vor Piet aufrechterhalten wurde. Piets Weigerung, Vergeltung zu üben, jagte Willem Angst ein, und der junge Will wußte, daß sein Vater seine Racheakte immer weiter treiben würde.
    Will liebte Piet und erzählte ihm, was er wußte. Piet schüttelte den Kopf und sagte Will zwei Dinge: »Erzähl Marcella nichts davon und sag deiner Mutter, sie soll zu ihrer Familie nach Green Bay gehen.«
    Anna Berglund fuhr am nächsten Tag in den Norden Wisconsins, und Marcella wußte alles bereits, informiert durch die beinahe telepathische Verbindung zwischen ihr und Will.
    Und sie übte Vergeltung. Marcella wußte, daß Willem den Donnerstagmorgen in der Stadt zubrachte, um Geld für seine Farmarbeiter von der Bank zu holen und Lebensmittel einzukaufen. Sie wartete auf ihn im Empfangsraum

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