Heimlich
Kerl in dem Hawaiihemd.«
Ich bedeutete Red zu gehen und schlenderte auf meinem Weg zur Toilette an dem Mann vorbei. Als ich zurückkam, setzte ich mich auf den Hocker neben ihm und fand mich in einer Duftwolke seines Parfüms wieder. Mit lauter Stimme bestellte ich bei Red einen doppelten Scotch, um Eddies Aufmerksamkeit zu erregen. Er drehte sich zu mir um, und ich prägte mir sein Gesicht ein, ein gutaussehendes Gesicht, fein und arrogant zugleich, gebräunt, mit lockigem, ziemlich langem, braunem Haar und sanften, tiefliegenden, braunen Augen. Eddie drehte sich schnell wieder um und vertiefte sich in seinen Martini. Er wandte sich der Dame zu, die neben ihm saß, einer dünnen Brünetten in Schwesterntracht, die höfliches Interesse an seiner Konversation heuchelte.
»...also, es lief nicht schlecht in letzter Zeit. Besonders die Traber. Glauben Sie nicht, was Sie lesen. Es gibt Systeme, die funktionieren.«
»Wirklich?« sagte die Brünette gelangweilt.
»Wirklich.« Eddie lehnte sich zu ihr rüber. »Wie, sagten Sie, ist noch einmal ihr Name?«
»Corrinne.«
»Hi, Corrinne, ich bin Eddie.«
»Hi, Eddie.«
»Hi. Und Sie mögen Pferde, Corrinne?«
»Eigentlich nicht.«
»Oh. Tja, es kommt wirklich nur darauf an, sich da ein bißchen auszukennen. Verstehen Sie?«
»Kann sein. Ich weiß nicht, ich finde es langweilig. Ich muß jetzt gehen. War nett, Sie kennengelernt zu haben. Tschüs.«
Die Brünette stand von ihrem Hocker auf und ging. Eddie seufzte, dann trank er aus und ging in Richtung Herrentoilette. Vor dem großen Wandspiegel blieb er stehen und zelebrierte ein ausführliches Ritual: Er strich sich übers Haar, zupfte Fusseln von seinem Hemd, prüfte die Bügelfalten in seinen Hosen und lächelte sich selbst aus verschiedenen Blickwinkeln zu. Er schien zufrieden, wie er es erwartet hatte: Er war ein Prototyp des charmanten, kalifornischen Salonlöwen, sein Ziel hieß bezaubern, überreden und verführen. Für einen ganz kurzen Augenblick verspürte ich Widerwillen über meine eigenen Weibergeschichten. Dann sagte ich mir, daß ich sicher ganz andere Motive hätte.
Ich wechselte den Platz. Ich saß jetzt in der hinteren Ecke des Lokals und konnte alles übersehen. Ich sah zu, wie Eddie erfolglos versuchte, drei junge Frauen anzumachen. Als er seine Rechnung bezahlte, konnte ich seinen Abscheu und seine Verzweiflung nachempfinden. Er vernichtete seinen letzten Martini und stürmte nach draußen. Ich stand schnell auf und folgte ihm in eine Seitenstraße. Er stieg in ein 46er Oldsmobile ein. Mein Wagen war auf der anderen Straßenseite in entgegengesetzter Richtung geparkt. Als Eddie losfuhr, rannte ich hinüber. Ich gab ihm 30 Sekunden Vorsprung, dann wendete ich und folgte ihm. Auf der Wilton bog Eddie links ab, dann, eine Meile später, rechts auf den Santa Monica. Es war leicht, ihm zu folgen: Sein rechtes Rücklicht war kaputt, und er fuhr gemächlich auf dem mittleren Streifen.
Er führte mich nach West-Hollywood. Ich verlor ihn beinah aus den Augen, als wir die La Brea überquerten, aber als er endlich Ecke Santa Monica und Sweetzer einparkte, war ich dicht hinter ihm.
Eddie verschloß seinen Wagen sorgfältig und ging in eine Bar namens »Hub«. Ich gab ihm eine Minute Vorsprung, dann ging ich selbst rein. Ich hatte eine lebhafte Aufreißerkneipe erwartet. Doch ich hatte mich getäuscht. Es war zwar eine Aufreißerkneipe, aber es gab keine Frauen im Lokal, nur ängstlich dreinblickende Männer.
Ich riß mich zusammen und ging an die Bar. Der Barkeeper, ein dicker, alter Mann mit Glatze, erschien, und ich bestellte mir ein Bier. Er huschte fort, um es zu holen, und ich hielt nach Eddie Ausschau.
Erst sah ich ihn, dann hörte ich ihn. Er war in einem Separee am hinteren Ende des Lokals und stritt sich mit einem Mann - einem gutaussehenden, entschieden maskulinen Mann Mitte Fünfzig. Ich konnte ihre Unterhaltung hören, war aber momentan etwas verwirrt -was wollte er wohl hier? Ich hatte gedacht, er wäre ein Frauenjäger. Das Streitgespräch wurde immer hitziger, aber ich konnte keine Einzelheiten verstehen.
Schließlich schob ihm der andere Mann etwas zu, das aussah wie ein großer, wattierter Umschlag. Er stand auf und ging zur Hintertür hinaus. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Eddie ganz ruhig im Separee saß, plötzlich hechtete er zum Ausgang. Ich beugte mich über mein Bier, als er an mir vorbei ging. Dann jagte ich ihm nach.
Als ich meine Wagentür aufriß, drehte Eddie mit
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