Heimlich
Schreckschraube hätte sich dieser Junge nie sehen lassen. Igitt. Was für ’ne -«
»Schnauze. Erzählen Sie mir von den Frauen, mit denen Sie ihn gesehen haben.«
Nach diesem Dämpfer fuhr er mit leiser Stimme fort: »Filmstarmaterial. Richtige Schönheiten. 1a-Votzen, die hängten sich an ihn, als gäb’s kein morgen.«
»Kennen Sie eine dieser Frauen? Sind welche davon Stammkunden?«
»Nee, ich glaube, er bringt sie nur auf ’nen schnellen Hamburger mit rein, weil er gleich um die Ecke wohnt.«
»Woher wissen Sie das?«
»Na ja, das ist ganz komisch. Einmal war er hier mit einer Superblondine. Sie zog ihn wegen irgendwas auf. Das gefiel ihm nicht. Sie hatte ihre Hand auf die Theke gelegt. Eddie hat sie gepackt und richtig fest zugedrückt. Die Dame hatte Tränen in ihren Augen. Es tat ihr richtig weh. Sie sagte: ›Jetzt nicht, Baby. Du kannst es mir richtig zeigen - in der Wohnung, aber nicht hier. Wir sind doch gleich dort. Bitte, Baby.‹ Sie sah ängstlich aus, aber auch irgendwie gespannt, verstehen Sie?«
»Wann war das?« fragte ich.
»Weiß nicht. Vor Monaten.«
»Haben Sie die Frau wiedergesehen, mit oder ohne Eddie?«
»Glaub’ ich nicht.«
»Haben Sie gesehen, wie Eddie anderen Frauen gegenüber gewalttätig wurde?«
»Nee. Aber das würde ich nicht Gewalt nennen.«
»Schnauze.« Ich reichte ihm ein Blatt von meinem Notizbuch. »Schreiben Sie da Ihren Namen und Adresse auf«, sagte ich.
Der Exknacki tat, wie ich ihm sagte, sein Unterkiefer zitterte leicht. »Schaun Sie, Officer...«, fing er an.
»Keine Sorge«, sagte ich und lächelte. »Sie kriegen keinen Ärger. Halten Sie nur die Klappe. Capisco?«
»Ja.«
»Gut.« Ich steckte das Stück Papier in meine Tasche und ließ einen Fünfer auf die Theke segeln. »Behalten Sie den Rest«, sagte ich.
Ich fand ein Telefon auf dem Parkplatz und rief Dudley Smith in der Stadt an. Es dauerte eine Weile, bis er am Apparat war, und ich wartete gedankenverloren in der kochendheißen Zelle, den Hörer ans Ohr geklemmt. Smith’ lauter, irischer Singsang traf mich überraschend.
»Freddy, mein Junge! Wie schön, von dir zu hören!« Ich erholte mich schnell und sprach ruhig: »Gute Neuigkeiten, Dudley. Unser Junge ist vor einigen Monaten hier in einer Imbißbude mit einer Frau gesehen worden. Der Verkäufer sagte, er hätte sie getriezt, und es hätte ihr gefallen. Ich hab’ ’ne Aussage von ihm.« Dudley Smith schien darüber nachzudenken - er schwieg fast eine Minute lang. In meinem Eifer brach ich das Schweigen: »Ich glaube, er ist ein Sadist, Dudley.«
»Ah ja. Nun, mein Junge, ich glaube, unser Freund ist ’ne ganze Menge. Ich hab’ auch was Interessantes. Also, Freddy, morgen wirst du berühmt werden. Hol mich zu Hause um neun Uhr ab, 2341 Kelton Avenue, Westwood. Zieh dir ’nen hellen Anzug an und sei lernbereit. Hast du das kapiert?«
»Ja.«
»Ah... großartig. Wolltest du mir noch irgend etwas sagen, mein Junge?«
»Nein.«
»Großartig. Dann seh’ ich dich morgen.«
»Wiedersehen, Dudley.«
Ich fuhr nach Hause, duschte und zog mich um. Ich rasierte mich zum zweiten Mal. Als ich in die Stadt fuhr, kämpfte ich gegen ein Prickeln an, das zur Hälfte aus Nervosität und zur Hälfte aus ziehender Geilheit im Bauch bestand. Ich parkte auf dem Platzt für die städtischen Angestellten an der Temple Street; statt des Parkausweises zeigte ich lern Wächter meine Marke. Ich kämmte mir mehrere Male das Haar und prüfte im Rückspiegel, ob alles in Ordnung war. Punkt fünf Uhr stand ich genau vor dem Eingang zum Rathaus in der Spring Street und wartete auf Lorna Weinberg.
Ein paar Minuten später kam Lorna durch die breite Glastür, sie humpelte, und ihr rechtes Bein schlug fast rechtwinklig aus. Sie benutzte einen dicken, schwarzen Holzstock mit Gummispitze. In der Linken hielt sie eine Aktentasche und blickte abwesend. Als sie mich sah, runzelte sie die Stirn.
»Hallo, Miss Weinberg«, sagte ich.
»Mr. Underhill«, entgegnete sie. Sie nahm den Stock in die Linke und bot mir die Rechte an. Der Handschlag erinnerte mich daran, daß lies ein privates Treffen zweier Amtsträger war.
Ich sagte: »Ich danke Ihnen, daß Sie mich empfangen. Ich weiß, daß Sie sehr beschäftigt sind.«
Lorna nickte brüsk und verlagerte ihr Gewicht auf ihr gesundes Bein. »Sie sind auch beschäftigt. Wir sollten wohin gehen und reden. Ich bin sehr gespannt, was Sie mir zu sagen haben.« Sie merkte, daß sie fast freundlich wurde, und fügte
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